268.  ©Das Sommergewitter

 

Es war an einem Tag im Sommer. Die Sonne hatte bereits den Zenit überschritten und langsam quälten sich die Schatten in die Länge. Ein Vater ging mit seinem kleinen Sohn entlang der riesigen Anbaufelder auf denen ver-schiedene Sorten Getreide angepflanzt waren. Die Halme standen kräftig und die Ähren hingen satt mit Korn. Roter Mohn am Rande und blaue Kornblumen im Innern mischten sich unter den blassgelben Farbton der Getreidefelder und die grünen Hecken, die man zur Abgrenzung des Ackerlandes kultiviert hatte, gaben dem Betrachter das har-monische, klare Bild einer verträumten Landschaft. Bis weilen wurde die beschauliche Ruhe von unbändigen Jungvögeln aufgewühlt. Sie sind die erste Brut, die Ende des Frühjahrs flügge wurden, nun in den Hecken lernten zu überleben und dort Schutz vor Feinden fanden. Vater und Sohn befanden sich auf dem Heimweg. Sie waren schon eine lange Wegstrecke gegangen, so dass der Junge des Laufens überdrüssig wurde und der Vater ihn huckepack auf den Schultern trug. Der Vater liebte seinen Sohn, und er erlaubte ihm bisweilen wie ein Jockey seinem Pferd die Sporen zu geben. Das gefiel dem Jungen sehr, so dass sein Lachen weit über die Felder schallte und sich mit den Ge-räuschen des heißen Sommertages vermischte. Insekten schwirrten durch die Luft u. gelegentlich stiegen Vögel in den Himmel auf und zwitscherten ihre Weise. Die Beiden kamen von dem Jahrmarkt in der Nachbargemeinde und vor ihnen lag eine Stadt, auf die sie gemächlich zugingen. Auf dem Jahrmarkt hatte der Vater dem Jungen einen bunten Luftballon gekauft, den sie mit einem feinen Faden an dessen Handgelenk befestigt hatten. Von Weitem hatte es den Anschein, als würde der Ballon aus eigener Kraft über ihnen schweben und mit des Weges ziehen. Windstill war es an diesem Tag und die ungetrübte Kraft der Sonnenstrahlen schien unerbittlich auf die Erde nieder. Aus Vorsicht hatte der Vater dem Jungen seinen alten ausgefransten Strohhut aufgesetzt. Der Hut war viel zu groß und rutschte auf dem Kopf des Jungen hin u. her, sobald der Vater ein paar übermütige Sprünge machte. Unerwartet frischte der Wind plötzlich auf und eine leichte Brise verfing sich an der Krempe des Hutes, so dass der Hut fort getragen wurde und weit vor ihnen zu Boden fiel. Erstaunt hob der Junge den Kopf und atmete einmal tief ein, so wie es ihm der Großvater beigebracht hatte. "Vater", sagte er aufgeregt, "ich glaube der Wind will uns was sagen." Der Vater drehte sich herum und tat es dem Jungen gleich. Er hob seine flache Hand an, so dass die Sonnen-strahlen seine Augen nicht blendeten. Weit in der Ferne, nahe dem Horizont, türmten sich dichte Wolken unheilvoll. Sie erweckten den Anschein von hohen Bergen, deren Gipfel schneebedeckt anmuteten, und an der Front reflek-tierten sich die Sonnenstrahlen in einem pastellfarbenen Orange. Der ausgedehnte Grund der Wolkenwand zeich-nete sich fast schwarz über die Landschaft ab, als wäre der Schlund der Unendlichkeit einen Spalt geöffnet, und im Begriff die Erdoberfläche in sich aufzusaugen. Und dort, wo man den Grund des Schlunds vermutete, hörte man in leisen Tönen das dumpfe Grollen des Donners über das Land verhallen. "Du hast recht", entgegnete ihm der Vater, es ist der Westwind und der Vorbote des Gewitters, das dort in der Ferne aufzieht. Mit seinem kühlem Hauch will uns etwas mitteilen." Der Junge blickte zum Horizont u. gab dem Vater zu verstehen, dass er sich vor dem Gewitter fürchte und schnell heim will zur Mutter, denn dort fühlte er sich sicher und geborgen. Der Vater hatte Mitleid mit dem Jungen und ging weiter. Um ihn zu beruhigen erzählte er die Geschichte vom alten Göttervater Zeus, dem Natur- und Donnergott, u. Urheber des Gewitters und des befruchtenden Regens. Und von Jupiter erzählte er, dem Himmels- und Kriegsgott, und wie vor vielen tausend Jahren beide mit einer Quadriga über das Himmelsgewölbe fuhren. Weil sie verwegen waren und viel zu schnell gefahren sind, wirbelten sie Staub von der Erde auf, den sie wie eine dunkle Wolkenwand vor sich hertrieben. Jupiter verlor in einer scharfen Kurve ein Paar Blitze aus seinem Köcher, die funkensprühend und laut donnernd auf die Erde fielen. Mars, der Kriegs- und Wettergott, berichtete das Geschehen dem Himmelsgott Uranos und der Regenwolkengöttin Maya, die daran Gefallen fanden. Weiter erzählte der Vater, dass Mars daraufhin ein Himmelsdrama komponierte, das einer Sinfonie glich und er es "Aufruhr der Elemente" nannte. Beruhigen konnte der Vater seinen Sohn mit dieser Geschichte nicht. Und während der Vater schnellen Schrittes des Weges ging, saß der Junge unruhig auf seinen Schultern und schaute sich ängstlich um. "Lauf schneller", bat er den Vater mit weinerlicher Stimme, das Gewitter kommt immer näher. Ein greller blauschimm-ernder Blitz, der sich über den ganzen Wolkengrund ausbreitete, machte den Auftakt für das ominöse Natur-schauspiel und der Wind wandelte sich vom Vorboten des Gewitter zum aktiven Verbündeten. Kräftig blies er über die Weite des Landes und wirbelte den Staub vom Boden auf. Im Getreide zeichnete er seine wilden Bewegungen, u. die Halme bogen sich willenlos mit lautem Rauschen im Takt seiner Beharrlichkeit. Immer schneller zog die Wetterfront heran, und schon bald wurde das Antlitz der Sonne verhüllt. Die Helligkeit und Freundlichkeit des Sommertages wurde durch bedrohliche Dunkelheit ersetzt, und das verbliebene Licht des unbefleckten Himmels, das vor der Wolkenwand zu verschwinden drohte, tünchte das Land unter der Gewitterfront in ein sonderbares Farb-spektrum. Blitze zuckten am Grund der Wolkenwand und nahmen fürchterliche Gestalt an. Ihr Aussehen glich dem Arm des Todes, der mit seinen knöchernen Fingern nach dem Lebenshauch der Menschen zu greifen versuchte. Donnerschläge grollten dumpf über die Weite des Landes, die an Stärke zunahmen und bedrohliche Schwingungen hervorbrachten. Dem Jungen ward bang und er verbarg ängstlich das Gesicht in seinen Händen. "Lass mich bitte herunter",  bat er den Vater furchtsam, und dieser setzte ihn behutsam zu Boden. Schon prasselten die ersten dicken Regentropfen vom Wind getrieben auf den ausgedörrten Boden, als die beiden einen Heuschober erreichten, der ihnen Schutz geben konnte. Schutz vor dem Wind, vor dem Regen u. der Urgewalt des Gewitters. Ungestüm prasselt-en jetzt die Regentropfen auf die trockene Erde nieder und die Wolken entluden sich ihrer schweren Last. Unzählige Blitze folgten aufeinander, hellten die Dunkelheit auf und Donnergrollen überlagerte sich zu einem Höhepunkt von Paukenschlägen. Mit einem grellen Blitz nahe des Feldweges und einem lauten Knall gipfelte der Gewaltakt und gab das Debüt frei zum letzten Teil des monumentalen Schauspiels. Ein Lauter Schrei und ein Knall hallten durch den Schober und der Vater fand seinen Sohn eingerollt unter einem Haufen Stroh wieder. Die Hülle seines Luftballons lag entkräftet neben ihm, denn den spitzen Halmen des Strohes hatte sie nichts entgegen setzen können. "Angst mein Sohn", sagte er und nahm den Jungen behutsam in den Arm, Angst sollst du keine haben. Dafür bin ich immer bei dir. Der Wind blies mit unverminderter Kraft unter der Gewitterfront und peitschte den Regen und gelegentlich Hagelkörner gegen die Wände. Dort, wo die Wände nicht ganz geschlossen waren, zwängte er sich in das Innere. Das Ächzen des Holzes und der gequälte Laut des Windes vermischten sich zu einem unheilvollem Ton, der sich mit dem Unwillen des Gewitters mischte, um das Wehklagen der Hölle preiszugeben. Der vor Angst, am ganzen Körper, zitternde Junge, schmiegte sich vertrauensvoll an die Brust seines Vaters. Erinnerst du dich noch, was ich dir über die Entfernung von einem Gewitter erzählt habe?", fragte der Vater mit ruhiger Stimme und fing nach dem Aufhellen eines Blitzes zu zählen an. Es folgten viele Zählansätze, dann konnten sie endlich bis zehn durchzählen. Zaghaft schien ein Sonnenstrahl durch eine Ritze in der Wand u. stemmte sich der Dunkelheit entgegen, und sein freundlich heller Glanz kündigte das Ende des Gewitters an. Der Vater öffnete das Tor, und nun konnten sie auf die unheilschwangere Kehrseite der Wolkenwand schauen. Die Sonnenstrahlen, die von der sich entfernenden Regen-front reflektiert u. gebrochen wurden, zauberten einen hohen Regenbogen mit weiteren kleineren Regenbögen am Himmel, u. sie spiegelten mit ihren Farben die Erhabenheit der Sonne wieder. "Schau ein Regenbogen", sagte der Vater zu seinem Sohn u. lächelt zu ihm herüber, "in Irland erzählen sich die Leute, dass dort, wo der Regenbogen den Boden berührt, das Gold der Kobolde, die dort Leprechaun heißen, versteckt sein soll. Die Sonnen strahlte nach ein paar Minuten wieder hell und freundlich. Die Furcht des Jungen war gewichen, und freudig hüpfte er aus dem Schober auf den Feldweg. "Komm Vati", sagte der Junge u. nahm den Vater bei der Hand, dann lass uns schnell dort hingehen, wo der Regenbogen den Boden berührt, damit wir uns die Taschen mit Gold voll stopfen können. Und so gingen sie weiter ihres Weges nach Hause, der Junge hüpfte unbekümmert neben dem Vater her, die Sonne been-dete langsam ihr Tagwerk. Als sie zu Hause ankamen, deutete nichts mehr darauf hin, dass noch vor einer Stunde ein Gewitter das Land überzog. Nur der geschwächte Westwind, dessen starker Verbündete weiter gezogen war, erzählte leise von diesem Abenteuer. Vater und Sohn hoben den Kopf und atmeten die Frische des Westwindes tief in sich ein, so wie sie es vom Großvater gelernt hatten.

 

 

 

Zurück

zu Geschichten

 

 

https://translate.google.com/English

 

268.  ©Summer Thunderstorm

 

It was a summer day. The sun had already passed its zenith and slowly the shadows stretched out. A father walked with his little son along the huge cultivation fields on which different types of grain were planted. The stalks stood strong and the ears hung full of grain. Red poppies at the edge and blue cornflowers within mingled with the pale yellow hue of the cornfields, and the green hedges cultivated to demarcate the arable land gave the viewer a harmonious, clear image of a dreamy landscape. Sometimes the tranquility was disturbed by unruly young birds. They are the first brood to fledge in late spring, now learning to survive in the hedges and finding protection from predators there. Father and son were on their way home. They had walked such a long distance that the boy got tired of walking and the father carried him piggyback on his shoulders. The father loved his son and at times allowed him to spur his horse like a jockey. The boy liked that so much that his laughter echoed far across the fields and mingled with the sounds of the hot summer day. Insects buzzed through the air & occasionally birds soared into the sky and chirped their way. The two came from the fair in the neighboring community and in front of them was a city that they walked towards at a leisurely pace. At the fair, the father had bought the boy a colorful balloon, which they had attached to his wrist with fine thread. From a distance it seemed as if the balloon was hovering above them under its own power and pulling along with them. There was no wind that day and the unadulterated power of the sun's rays shone down relentlessly on the earth. As a precaution, the father had put his old, frayed straw hat on the boy. The hat was way too big and would slide around on the boy's head whenever the father took a few reckless leaps. Unexpectedly, the wind suddenly picked up and a light breeze caught the brim of the hat, so that the hat was carried away and fell to the ground far in front of them. Surprised, the boy lifted his head and took a deep breath, just like his grandfather had taught him. "Father," he said excitedly, "I think the wind wants to tell us something." The father turned around and did the same to the boy. He raised his flat hand so the sun's rays wouldn't dazzle his eyes. Far in the distance, near the horizon, dense clouds were looming ominously. They gave the impression of high mountains, the tops of which seemed snow-capped, and The front reflects the sun's rays in a pastel-colored orange. The extensive base of the wall of clouds was outlined almost black across the landscape, as if the abyss of infinity had opened a crack and was about to suck in the surface of the earth. And where one suspected the bottom of the gorge, one could hear the dull rumble of thunder fading away across the land. "You're right," his father replied, it's the west wind and the harbinger of the thunderstorm that's brewing in the distance. With his cool breath he wants to tell us something." The boy looked at the horizon and made his father understand that he was afraid of the thunderstorm and wanted to go home to his mother quickly, because that was where he felt safe and secure. The father felt sorry for him boy and went on. To calm him down, he told the story of Zeus, the father of the gods, the god of nature and thunder, and originator of thunderstorms and fertilizing rain. And he told of Jupiter, the god of heaven and war, and how many thousands of years ago they both rode across the heavens in a quadriga. Because they were reckless and went much too fast, they kicked up dust from the earth, which they drove before them like a wall of dark clouds. Jupiter lost in a sharp turn a pair of lightning bolts from his quiver, which fell to the earth, spouting sparks and thundering loudly. Mars, the war and weather god, reported the event to the sky god Uranus and the rain cloud goddess Maya, who dar found favor. The father went on to say that Mars then composed a celestial drama that resembled a symphony and he called it "Rebellion of the Elements". The father could not calm his son down with this story. And while the father walked briskly along the way, the boy sat restlessly on his shoulders and looked around anxiously. "Run faster," he begged his father in a tearful voice, "the storm is getting closer." A bright, shimmering blue flash that spread across the entire cloud base marked the start of the ominous natural spectacle and the wind changed from a harbinger of the thunderstorm to an active ally. He blew hard over the vastness of the country and whirled up the dust from the ground. He drew his wild movements in the grain, and the stalks bent involuntarily with a loud rustle in time with his persistence. The weather front was approaching faster and faster, and soon the face of the sun was veiled. The brightness and friendliness of summer's day was replaced by ominous darkness, and the remaining light of the immaculate sky, threatening to vanish behind the wall of cloud, painted the land beneath the storm front in an odd spectrum of colors. Lightning flashed at the bottom of the wall of clouds and took on terrible shapes. Her appearance was like the arm of death, trying to grasp the breath of life with its bony fingers. Thunderbolts rumbled dully across the vast expanse of land, growing in strength and producing menacing vibrations. The boy was afraid and he hid his face in his hands in fear. "Please let me down," he begged his father anxiously, who carefully put him on the ground. The first thick raindrops, driven by the wind, were already pattering on the parched ground when the two reached a haystack that could give them shelter. Protection from the wind, from the rain and from the elemental force of the thunderstorm. The raindrops were now pattering violently on the dry earth and the clouds unloaded their heavy burden. Countless lightning bolts followed one another, brightening up the darkness and rumbles of thunder superimposed to a climax of drumbeats. The act of violence culminated with a bright flash near the dirt road and a loud bang and released the debut of the last part of the monumental spectacle. A loud scream and a bang echoed through the stack and the father found his son curled up under a pile of straw. The envelope of his balloon lay exhausted next to him, because she hadn't been able to oppose the sharp stalks of straw. "Fear, my son," he said and gently took the boy in his arms. "You shouldn't have any fears. That's why I'm always with you." The wind blew with undiminished force beneath the storm front, whipping rain and occasional hailstones against the walls. Where the walls weren't quite closed, he squeezed inside. The groan of the wood and the anguished sound of the wind mingled in an ominous note that mingled with the storm's indignation to reveal Hell's wailing. The boy, trembling all over with fear, snuggled up trustingly to his father's chest. "Remember what I told you about the distance from a thunderstorm?" asked the father in a calm voice, starting to count after a flash of lightning. Many counting attempts followed, then they were finally able to count through to ten. A ray of sunshine shone tentatively through a crack in the wall and braced itself against the darkness, and its friendly bright glow announced the end of the thunderstorm. The father opened the gate and now they could see the ominous reverse side of the wall of clouds. The sun's rays, reflected and refracted by the receding rain front, conjured up a high rainbow with other smaller rainbows in the sky, and their colors reflected the majesty of the sun. "Look at a rainbow," said the father to his son, smiling at him, "in Ireland people say that where the rainbow touches the ground, the gold of the goblins, who are called Leprechauns there, is hidden The sun shone after a few minutes bright and friendly again. The boy's fear was gone and he happily hopped out of the haystack onto the dirt road. "Come Dad," said the boy, taking his father by the hand, "then let's go quickly to where the rainbow touches the ground so we can stuff our pockets full of gold." And so they continued on their way home, the boy hopped carefree next to his father, the sun slowly ended its day's work. When they got home, there was no indication that a thunderstorm had hit the country just an hour ago. Only the weakened west wind, whose strong ally had moved on, quietly told of this adventure. Father and son lifted their heads and breathed in the freshness of the west wind, just as they had learned from their grandfather.