270.  ©Genau so wie früher...

 

Mittlerweile habe ich es aufgegeben, die Jahre seit Tommys Verschwinden zu zählen. Gleich dem, wie sehr es mich immer wieder berührt, zu erfahren, dass man irgendwen, irgendwo, seit irgendwann vermisst! Ist ja auch egal, wie oft sich seitdem jener seltsame Tag wiederholte. Tommy ist und bleibt verschwunden, nachdem er einfach so gegangen, abgeschirmt vom wuchernden Dickicht des Waldes, auf nimmer Wiederkehr... Tommy avancierte sogleich nach seinem frühzeitigen Sprung in die erste Männermannschaft unumstritten zum besten Mittelfeldspieler der Liga! Er war der lebende Beweis dafür, dass man nicht unbedingt ganz nach oben schauen muss, will sich das Fußballerherz an filigranem Ballzauber erfreuen. Einer, für den das Spiel mit dem Ball einfach alles bedeutete, der es perfekt kontrollieren konnte und es gelebt hat, wie kaum ein zweiter unserer viertklassigen Kategorie. Und doch schien sich nicht einer dieser immer wieder auftauchenden Späher auf ihn zu konzentrieren. In meinen Augen glich dies einer Tragödie, denn im Gegensatz zu mir hätte Tommy garantiert im Profilager bestehen können. Dabei war und ist er mit Sicherheit nicht der einzige Ausnahmespieler, welcher umjubelt und doch verloren in niederen Ligen für Furore sorgte. Aber so läuft das eben auch im Fußball. Ganz genau nicht anders als sonst in Welt, wo sich eben nur sehr wenigen alle Tore öffnen. Dabei ist das Fußballspiel nun aber sicher kein Faktor, den die Welt zum Atmen braucht, oder Jedenfalls hat Tommy genau diesen Faktor zum Atmen gebraucht, wenn sich ihm auch niemals die Türen zu höheren Offerten öffnen wollten. Nicht einzig besagte Späher verkannten lange seine patente, wie men-schliche Größe. Auch das Leben fernab des grünen Rasens stellte ihm so manches Mal ein Bein. Warum das so war, frag ich mich bis heut vergebens. Gewiss stellte Tommy keinen Adonis dar und kam auch nicht gerade sehr anzieh-end herüber mit seiner oberflächlich erscheinenden Art, der knochigen Statur, dem zottelig blassroten Kurz-haarschnitt und den vielen kleinen Narben im Gesicht. Außerdem hat man ihn ganz selten einmal in "normalem Klamotten" daher kommen sehen. Jogginganzug oder Arbeitskluft, etwas anderes schien er nicht zu besitzen. Dabei wusste ich sehr wohl, dass dies nicht so war. Der stetige Frohmut in seinem Gesicht jedoch stellte diese "erträg-lichen Makel" meiner Meinung nach spielend leicht in den Schatten, was die weibliche Zunft indes wohl nicht so sah. Bei uns in der Mannschaft allerdings galt er als das Nonplusultra! Schon beim Training und erst recht im Spiel, das er mit scheinbarer Leichtigkeit dirigierte, ging fast nichts an ihm vorbei. Besonders in kritischen Phasen richteten sich unsere Blicke mehr auf ihn als auf den Coach. Hier war der einzige Ort, an dem er so richtig aus sich heraus gehen konnte, an dem man seine Stimme so recht wahrnehmen konnte. Unwillkürlich zeugte ihm jedermann Respekt ab, selbst wenn seine Ideen fehlschlugen. Für uns Spieler war er der wahre Spielführer, wenngleich Franko die Binde bis zur Fußballerrente gepachtet zu haben schien. Meine Leidenschaft für den Fußball erblühte an Tom-mys Seite immer wieder aufs Neue. Es war einfach faszinierend, wie er es verstand, sich selbst und die halbe Truppe auf dem Feld in einen echten Rausch zu versetzen, dabei kannte ich es gar nicht anders von ihm, standen wir doch schon seit der Kindheit in unbelasteter Kameradschaft miteinander auf dem Platz. Von Anfang an war es an dem gewesen, dass ich hitzköpfig (wenn auch weniger verbal versuchte, die Bälle rein zu machen, während Tommy hinter mir gelassen (dafür umso verbaler) mit dem Ball zu zaubern und zu dirigieren verstand. Unsere Wesensarten ließen es hierbei partout nicht zu, dass wir jemals ernsthaft aneinander gerieten, was ja unter den besten Freunden vorkommen soll! Nicht einer hat mir später die Bälle so butterweich zum Torschuss präsentiert, mit nicht einem habe ich später auf dem Rasen so problemlos harmoniert. bis zu jenem absonderlichen Tag, der Tag, der so vieles veränderte! Mein Gott, wie oft hab ich mich seitdem gefragt, warum der Herrgott ihn denn nicht einfach seinen Weg gingen ließ? Sah dieser denn nicht die fremden, wachsamen Augen, welche sich plötzlich von Spiel zu Spiel inniger auf seinen Ballzauber richteten? Unser Boss auf dem grünen Rasen fügte sich fast willenlos in die Rolle eines unermüdlichen Knechtes, fand er sich daheim auf dem elterlichen Hof wieder. Zwei von seinen drei älteren Brüdern hatten sich frühzeitig aus dem Staub gemacht und führten mit Frau und Kindern ein ruhiges Dasein in einem der Nachbarorte. Der Älteste hingegen, welcher dem Alkohol hoffnungslos verfallen, sorgte störrisch dafür, dass Tommy neben seinem Job in der hiesigen Landmaschinen, Schlosserei noch genügend Plage auf dem Hof blieb. Der alte Herr, von den Leuten seit jeher nur "Sichelgustav" genannt, war ein ewig altbackener Knurrhahn, wie man ihn sich ungeselliger nicht hätte vorstellen können. Das einzige, was Tommy von ihm geerbt zu haben schien, war dieselbe strikte Abneigung jeglichen Alkohol-genusses gegenüber. Das gutmütige wiederum hat ihm allein seine Mutter, die von ganz oben nahe der dänischen Grenze stammt, mit auf den Weg gegeben. Eine schöne Frau mit pechschwarzen Haaren und ebensolchen Augen, die sich stets erhaben und leichtfüßig wie eine mondäne Prinzessin über ihre triste Fügung zu erheben schien. Niemand hätte geglaubt, dass dies die Frau vom "Sichelgustav" sei! Noch heute fristet sie, wenn auch seit einigen Jahren allein mit ihrem alkoholkranken Sohn, ein deprimierendes Dasein auf dem so langsam verkümmernden Anwesen. Ungerührt hatte damals immer die Familie auf die bescheidene Berühmtheit ihres jüngsten Sprosses reagiert. Nicht einer von denen interessierte sich auch nur annähernd für un-seren Sport. Reichlich sonderbar fand ich es schon, wie auffällig sich Tommy von seiner eigentümlichen Sippe abhob, u. trotzdem nicht im Traum daran dachte, sich sein eigenes Terrain zu schaffen… Eines Tages, am Vorabend vor einem wichtigen Pokalspiel, überfiel mich meine damalige Freundin vor der Haustür mit der Hiobsbotschaft, dass sich der Tommy bei der Arbeit daheim schwer am Kopf verletzt haben solle! Eine ganze Weile lang soll er ohnmächtig vor einer der Scheunen gelegen haben, ehe der alte Herr ihn entdeckte. Der Krankenwagen hatte für höllische Aufregung in unserem sonst so verträumten Stadtteil gesorgt, während ich auf dem Heimweg von der Arbeit wie so oft im Feierabendstau steckte und von alledem nichts ahnte. Freilich ein Heidenschock bei uns allen. Die Leute waren auf den Straßen zusammen gerannt und ließen ihrer Betroffenheit freien Lauf. Dabei wusste man nicht im Entferntesten, ob und wie schlimm es um ihn bestellt sei. Es gab eben nicht einen Menschen weit und breit, der Tommy nicht mochte! Nur mit Mühe konnte mich meine Freundin davon abhalten, sogleich zu ihm in die Klinik zu fahren. Das Pokalspiel haben wir natürlich haushoch verloren. Beim ersten Besuch im Krankenhaus erlangten wir zunächst den entlastenden Eindruck, dass es gar nicht so schlecht um Tommy bestellt war, wie wir alle angenomm-en hatten. Beinahe so, als wäre kaum etwas geschehen, konnte man sich fast normal mit ihm unterhalten, wenn ihm auch der gewohnte Frohsinn reichlich Mühe kostete. So planten wir direkt am Krankenbett gar schon wieder für den nahen Saisonabschluss mit ihm. Unser beider Blicke jedoch waren sich selbst in diesem Unsinn einig wie immer. Obwohl wir von den Pflegern und Ärzten nichts Eindeutiges erfahren konnten, glaubten auch ich mich sicher, dass er nichts Ärgeres als eine schwere Gehirnerschütterung davon getragen hatte. Tommy selbst konnte sich partout an nichts erinnern, was ja auch völlig normal war, wie ich es schon einmal gelesen hatte. Damit verflog die erste große Aufregung mit dem aufmunternden Wink zum Abschied quasi wie von selbst, bis mich wenige Tage später bei einem alleinigen Besuch die Realität unverhohlen heimsuchte: Mein treuer Freund erschien mir so verdreht und fern, als wäre er inzwischen in eine völlig andere Haut geschlüpft! Ich erstarrte nicht einzig ob des bestürzten Anblicks, vielmehr deshalb, in keiner Weise vorgewarnt gewesen zu sein. Wie ein Häufchen Elend kauerte Tommy weltab-gewandt allein und einsam in diesem leblos grellen Krankenzimmer. Flimmernd hell einfallende Sonnenstrahlen blendeten seine blinzelnden Augen, dem er schier hilflos ausgesetzt schien. Abwesend wie ein verdrossener, seniler Greis döste er auf diesem entsetzlichen Krankenbett vor sich hin, nur der bleiche Kopf lugte wie versteinert unter dem blass weißen Bettzeug hervor. Er, der er noch Tage zuvor als eleganter Athlet leichtfüßig rasant über den Rasen fegte! Mitleid und noch mehr Wut keuchte schwermütig aus meiner Kehle. Doch war ich es von je her gewohnt, meine Emotionen geschickt im Zaume zu halten. Ich schützte ihn erst einmal vor den schwelenden Sonnen-strahlen und stammelte dann mit zittriger Stimme irgendetwas Belangloses dahin, zugleich registrierend, dass ich ihn somit niemals aus dieser furchtsamen Lethargie erwecken konnte. Die bis dahin schreck-lichsten Augenblicke meines Lebens. So tief in sich vergraben, so fahrig und angstvoll anmutend, das war nicht mehr der Tommy, wie ich in von Kindheit an kannte! Was nur war in den Tagen zuvor mit ihm geschehen? Ich verstand die Welt nicht mehr, ich verstand plötzlich überhaupt nichts mehr! Als ich (als wollte ich ihm in aller Verzweiflung einen Rettungsring zuwerfen) versuchte, in unserer alt gewohnten Art mit ihm zu scherzen, wandte er sich panisch ab, mit den Blicken trotzig das grelle Sonnenlicht suchend. Doch ich ließ nicht ab von seinen Augen, die sich Tränen unterlaufen röteten, während sein gestählter Körper fröstelnd zu zittern begann. Machtlos musste ich erkennen, wie unglücklich Tommy in seiner neuen, fremden Welt war, die ihn so rabiat überwältigt! Es war nicht einzig das Entsetzen, welches ihn mir so unsagbar fern erschienen ließ, es war vielmehr diese unabsehbare Distanz, die sich urplötzlich und unaufhaltsam zwischen ihm und mir und allem bisher gewesenem gedrängt. Wieder gab man mir keinerlei Auskunft. Eines jedoch wusste ich fortan schmerzlich zu deuten, nämlich dass es weitaus schlimmer um Tommy stand, als ein jeder bis dahin geahnt! Viel später erst konnte ich erfahren, dass selbst die Spezialisten vor einem Rätsel standen. Hatte doch alles zunächst daraufhin gedeutet, dass er nach ein paar Tagen wieder der Alte sein würde, doch dann kam alles ganz anders, und ich, ausgerechnet ich war es, der in dem Augenblick der Verlorenheit bei ihm war. Und nicht nur deswegen musste auch ich derjenige sein, das schwor ich mir, der ihn daraus befreit… Neben seiner Mutter war ich gewiss der Einzige, dem Tommys Schicksal jeden Tag aufs Neue das Herz aufwühlte. Auf eine ganz besondere Weise fühlte ich mich für ihn verantwortlich. Ich musste ganz einfach für ihn da sein. Eine innere Stimme warf mir immer wieder zu, dass ich es ihm einfach schuldig bin, ja, dass er es ebenso für mich getan hätte! Die Opfer, welche ich dafür brachte, waren nicht gering. So manches wäre auch in meinem Leben anders verlaufen, hätte ich mich ihm nicht so verpflichtet gefühlt. Aber das ist eine Geschichte für sich, eine, die hier nicht hingehört, selbst wenn es ihr noch so sehr gebührt. Kaum mehr in der Lage, sich ohne Hilfe von einem Ort zum anderen zu bewegen, erregte sein Verhängnis allerseits Mitleid oder einfach nur "Interesse"! Zwar war er nie an den Rollstuhl gefesselt, doch musste man ständig mit Blockaden rechnen, die in minutenlang lähmen konnten. Tagtäglich auf den elterlichen Hof zurück gedrängt, an Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht im Traum zu denken, war er nun noch mehr als früher der Schroffheit seines Vaters unterworfen, auch wenn dieser sich angeblich ein wenig auf seinen ge-handikapten Sohn ein zu stellen versuchte. Ein Grund mehr für mich, ihn so oft es ging, aus jener Unbeliebtheit heraus zu holen. An einem ganz bestimmten Ort fing Tommys erschlafftes Ego bald wieder Feuer, genauso wie früher, auf dem Fußballplatz! Wenn auch nunmehr neben dem Platz, so war er doch hier noch immer einer von uns. Beim ersten mal, dass er wieder zum Training bei uns war, riss es nicht nur mir fast das Herz aus dem Leib, als er völlig ungelenk einem der Bälle hinterher eilte und sein "geliebtes rundes Leder" sodann stolz und glücklich an sich presste. Wie einen kostbaren Juwel hielt er den Ball während der ganzen Zeit fest auf seinem Schoß. Nicht ein Einziger auf dem weiten Trainingsgelände, dem dieser tragisch glückliche Umstand nicht unter die Haut ging. Joki, unsere Keeper bekam einen Weinkrampf. Oswald folgte ihm unauffällig in die Kabine. Es war furchtbar und doch so großartig. Nur hier konnte und mochte sich Tommy wahrhaft geborgen fühlen. Hier zeigte er Emotionen, hier blühte er auf u. hier, nur hier, wurde ihm die Aussicht gewährt, sich in stiller Versunkenheit seiner ureigenen Vitalität zu entsinnen. Hier ließ man ihn ganz mit sich allein und schenkte ihm trotzdem das Gefühl, nicht allein zu sein… Ich bin bis heute davon überzeugt, dass ich der Einzige war, dem sich Tommy in seiner seelischen Verlor-enheit ungeniert anvertraute. Das Reden viel ihm sehr viel leichter, wenn er mit mir allein war, wogegen selbiges anderweitig eher einem stetigen Trachten danach ähnelte, nicht auf zu fallen. was mir Impuls dafür war, dass er tief in seinem Inneren längst nicht aufgehört hatte, an seine "Heimkehr" zu glauben! Manchmal wiederum genügte der nichtigste Anlass und er zog sich postum wieder in diese beängstigend passiven Monologe mit sich selbst zurück. So vergingen Monate, bis ich auf dem Platz wieder zu alter Form auflaufen konnte. Keine Rüffel vom Coach und erst recht kein Gejohle von den Rängen halfen mir aus dem Tief heraus. Seltsam, denn erst nachdem mir die frust-rierten Blicke meines besten Freundes im Nacken zu stechen begannen, lief es ruckartig besser. Niemals sonst habe ich so bildhaft erfahren können, dass Fußball auch und vor allem eine Sache des Kopfes ist! Nach jedem Torerfolg ballte ich nun die Faust siegessicher gen Himmel, ehe ich zum traditionell gewordenen Abklatschen in Richtung Bank eilte. Seitdem die Sommerpause vergangen, hatte Tommy hier ganz rechts seinen Stammplatz inne, gleich dem ob Heim oder Auswärtsspiel, wo ihm wie ehrfürchtig stets der erste "Abklatscher" gebührte. Zu jedem Spiel habe ich Tommy daheim abgeholt und ich denke, hätte sich der alte Gustav mir in den Weg gestellt, wäre mir jedes Mittel Recht gewesen, dessen Gebaren als Nichtigkeit zu verkünden. Fast ein ganzes Jahr war vergangen seit Tommys fatalem Missgeschick. Ende April, ein strahlend heißer Frühlingstag. Wetter, Land und Leute, alles schien sich hoffnungsfroh um unsere Sportanlage, die immer mehr einem unvergleichlichen Schmuckkästchen ähnelte, zu drehen. Selbst wenn es, wie genau an besagtem Tage, wieder einmal gegen unseren ewigen Angstgegner ging, der dieses mal jedoch heftig wie nie vor dem Abstieg zitterte. Stimmung und Laune hätten hoffnungsfroher nicht sein können. Ich konnte mich partout nicht daran erinnern, dass wir uns je so sicher waren, den (sonderbarer Weise einzig gegen uns) verschlossenen Abwehrriegel der "Gelben" zu knacken! Auch wenn das Hinspiel wieder nur torlos geendet hatte. Sogar Tommy, wenn es um seine alten Kameraden ging, voll im Bilde, ließ seinem Optimismus so-matisch freien Lauf. Unruhiger u. weitaus lebendiger als sonst fieberte er dem Anpfiff entgegen. Überhaupt erschien er mir ungemein verändert an dem Tage, positiv verändert! Bereits im Auto registrierte ich wie in einem Glücks-rausch dieses feurige Funkeln in seinen sonst so wässrigen Augen. All seine Gesten samt dem "rhetorischen Feuer-werk", alles wirkte so, als würde er kurz vor einem sprengendem Aufbruch stehen, doch wie oft schon musste ich diese derben Rückschläge miterleben! Meinen Überschwang versuchte ich rasch zu verdrängen und klammerte mich trotzdem krampfhaft an diese herzerfrischenden Lichtblicke, und ich schwor mir auch dieses mal, gerade heut ein Tor zu schießen und es einzig seiner Genesung zu widmen! Kommen sollte es jedoch ganz anders. Eine Tragödie, ein Aufbruch, wenn ich es nur zu deuten wüsste, oh man… Wie immer, wenn jener Nachbarverein zu uns kam, hatten wir die "Hütte voll". Alles sah auch zunächst danach aus, dass wir unserer Favoritenrolle endlich einmal gerecht werden könnten. Torchance auf Torchance für uns. Ich fast immer mitten drin. Doch die Seuche schien mir ur-plötzlich wieder am Fuß zu kleben. Die Kugel wollte und wollte nicht über die Linie, bis ihr dies Sekunden vor dem Halbzeitpfiff scheinbar spielend locker in unserem Kasten gelang. Fass-ungslos trotteten wir in die Kabine, badend in einem Gemisch von Hohn, Gelächter und aufmunternden Gesängen. Ein Spiel, welches man so schnell nicht vergisst, dessen wir ich mir hier schon sicher. Die gegnerischen Fans waren außer Rand und Band. Selten fühlte ich mich dadurch so genervt und dies war echt das einzige mal, wo ich einer Truppe wirklich den Abstieg gegönnt habe, man möge es mir nachsehen. Die zweite Hälfte, das Elend nahm seinen Lauf. Nicht einmal der Ausgleich sollte uns vergönnt sein, dabei waren wir in allen Belangen mehr als haushoch überlegen! Drei oder viermal mal Pfosten, mindestens ebenso oft knallte der Ball an die Latte, und ich immer wieder mittendrin. Einen tot sicheren Elfer versagt, der eigenen Abwehr flatterten bei den wenigen Kontern die Nerven, die Minuten rasten davon. Solch hochdruckartige Atmosphäre hatte es in unserem "Schmuckkästchen" nie vorher und auch später nimmer gegeben! Nicht mal mehr zehn Minuten waren noch zu spielen, als der Spielball unter der Bande hindurch direkt neben dem wie versteinert ausharrenden Tommy über die Tartanbahn trudelte. Kein Balljunge in der Nähe. Ich getraute mir nicht, vor zu denken, was ich kommen sah, doch es geschah wirklich! Tommy sprang auf und eilte mit ungelenken Schritten dem Leder nach, mehr als tausend Augenpaare auf sich gelenkt. Ungesättigt der gegnerische Freuden-taumel, nur Atemzüge von ihm entfernt, nahm er sein geliebtes Leder auf, warf es wie einst kurz in die Luft, um es mit seinem starken Rechten zurück in Richtung Rasen zu schießen. Seine Beine jedoch waren ihm noch lange nicht hörig. Wie ein armes Häufchen Elend landete mein treuer Freund, an Maßen noch immer einem Modellathleten gleich, rücklings auf der harten Tartanbahn. Seine langen Beine zappelten Halt suchend wild umher, während der Ball seelenruhig in Richtung gegnerische Bank rollte. Was sich diesem, noch Sekunden zuvor endlos aufgeheiztem, weiten Rund jetzt bot, war der pure Beweis dafür, dass das Ehrenhafte immer dazu in der Lage sein kann, jegliche Niedertracht im Keime zu ersticken. Beinahe so, als hätte der liebe Gott unseren Tommy voraus geschickt, die wild-en Gemüter zu beruhigen. Mit einem Schlag wurde es raunend still in der Arena. Dezentes Gelächter wurde in ver-haltenen Wellen der Entrüstung erstickt. Ich selbst führte Tommy gemeinsam mit Spielern und Trainern beider Teams, begleitet von rührseligem Beifall, zurück auf seinen Platz. Kaum einer im so plötzlich erkalteten Rund, der Tommys Geschichte nicht kannte, und wer davon noch nicht wusste, der hatte nun auf philanthropische Weise davon erfahren. Scheinbar apathisch hatte Tommy selbst das ganze Szenarium über sich ergehen lassen, dessen Trug-schluss mir schon bald schmerzhaft zu denken geben sollte. Lasch plätscherten die letzten Minuten des Spiels dahin. Das Feuer war nun endgültig raus und freilich fuhren die "Gelben" ihren Sieg problemlos heim, abgestiegen jedoch sind sie trotzdem… Was auf der Heimfahrt im und um meinen Wagen herum vor sich ging, wird mich ganz sicher bis ans Ende meiner Tage begleiten. Tommy war jetzt längst nicht mehr der, der er noch kurz zuvor war! Hätte ich die Chance genutzt, hätte ich mich nicht schwächend leiten lassen von den zermürbenden Rückschlägen zuvor, vieles wäre leichter gewesen. Auf sein Drängen hin stoppte ich in einer der vielen Einbuchtungen direkt am Wald, unweit seines heimischen Anwesens. Wir schauten uns einen kurzen Augenblick lang auf die in unserer langen Freundschaft gediehene Weise an, beinahe so wie früher! Sein lustiges Grinsen, seine glassklaren Blicke, beinahe so wie früher! Die Art, wie er sich kraftvoll aufrichtete, beinahe so wie früher! Der gedämpfte Klang seiner Stimme, wie sie mir vertraut, genau so wie früher! 

 

 

 

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270.  ©Just like before...

 

I've given up counting the years since Tommy disappeared. Same as how much it always touches me to learn that someone, somewhere, has been missing for sometime! It doesn't matter how many times that strange day has happened since then. Tommy is and will be gone after he just left, shielded by the rampant thicket of the forest, never to come back... Immediately after his early leap into the first men's team, Tommy became the undisputed best midfielder in the league! He was living proof that you don't necessarily have to look all the way up if a footballer's heart wants to enjoy filigree ball magic. One for whom playing with the ball simply meant everything, who could control it perfectly and lived it like no other in our fourth-rate category. And yet not one of those recurring scouts seemed to focus on him. In my eyes, this was a tragedy because, unlike me, Tommy could definitely have made it into the pro camp. He was and is certainly not the only exceptional player who caused a sensation in the lower leagues, celebrated and yet lost. But that's how it works in football. Exactly no different than usual in the world, where only very few open all gates. However, the football game is certainly not a factor that the world needs to breathe, or at least Tommy needed exactly this factor to breathe, even if the doors to higher offers never wanted to open for him. Not only said scouts long misjudged his patents, such as human size. Even life far away from the green lawn tripped him up on a few occasions. To this day I still ask myself in vain why that was. Certainly Tommy didn't portray an Adonis and didn't exactly come across as very attractive with his superficial appearance, the bony build, the shaggy pale red short haircut and the many small scars on his face. In addition, he was very rarely seen coming in "normal clothes". Jogging suit or work clothes, he didn't seem to own anything else. I knew full well that this was not the case. In my opinion, however, the constant cheerfulness on his face easily overshadowed these "tolerable flaws", which the female guild probably didn't see that way. In our team, however, he was considered the ultimate! Even during training and even more so in the game, which he directed with apparent ease, almost nothing went past him. Especially in critical phases, we focused more on him than on the coach. Here was the only place at where he could really let loose, where you could really hear his voice. Everyone instinctively showed him respect, even when his ideas failed. For us players he was the real captain, although Franko seemed to have leased the armband until footballer retirement. My passion for football blossomed again and again at Tom-my's side. It was just fascinating how he knew how to get himself and half the squad on the field really intoxicated, although I didn't know any different from him, since we'd been on the pitch together in unencumbered camaraderie since childhood . From the start, I'd been hotheaded (albeit less verbally trying to get the ball in, while Tommy, left behind (but all the more verbally) could do magic with the ball and direct it. Our natures didn't do that absolutely not allow that we ever seriously got into each other, which is supposed to happen between the best of friends!No one later presented me with the balls so soft as butter for a shot on goal, with no one later on the lawn did I harmonize so easily.up to that weird one Day, the day that changed so much! My God, how often have I asked myself since then, why didn't the Lord God just let him go his own way? Didn't he see the strange, watchful eyes, which suddenly changed from game to game Our boss on the green lawn took on the role of an indefatigable servant, almost without will, when he found himself at home on his parents' farm. Two of his three older brothers had left early and led a quiet existence with their wife and children in one of the neighboring towns. The eldest, on the other hand, who was hopelessly addicted to alcohol, stubbornly made sure that Tommy had enough trouble on the farm in addition to his job in the local agricultural machinery and metalworking shop. The old gentleman, always called "Sichelgustav" by the people, was an eternally old-fashioned gurnard, as unsociable as one could not have imagined. The only thing Tommy seemed to have inherited from him was the same strict dislike of all drinking. The good-natured, on the other hand, was handed down to him by his mother alone, who comes from the very top near the Danish border. A beautiful woman with jet-black hair and eyes of the same color, who always seemed to rise above her sad destiny as sublime and light-footed as a sophisticated princess. No one would have believed that this was the woman from "Sichelgustav"! Even today she elapses albeit alone with her alcoholic son for several years, a depressing existence on the slowly wasting estate. Back then, the family had always reacted unmoved to the modest fame of their youngest offspring. Not one of them was even remotely interested in our sport. I found it rather strange how strikingly Tommy stood out from his peculiar clan, and yet never dreamed of creating his own terrain... One day, on the eve of an important cup game, my then girlfriend attacked me in front of the Front door with the bad news that Tommy is said to have injured his head badly while working at home! He is said to have lain unconscious in front of one of the barns for quite a while before the old gentleman discovered him. The ambulance had caused a hell of a stir in our otherwise sleepy part of town, while on the way home from work I was, as so often, stuck in a traffic jam and had no idea what was happening. Certainly a heathen shock for all of us. People had run together in the streets and let their dismay run free. You didn't even remotely know if and how bad things were with him. There wasn't a single person around who didn't like Tommy! It was only with difficulty that my girlfriend was able to stop me from going straight to his clinic. Of course we lost the cup game by a mile. During our first visit to the hospital, we got the relief that Tommy wasn't as bad as we all thought. Almost as if nothing had happened, you could talk to him almost normally, even if the usual cheerfulness cost him a lot of effort. So we started planning with him right at the bedside for the near end of the season. Both of our eyes, however, agreed as always, even in this nonsense. Although we couldn't get anything definitive from the nurses and doctors, I too felt certain that he had suffered nothing worse than a severe concussion. Tommy himself couldn't remember anything at all, which was completely normal, as I had read before. The first great excitement with the encouraging wave of farewell disappeared almost by itself, until a few days later, when I was visiting alone, reality hit me openly: My faithful friend seemed so twisted and distant, as if he had changed his skin completely hatched! I didn't just freeze at the dismayed sight, but rather because I hadn't been forewarned in any way. Tommy cowered like a heap of misery, turned away from the world, alone and lonely in this lifeless, bright hospital room. Flickering bright sunbeams dazzled his blinking eyes, which he seemed almost helplessly exposed. Absent-minded like a sullen, senile old man, he dozed on that dreadful sickbed, only his pale head peeping out petrified from under the pale white bedclothes. He, who just days earlier was sweeping across the lawn as an elegant athlete with light feet! Pity and more anger gasped melancholy from my throat. But I've always been used to skilfully keeping my emotions in check. First I protected him from the smoldering rays of the sun and then stammered something irrelevant in a trembling voice, at the same time realizing that I could never wake him from this fearful lethargy. The most terrifying moments of my life up to that point. Buried so deeply, so nervous and anxious, that wasn't the Tommy I knew from childhood! What had happened to him in the days before? I no longer understood the world, I suddenly understood nothing at all! When I (as if tossing him a lifebelt in desperation) tried to joke with him in our old accustomed way, he turned away in panic, his eyes defiantly seeking the glare of the sun. But I didn't let go of his eyes, which reddened with tears, while his steel body began to tremble with shivering. Powerless I had to realize how unhappy Tommy was in his new, strange world that overwhelmed him so ruthlessly! It wasn't just the horror that made him seem so unspeakably distant to me, it was rather this unforeseeable distance that suddenly and unstoppably came between him and me and everything that had happened before. Again no information was given to me. One thing, however, I knew from then on to interpret painfully, namely that things were far worse for Tommy than anyone had previously suspected! Only much later did I find out that even the specialists were puzzled. At first everything had indicated that he would be the same again after a few days, but then everything turned out very differently, and I, of all people, was the one who was with him at the moment of his loss. And that's not the only reason I swore to myself that I had to be the one who got him out of it... Aside from his mother, I was certainly the only one whose heart was stirred by Tommy's fate every day anew. I felt responsible for him in a very special way. I just had to be there for him. An inner voice kept telling me that I simply owed it to him, yes, that he would have done it for me as well! The sacrifices I made for this were not small. Many things in my life would have been different if I hadn't felt so committed to him. But this is one A story in itself, one that doesn't belong here, no matter how much it deserves it. Barely able to move from one place to another unaided, his fate aroused pity or just "interest" from all! Although he was never confined to a wheelchair, you always had to reckon with blockages that could paralyze you for minutes. Pushed back to the parental farm every day, not even dreaming of returning to work, he was now even more subject to his father's harshness than before, even if he allegedly tried to adjust to his handicapped son a little. One more reason for me to get him out of that unpopularity as often as possible. In a very specific place, Tommy's deflated ego soon caught fire again, just like it used to, on the soccer field! Although off the field now, he was still one of us here. The first time he was back with us for training, it almost ripped my heart out, and not just me, when he awkwardly rushed after one of the balls and then proudly and happily pressed his "beloved round leather" to himself. Like a precious jewel, he held the ball firmly in his lap the entire time. Not a single one on the wide training ground who didn't get under the skin of this tragically fortunate circumstance. Joki, our keeper went into a crying fit. Oswald followed him unobtrusively into the cabin. It was awful and yet so great. It was only here that Tommy could and would really feel safe. Here he showed emotions, here he flourished and here, only here, was he given the chance to remember his very own vitality in quiet contemplation. Here he was left completely alone and still given the feeling that he wasn't alone... To this day I'm convinced that I was the only one Tommy unabashedly confided in when he was emotionally lost. He found it much easier to talk when he was alone with me, whereas otherwise it was more akin to a constant striving not to attract attention. which gave me the impetus that deep down he had by no means stopped believing in his "homecoming"! Sometimes, on the other hand, the most insignificant occasion was enough and posthumously he withdrew into these frighteningly passive monologues with himself. Months passed before I was able to regain my old form on the pitch. No shouting from the coach and certainly no yelling from the ranks helped me out of the low. Strange, because only after the frustrated looks of my best friend began to sting my neck did things start to get better. Never else have I been able to experience so vividly that football is also and above all a matter of the head! After every goal, I now clenched my fist towards the sky, confident of victory, before I went to the traditional goal High five towards the bank rushed. Since the end of the summer break, Tommy has had his regular seat here on the far right, whether at home or away, where he always reverently deserves the first "high five". I picked Tommy up at home for every game and I think if old Gustav had stood in my way, I would have had every right to announce his behavior as nothing. Almost a year had passed since Tommy's fatal mishap. End of April, a bright, hot spring day. Weather, country and people, everything seemed hopeful to revolve around our sports facility, which more and more resembled an incomparable jewel case. Even if, as on the day mentioned, it was once again against our eternal fear opponent, who this time trembled more than ever before the descent. Mood and mood could not have been more hopeful. I absolutely couldn't remember that we were ever so sure of cracking the (strangely only against us)locked defensive bolt of the "yellow"! Even if the first leg ended goalless again. Even Tommy, fully in the picture when it came to his old comrades, so-matically let his optimism run wild. Restless and far more alive than usual, he was looking forward to the kick-off. In general, he seemed to me to have changed immensely that day, changed positively! Already in the car, like in a rush of happiness, I registered this fiery sparkle in his otherwise watery eyes. All his gestures, including the "rhetorical fireworks", everything seemed as if he was about to set off on a blast, but how often have I had to witness these rough setbacks! I quickly tried to suppress my exuberance and still clung desperately to these heart-warming rays of hope, and this time I swore to myself that I would score a goal today and devote it solely to his recovery! However, it was to be very different. A tragedy, a departure, if I only knew how to interpret it, oh man... As always, when that neighboring club came to us, we had the "hut full". At first everything looked like we could finally live up to our role as favourites. Goal chance after goal chance for us. I'm almost always right in the middle. But the plague suddenly seemed to stick to my foot again. The ball didn't want to and didn't want to go over the line until it apparently easily managed to do so in our box seconds before the half-time whistle. Stunned, we trotted into the cabin, bathed in a mixture of jeers, laughter and encouraging chants. A game that you won't soon forget, which I'm sure of here. The opposing fans were out of control. Rarely have I felt so annoyed by this and this was really the only time I really allowed a troop to be relegated, forgive me. The second half, the misery took its course. We weren't even allowed to equalize, although we were more than vastly superior in every respect! The ball hit the bar three or four times, at least as often, and I was right in the middle of it again and again. A dead safe penalty failed, their own defense fluttered their nerves with the few counterattacks, the minutes raced away. Such a high-pressure atmosphere had never existed in our "jewel box" before and never again! There were less than ten minutes to play when the cue ball tumbled under the boards right next to Tommy, who was petrified, over the tartan track. No ball boy around. I didn't dare to imagine what I saw coming, but it really happened! Tommy jumped up and strode awkwardly after the leather, attracting more than a thousand pairs of eyes. Unsatiated by the opponent's frenzy of joy, only a breath away from him, he picked up his beloved leather, threw it briefly in the air as before, to shoot it back towards the lawn with his strong right. His legs, however, were far from being his slaves. Like a poor heap of misery, my faithful friend, still like a model athlete in proportions, landed on his back on the hard tartan track. His long legs fidgeted wildly for support while the ball rolled calmly in the direction of the opposing bench. What was offered to this wide circle, which had been endlessly heated seconds before, was pure proof that the honorable can always be able to nip any baseness in the bud. Almost as if God had sent our Tommy ahead to calm the wild spirits. Suddenly the arena went murmuringly quiet. Discreet laughter was stifled in restrained waves of indignation. I myself led Tommy back to his seat together with players and coaches from both teams, accompanied by tearful applause. There was hardly anyone in the suddenly cold group who didn't know Tommy's story, and anyone who didn't know about it had now learned about it in a philanthropic way. Apparently apathetic, Tommy himself had endured the whole scenario, the fallacy of which was soon to make me think painfully. Lasch splashed the last few minutes of the game. The fire was finally out and of course the "yellow" drove home their victory without any problems, but they got off anyway... What happened in and around my car on the drive home will definitely accompany me to the end of my days. Tommy wasn't who he was a moment ago! If I had taken the chance, if I hadn't let myself be guided by the grueling setbacks before, many things would have been easier. At his insistence, I stopped in one of the many bays right next to the forest, not far from his homestead. We looked at each other for a brief moment in the way our long friendship had thrived, almost like we used to! His funny grin, his crystal clear eyes, almost like before! The way he straightened up powerfully, almost like before! The muffled sound of his voice, as I know it, just like it used to be!