255.   ©Der Scheik von Alessandria und die Sklaven

 

Der Scheik von Alessandria, Ali Banu, war ein sonderbarer Mann; wenn er morgens durch die Straßen der Stadt ging, angetan mit einem Turban, aus den köstlichsten Kaschmirs gewunden, mit dem Festkleide und dem reichen Gürtel, der fünfzig Kamele wert war, wenn er einherging langsamen, gravitätischen Schrittes, seine Stirne in finstere Falten gelegt, seine Augenbrauen zusammengezogen, die Augen nie-dergeschlagen und alle fünf Schritte gedankenvoll seinen langen, schwarzen Bart streichend; wenn er so hinging nach der Moschee, um, wie es seine Würde forderte, den Gläubigen Vorlesungen über den Koran zu halten: da blieben die Leute auf der Straße stehen, schauten ihm nach und sprachen zueinander: Es ist doch ein schöner, stattlicher Mann, und reich, ein reicher Herr, setzte wohl ein anderer hinzu, sehr reich; hat er nicht ein Schloss am Hafen von Stambul? Hat er nicht Güter und Felder und viele tausend Stück Vieh und viele Sklaven? Ja, sprach ein dritter, und der Tatar, der letzthin von Stambul her, vom Großherrn selbst, den der Prophet segnen möge, an ihn geschickt kam, der sagte mir, dass unser Scheik sehr in Ansehen stehe beim Reis Effendi, beim Kapidschi Baschi, bei allen, ja beim Sultan selbst. Ja, rief ein vierter, seine Schritte sind gesegnet; er ist ein reicher, vornehmer Herr, aber, aber, ihr wisst, was ich meine! Ja, ja! murmelten dann die anderen dazwischen, es ist wahr, er hat auch ein Teil zu tragen, möchten nicht mit ihm tauschen; ist ein reicher, vornehmer Herr; aber, aber! Ali Banu hatte ein herr-liches Haus auf dem schönsten Platz von Alessandria; vor dem Hause hier war eine weite Terrasse, mit Marmor ummauert, beschattet von Palmbäumen; dort saß er oft abends und rauchte seine Wasserpfeife. In ehrerbietiger Entfernung harrten dann zwölf reichge-kleidete Sklaven seines Winkes; der eine trug seinen Betel, der andere hielt seinen Sonnenschirm, ein dritter hatte Gefäße von gediegenem Golde, mit köstlichem Sorbet angefüllt, ein vierter trug einen Wedel von Pfauenfedern, um die Fliegen aus der Nähe des Herrn zu verscheuchen; andere waren Sänger und trugen Lauten und Blasinstrumente, um ihn zu ergötzen mit Musik, wenn er es verlangte, und der gelehrteste von allen trug mehrere Rollen, um ihm vorzulesen. Aber sie harreten vergeblich auf seinen Wink; er verlangte nicht Musik noch Gesang, er wollte keine Sprüche oder Gedichte weiser Dichter der Vorzeit hören, er wollte keinen Sorbet zu sich nehmen, noch Betel kauen, ja, selbst der mit dem Fächer aus Pfauenfeder hatte vergebliche Arbeit; denn der Herr bemerkte es nicht, wenn ihn eine Fliege summend umschwärmte. Da blieben oft die Vorüber-gehenden stehen, staunten über die Pracht des Hauses, über die reichgekleideten Sklaven und über die Bequemlichkeit, womit alles versehen war; aber wenn sie dann den Scheik ansahen, wie er so ernst und düster unter den Palmen saß, seine Augen nirgends hinwandte als auf die bläulichen Wölkchen seiner Wasserpfeife, da schüttelten sie die Köpfe und sprachen: Wahrlich, der reiche Mann ist ein armer Mann. Er, der viel hat, ist ärmer als der, der nichts hat; denn der Prophet hat ihm den Verstand nicht gegeben, es zu genießen. So sprachen die Leute, lachten über ihn und gingen weiter. Eines Abends, als der Scheik wiederum vor der Türe seines Hauses saß, umgeben von allem Glanz der Erde, und traurig und einsam seine Wasserpfeife rauchte, standen nicht ferne davon einige junge Leute, betrachteten ihn und lachten. Wahrlich, sprach der eine, das ist ein törichter Mann, der Scheik Ali Banu; hätte ich seine Schätze, ich wollte sie anders anwenden. Alle Tage wollte ich leben herrlich und in Freuden; meine Freunde müssten bei mir speisen in den großen Gemächern des Hauses, und Jubel und Lachen müssten diese traurigen Hallen füllen. Ja, erwiderte ein anderer. Das wäre nicht so übel; aber viele Freunde zehren ein Gut auf, und wäre es so groß als das des Sultans, den der Prophet segne; aber säße ich abends so unter den Palmen auf dem schönen Platze hier, da müssten mir die Sklaven dort singen und musizieren, meine Tänzer müssten kommen und tanzen u. springen und allerlei wunderliche Stücke aufführen. Dazu rauchte ich recht vornehm die Wasserpfeife, ließe mir den köstlichen Sorbet reichen und ergötzte mich an all diesem wie ein König von Bagdad. Der Scheik, sprach ein dritter dieser jungen Leute, der ein Schreiber war, der Scheik soll ein gelehrter und weiser Mann sein, und wirklich, seine Vorlesungen über den Koran zeugen von Belesenheit in allen Dichtern und Schriften der Weisheit; aber ist auch sein Leben so eingerichtet, wie es einem vernünftigen Manne geziemt? Dort steht ein Sklave mit einem ganzen Arm voll Rollen; ich gäbe mein Festkleid dafür, nur eine davon jetzt lesen zu dürfen; denn es sind gewiss seltene Sachen. Aber er? Er sitzt und raucht und lässt Bücher, Bücher sein. Wäre ich der Scheik Ali Banu, der Kerl müsste mir vorlesen, bis er keinen Atem mehr hätte oder bis die Nacht heraufkäme; und auch dann noch müsste er mir lesen, bis ich entschlummert wäre. Ha! Ihr wisst mir recht, wie man sich ein köstliches Leben einrichtet, lachte der vierte; essen und trinken, singen und tanzen, Sprüche lesen und Gedichte hören von armseligen Dichtern! Nein, ich würde es ganz anders machen. Er hat die herrlichsten Pferde und Kamele und Geld die Menge. Da würde ich an seiner Stelle reisen, reisen bis an der Welt Ende und selbst zu den Moskowitern, selbst zu den Franken. Kein Weg wäre mir zu weit, um die Herrlichkeiten der Welt zu sehen. So würde ich tun, wäre ich jener Mann dort. Die Jugend ist eine schöne Zeit und das Alter, wo man fröhlich ist, sprach ein alter Mann von unscheinbarem Aussehen, der neben ihnen stand und ihre Reden gehört hatte, aber erlaubet mir, dass ich es sage, die Jugend ist auch töricht und schwatzt hier und da in den Tag hinein, ohne zu wissen, was sie tut. Was wollt Ihr damit sagen, Alter? fragten verwundert die jungen Leute. Meinet Ihr uns damit? Was geht es Euch an, dass wir die Lebensart des Scheiks tadeln? Wenn einer etwas besser weiß als der andere, so berichtige er seinen Irrtum, so will es der Prophet, erwiderte der alte Mann, der Scheik, es ist wahr, ist gesegnet mit Schätzen und hat alles, wonach das Herz verlangt, aber er hat Ursache, ernst u. traurig zu sein. Meinet ihr, er sei immer so gewesen? Nein, ich habe ihn noch vor fünfzehn Jahren gesehen, da war er munter, rüstig wie die Gazelle u. lebte fröhlich und genoss sein Leben. Damals hatte er einen Sohn, die Freude seiner Tage, schön und gebildet, und wer ihn sah und sprechen hörte, musste den Scheik beneiden um diesen Schatz, denn er war erst zehn Jahre alt, und doch war er schon so gelehrt wie ein anderer kaum im achtzehnten. Und der ist ihm gestorben? Der arme Scheik! rief der junge Schreiber. Es wäre so tröstlich für ihn, zu wissen, dass er heimgegangen in die Wohn-ungen des Propheten, wo er besser lebte als in Alessandria; aber das, was er erfahren musste, ist viel schlimmer. Es war damals die Zeit, wo die Franken wie hungrige Wölfe herüberkamen in unser Land und Krieg mit uns führten. Sie hatten Alessandria überwältigt und zogen von da aus weiter und immer weiter und bekriegten die Mamelucken. Der Scheik war ein kluger Mann und wusste sich gut mit ihnen zu vertragen; aber, sei es, weil sie lüstern waren nach seinen Schätzen, sei es, weil er sich seiner gläubigen Brüder annahm, ich weiß es nicht genau; kurz, sie kamen eines Tages in sein Haus und beschuldigten ihn, die Mamelucken heimlich mit Waffen, Pferden und Lebensmitteln unter-stützt zu haben. Er mochte seine Unschuld beweisen, wie er wollte, es half nichts, die Franken sind ein rohes, hart-herziges Volk, wenn es darauf ankommt, Geld zu erpressen. Sie nahmen also hier seinen jungen Sohn, Kairam geheißen, als Geisel in ihr Lager. Er bot ihnen viel Geld für ihn; aber sie gaben ihn nicht los und wollten ihn zu noch höherem Gebot steigern. Da kam ihnen auf einmal von ihrem Bassa, oder was er war, der Befehl, sich einzuschiffen; niemand in Alessandria wusste ein Wort davon, und plötzlich waren sie auf der hohen See u. den kleinen Kairam, Ali Banus Sohn, schleppten sie wohl mit sich, denn man hat nie wieder etwas von ihm gehört. O' der arme Mann, wie hat ihn doch Allah geschlagen!, riefen einmütig die jungen Leute und schauten mitleidig hin nach dem Scheik, der, umgeben von Herrlichkeit, trauernd und einsam unter den Palmen saß. Sein Weib, das er sehr geliebt hat, starb ihm aus Kummer um ihren Sohn; er selbst aber kaufte sich ein Schiff, rüstete es aus und bewog den fränkischen Arzt, der dort unten am Brunnen wohnt, mit ihm nach Frankistan zu reisen, um den verlorenen Sohn aufzusuchen. Sie schifften sich ein u. waren lange Zeit auf dem Meere u. kamen endlich in das Land jener Giaurs, jener Ungläubigen, die in Alessandria gewesen waren. Aber dort soll es gerade schrecklich zugegangen sein. Sie hatten ihren Sultan umgebracht, und die Paschas und die Reichen und Armen schlugen einander die Köpfe ab, und es war keine Ordnung im Lande. Vergeblich suchten sie in jeder Stadt nach dem kleinen Kairam, niemand wollte von ihm wissen, u. der fränkische Doktor riet endlich dem Scheik, sich einzuschiffen, weil sie sonst wohl selbst um ihre Köpfe kommen könnten. So kamen sie wieder zurück, und seit seiner Ankunft hat der Scheik gelebt wie an diesem Tag, denn er trauert um seinen Sohn, und er hat recht. Muss er nicht, wenn er ißt und trinkt, denken, jetzt Muss vielleicht mein armer Kairam hungern und dürsten? Und wenn er sich bekleidet mit reichen Schals und Festkleidern, wie es sein Amt und seine Würde will, muss er nicht denken, jetzt hat er wohl nichts, womit er seine Blöße deckt? Und wenn er umgeben ist von Sängern und Tänzern und Vorlesern, seinen Sklaven, denkt er da nicht, jetzt muss wohl mein armer Sohn seinem fränkischen Gebieter, Sprünge vormachen?, und musizieren, wie er es haben will? Und was ihm den größten Kummer macht, er glaubt, der kleine Kairam werde, so weit vom Lande seiner Väter und mitten unter Ungläubigen, die seiner spotten, abtrünnig werden vom Glauben seiner Väter u. er werde ihn einst nicht umarmen können in den Gärten des Paradieses! Darum ist er auch so mild gegen seine Sklaven und gibt große Summen auch an die Armen; denn er denkt, Allah werde es vergelten und das Herz seiner fränkischen Herren rühren, dass sie seinen Sohn mild behandeln. Auch gibt er jedes Mal, wenn der Tag kommt, an welchem ihm sein Sohn entrissen wurde, zwölf Sklaven frei. Davon habe ich auch schon gehört, entgegnete der Schreiber, aber man trägt sich mit wundervollen Reden; von seinem Sohne wurde dabei nichts erwähnt; wohl aber sagte man, er sei ein sonderbarer Mann und ganz besonders erpicht auf Erzählungen; da soll er jedes Jahr unter seinen Sklaven einen Wettstreit anstellen, und wer am besten erzählt, den gibt er frei. Verlasset euch nicht auf das Gerede der Leute, sagte der alte Mann, es ist so, wie ich es sage, und ich weiß es genau; möglich ist, dass er sich an diesem schweren Tage aufheitern will und sich Geschichten erzählen lässt; doch gibt er sie frei um seines Sohnes willen. Doch, der Abend wird kühl, und ich muss weitergehen. Salem aleikum, Friede sei mit euch, ihr jungen Herren, und denket in Zukunft besser von dem guten Scheik! Die jungen Leute dankten dem Alten für seine Nachrichten, schauten noch einmal nach dem trauernden Vater und gingen die Straße hinab, indem sie zueinander sprachen: Ich möchte doch nicht der Scheik Ali Banu sein. Nicht lange Zeit, nachdem diese jungen Leute mit dem alten Mann über den Scheik Ali Banu gesprochen hatten, traf es sich, dass sie um die Zeit des Morgengebets wieder diese Straße gingen. Da fiel ihnen der alte Mann und seine Erzählung ein, und sie beklagten zusammen den Scheik und blickten nach seinem Hause. Aber wie staunten sie, als sie dort alles aufs herrlichste ausgeschmückt fanden! Von dem Dache, wo geputzte Sklavinnen spazieren gingen, wehten Wimpeln und Fahnen, die Halle des Hauses war mit köstlichen Teppichen belegt, Seiden-stoff schloss sich an diese an, der über die breiten Stufen der Treppe gelegt war, und selbst auf der Straße war noch schönes, feines Tuch ausgebreitet, wovon sich mancher wünschen mochte zu einem Festkleid oder zu einer Decke für die Füße. Ei, wie hat sich doch der Scheik geändert in den wenigen Tagen! sprach der junge Schreiber. Will er ein Fest geben? Will er seine Sänger und Tänzer anstrengen? Seht mir diese Teppiche! Hat sie einer so schön in ganz Alessandria! Und dieses Tuch auf dem gemeinen Boden, wahrlich, es ist schade dafür! Weißt du, was ich denke?, sprach ein anderer. Er empfängt sicherlich einen hohen Gast; denn das sind Zubereitungen, wie man sie macht, wenn ein Herrscher von großen Ländern oder ein Effendi des Großherrn ein Haus mit seinem Besuch segnet. Wer mag wohl heute hier her kommen? Siehe da, geht dort unten nicht unser Alter von letzthin? Ei, der weiß ja alles und muss auch darüber Aufschluss geben können. Heda! Alter Herr! Wollet Ihr nicht ein wenig zu uns treten? So riefen sie; der alte Mann aber bemerkte ihre Winke und kam zu ihnen; denn er erkannte sie als die jungen Leute, mit welchen er vor einigen Tagen gesprochen. Sie machten ihn aufmerksam auf die Zurüstungen im Hause des Scheiks u. fragten ihn, ob er nicht wisse, welch hoher Gast wohl erwartet werde. Ihr glaubt wohl, erwi-derte er, Ali Banu feiere heute ein großes Freudenfest, oder der Besuch eines großen Mannes beehre sein Haus? Dem ist nicht also, aber heute ist der zwölfte Tag des Monats Ramadan wie ihr wisset, und an diesem Tag wurde sein Sohn ins Lager geführt. Aber beim Bart des Propheten! rief einer der jungen Leute. Das sieht ja alles aus wie Hochzeit und Fest-lichkeiten, und doch ist es sein berühmter Trauertag, wie reimt Ihr das zusammen? Gesteht, der Scheik ist denn doch etwas zerrüttet im Verstand. Urteilt Ihr noch immer so schnell, mein junger Freund? fragte der Alte lächelnd. Auch diesmal war Euer Pfeil wohl spitzig und scharf, die Sehne Eures Bogens straff angezogen, und doch habt Ihr weitab vom Ziele geschossen. Wisset, dass heute der Scheik seinen Sohn erwartet. So ist er gefunden? riefen die Jünglinge und freuten sich. Nein, und er wird sich wohl lange nicht finden; aber wisset: Vor acht oder zehn Jahren, als der Scheik auch einmal mit Trauern und Klagen diesen Tag beging, auch Sklaven freigab und viele Arme speiste und tränkte, da traf es sich, dass er auch einem Derwisch, der müde und matt im Schatten jenes Hauses lag, Speise und Trank reichen ließ. Der Derwisch aber war ein heiliger Mann und erfahren in Prophezeiungen und im Stern-deuten. Der trat, als er gestärkt war durch die milde Hand des Scheiks, zu ihm u. sprach: ‚Ich kenne die Ursache deines Kummers; ist nicht heute der zwölfte Ramadan, und hast du nicht an diesem Tage deinen Sohn verloren? Aber sei getrost, dieser Tag der Trauer wird dir zum Festtag werden, denn so wisse, an diesem Tage wird einst dein Sohn zurückkehren! So sprach der Derwisch. Es wäre Sünde für jeden Muselmann, an der Rede eines solchen Mannes zu zweifeln; der Gram Alis wurde zwar dadurch nicht gemildert, aber doch harrt er an diesem Tage immer auf die Rückkehr seines Sohnes und schmückt sein Haus und seine Halle und die Treppen, als könne jener zu jeder Stunde anlangen. Wunderbar!, erwiderte der Schreiber. Aber zusehen möchte ich doch, wie alles so herrlich bereitet ist, wie er selbst in dieser Herrlichkeit trauert, und hauptsächlich möchte ich zuhören, wie er sich von seinen Sklaven erzählen lässt. Nichts leichter als dies, antwortete der Alte. Der Aufseher der Sklaven jenes Hauses ist mein Freund seit langen Jahren und gönnt mir an diesem Tage immer ein Plätzchen in dem Saal, wo man unter der Menge der Diener u. Freunde des Scheiks den einzelnen nicht bemerkt. Ich will mit ihm reden, dass er euch einlässt; ihr seid ja nur zu viert, und da kann es schon gehen; kommet um die neunte Stunde auf diesen Platz, und ich will euch Antwort geben. So sprach der Alte; die jungen Leute aber dankten ihm und entfernten sich, voll Begierde zu sehen, wie sich dies alles begeben würde. Sie kamen zur bestimmten Stunde auf den Platz vor dem Hause des Scheik und trafen da den Alten, der ihnen sagte, dass der Aufseher der Sklaven erlaubt habe, sie einzu-führen. Er ging voran, doch nicht durch die reich geschmückten Treppen und Tore, sondern durch ein Seiten-pförtchen, das er sorgfältig wieder verschloss. Dann führte er sie durch mehrere Gänge, bis sie in den großen Saal kamen. Hier war ein großes Gedrän-ge von allen Seiten; da waren reichgekleidete Männer, angesehene Herren der Stadt und Freunde des Scheik, die gekommen waren, ihn in seinem Schmerz zu trösten. Da waren Sklaven aller Art und aller Nationen. Aber alle sahen kummervoll aus; denn sie liebten ihren Herrn und trauerten mit ihm. Am Ende des Saales, auf einem reichen Diwan, saßen die vornehmsten Freunde Alis und wurden von den Sklaven bedient. Neben ihnen auf dem Boden saß der Scheik; denn die Trauer um seinen Sohn erlaubte ihm nicht, auf dem Teppich der Freude zu sitzen. Er hatte sein Haupt in die Hand gestützt und schien wenig auf die Tröstungen zu hören, die ihm seine Freunde zuflüsterten. Ihm gegenüber saßen einige alte und junge Männer in Sklaventracht. Der Alte belehrte seine jungen Freunde, dass dies die Sklaven seien, die Ah Banu an diesem Tage freigebe. Es waren unter ihnen auch einige Franken, und der Alte machte besonders auf einen von ihnen aufmerksam, der von ausgezeichneter Schönheit und noch sehr jung war. Der Scheik hatte ihn erst einige Tage zuvor einem Sklavenhändler von Tunis um eine große Summe abgekauft und gab ihn dennoch jetzt schon frei, weil er glaubte, je mehr Franken er in ihr Vaterland zurückschicke, desto früher werde der Prophet seinen Sohn erlösen. Nachdem man überall Erfrischungen umher gereicht hatte, gab der Scheik dem Aufseher der Sklaven ein Zeichen. Dieser stand auf, und es ward tiefe Stille im Saal. Er trat nun vor die Sklaven, welche freigelassen werden sollten, und sprach mit vernehm-lichen Stimme: Ihr Männer, die ihr heute frei sein werdet durch die Gnade meines Herrn Ali Banu, des Scheik von Alessandria, tuet nur, wie es Sitte ist an diesem Tage in seinem Hause, und hebet an zu erzählen! Sie flüsterten untereinander. Dann aber nahm ein alter Sklave das Wort und fing an zu erzählen ...

 

 

 

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255.  ©The Sheik of Alessandria and the slaves

 

The Sheik of Alessandria, Ali Banu, was a strange man; when he walked through the streets of the city in the morning, dressed in a turban woven from the most costly cashmeres, with the robe and the rich girdle worth fifty camels, when he went along with slow, solemn steps, his forehead wrinkled darkly, his eyebrows drawn together, his eyes downcast, and thoughtfully stroking his long black beard every five paces; when he went to the mosque to lecture the believers on the Koran, as his dignity demanded, people would stop in the street, look after him and say to one another, "He's a handsome, stately man, and rich, a rich gentleman, added another, very rich; Doesn't he have a lock at the port of Stambul? Does he not have estates and fields and many thousands of cattle and many slaves? Yes, said a third, and the Tartar, who recently came to him from Stambul, sent to him by the grand lord himself, whom the Prophet may bless, said to me that our sheik was very well respected by Reis Effendi, by Kapidji Bashi, by everyone, yes by the sultan himself. Yes, cried a fourth, his steps are blessed; he's a rich, distinguished gentleman, but, but, you know what I mean! Yes / Yes! the others then murmured in between, it's true, he also has something to wear, don't want to swap places with him; is a rich, noble gentleman; but but! Ali Banu had a splendid house in the most beautiful square of Alessandria; in front of the house here was a wide terrace, walled with marble, shaded by palm trees; he often sat there in the evenings and smoked his hookah. At a respectful distance twelve richly dressed slaves awaited his signal; one carried his betel, the other held his parasol, a third had vessels of solid gold filled with precious sherbet, a fourth carried a frond of peacock feathers to scare away the flies from near the Lord; others were singers, and carried lutes and wind instruments to delight him with music when he desired it, and the most learned of all carried several scrolls to read to him. But they waited in vain for his sign; he did not want music or singing, he did not want to hear the sayings or poems of the wise poets of old, he would not eat sorbet or chew betel, yes, even he with the peacock feather fan had vain work; for the gentleman did not notice when a fly swarmed around him, buzzing. The passers-by often stopped and marveled at the splendor of the house, at the richly dressed slaves and at the comfort with which everything was provided; but when they then looked at the Sheik, as he sat so grave and somber under the palm trees, never turning his eyes to the bluish clouds of his hookah, they shook their heads and said: Truly, the rich man is a poor man. He who has much is poorer than he who has nothing; for the Prophet did not give him the mind to enjoy it. So people talked, laughed at him and moved on. One evening, when the Sheik was again sitting in front of the door of his house, surrounded by all the splendor of the earth, and smoking his hookah sadly and lonely, some young people stood not far away, looked at him and laughed. Verily, said one, that is a foolish man, the Sheik Ali Banu; If I had his treasures, I would use them differently. Every day I wanted to live gloriously and in joy; my friends should dine with me in the great chambers of the house, and rejoicing and laughter should fill these sad halls. Yes, replied another. That wouldn't be so bad; but many friends consume a good, even if it be as great as that of the sultan, whom the prophet blesses; but if I were to sit here in the evening under the palm trees on this beautiful square, the slaves there would have to sing and play music for me, my dancers would have to come and dance and jump and perform all sorts of strange pieces. In addition, I smoked the water pipe in a very elegant way, had the delicious sorbet handed to me and enjoyed all this like a king of Baghdad. The Sheik, said a third of this young people who was a scribe, the Sheik is said to be a learned and wise man, and indeed his lectures on the Qur'an show erudition in all poets and scriptures of wisdom; but is his life set up in a way that befits a reasonable man? There stands a slave with an armful of scrolls; I would give my dress to read just one of them now; for they are certainly rare things. But he? He sits and smokes and leaves books, books. If I were the Sheik Ali Banu, the fellow would have to read to me until he couldn't breathe or until night came; and even then he would have to read me until I fell asleep. Ha! You know me right how to arrange a delightful life, laughed the fourth; eat and drink, sing and dance, read proverbs and hear poems from poor poets! No, I would do it completely differently. He has the most beautiful horses and camels and lots of money. Then I would travel in his place, travel to the end of the world and even to the Muscovites, even to the Franks. No way would be too far for me to see the glories of the world. That's what I would do if I were that man over there. Youth is a beautiful time and old age when one is happy, said an unassuming old man who was standing next to them and had heard their speeches, but allow me to say it, youth is also foolish and babbles here and there in the day without knowing what she is doing. What are you trying to say, old man? asked the young people in amazement. Do you mean us? What is it to you that we criticize the way of life of the Sheik? If one knows something better than the other, let him correct his error, so wills the Prophet, replied the old man, the Sheik, it is true, is blessed with treasures and has everything the heart desires, but he has cause to be grave and sad. Do you think he was always like that? No, I saw him fifteen years ago when he was lively, as vigorous as a gazelle and lived happily and enjoyed his life. At that time he had a son, the joy of his days, beautiful and educated, and whoever saw him and heard him speak had to envy the Sheik this treasure, for he was only ten years old, and yet he was already as learned as hardly anyone else in the eighteenth. And did he die? The poor Sheik! cried the young clerk. It would be so comforting for him to know that he had gone home to the Prophet's abodes, where he lived better than in Alessandria; but what he experienced is far worse. It was the time when the Franks came over to our country like hungry wolves and waged war with us. They had conquered Alessandria and from there they went on and on, fighting the Mamluks. The Sheik was a wise man and got on well with them; but whether it was because they lusted after his treasures or because he cared for his believing brothers, I do not know exactly; in short, they came to his house one day and accused him of having secretly supported the Mamluks with arms, horses, and food. He could prove his innocence however he wanted, it was no use, the Franks are a rough, hard-hearted people when it comes to extorting money. So here they took his young son, whose name was Kairam, as a hostage in their camp. He offered them much money for him; but they did not release it and wanted to increase it to a still higher bid. Suddenly their Bassa, or whatever it was, gave them the order to embark; no one in Alessandria knew a word of it and suddenly they were on the high seas and they must have been dragging little Kairam, Ali Banu's son, with them, for he was never heard from again. O' the poor man, how Allah has smitten him! cried the young people in unison and looked pityingly at the Sheik who, surrounded by glory, sat mourning and lonely under the palm trees. His wife, whom he loved dearly, died in grief for her son; but he himself bought a ship, fitted it out and persuaded the Frankish doctor, who lives down there by the well, to travel with him to Frankistan to seek out his prodigal son. They embarked and were long at sea and finally came to the land of those Giaurs, those infidels who had been in Alessandria. But it's said to have been terrible there. They had killed their sultan, and the pashas and the rich and poor cut off each other's heads, and there was no order in the land. They searched in vain for little Kairam in every town, nobody wanted to know about him, and the Frankish doctor finally advised the Sheik to embark, because otherwise they might lose their heads themselves. So they came back and since his arrival the Sheik has lived as he did on this day, for he mourns for his son and he is right. Mustn't he think, when he eats and drinks, Now, must my poor Kairam hunger and thirst? And when he dresses in rich shawls and festive dresses, as his office and dignity demand, must he not think that he has nothing to cover his nakedness with? And when he's surrounded by singers and dancers and readers, his slaves, doesn't he think, now my poor son must show his Franconian master his leaps and make music the way he wants it? And what causes him the greatest sorrow, he believes that little Kairam, so far from the land of his fathers and in the midst of unbelievers who mock him, will renounce the faith of his fathers and that one day he will not be able to embrace him in the gardens of the paradise! That is why he is so kind to his slaves and also gives large sums to the poor; for he thinks that Allah will reward him and touch the hearts of his Frankish masters that they treat his son kindly. Also, every time the day comes when his son is taken away from him, he frees twelve slaves. I've heard of that, too, replied the clerk, but one carries oneself with wonderful speeches; nothing was mentioned about his son; but it was said that he was a strange man and particularly fond of stories; every year he is to hold a contest among his slaves, and whoever tells the best story he releases. Don't trust people's gossip, said the old man, it's like I say it, and I know it very well; it is possible that he wants to cheer himself up on this difficult day and let stories be told; yet he releases them for the sake of his son. Yes, the evening is getting chilly and I have to move on. Salem aleikum, peace be with you, you young gentlemen, and think better of the good Sheikh in the future! The young people thanked the old man for his news, looked once more at the grieving father and went down the street saying to each other: I don't want to be the Sheik Ali Banu. Not long after these young people had talked to the old man about the Sheik Ali Banu, it so happened that around the time of the morning prayer they were walking this road again. Then they remembered the old man and his story, and together they lamented the Sheik and looked to his house. But how amazed they were when they found everything there beautifully decorated! Pennants and flags waved from the roof, where dressed slave girls walked, the hall of the house was covered with rich carpets, followed by silk which was laid over the wide steps of the stairway, and even the street was still beautiful , fine cloth spread out, which many might wish for a festival dress or for a blanket for the feet. Oh, how the Sheik has changed in just a few days! said the young clerk. Does he want to throw a party? Does he want to exert his singers and dancers? Look at these carpets! Has anyone so beautiful in all of Alessandria! And this cloth on the common ground, verily, it is a pity for it! Do you know what I'm thinking? said another. He is certainly receiving a distinguished guest; for these are preparations such as are made when a ruler of great lands, or an effendi of the great lord, blesses a house with his visit. Who might come here today? Lo and behold, isn't our old age walking down there? Hey, he knows everything and must also be able to provide information about it. Heda! Old man! Won't you join us a little? So they cried; but the old man, noticing their gestures, came to them; for he recognized them as the young people with whom he had spoken a few days ago. They drew his attention to the preparations in the Sheik's house and asked him whether he knew what distinguished guest was expected. You think, he replied, that Ali Banu is celebrating today a great celebration, or the visit of a great man honor his house? It is not so, but today is the twelfth day of the month of Ramadan, as you know, and on that day his son was taken into the camp. But by the beard of the prophet! shouted one of the young people. It all looks like a wedding and festivities, and yet it's his famous day of mourning, how do you put that together? Admit it, the Sheik's mind is a bit shattered. Do you still judge so quickly, my young friend? asked the old man smiling. This time, too, your arrow was pointed and sharp, the string on your bow was drawn taut, and yet you shot far from the target. Know that today the Sheik is expecting his son. So is he found? cried the youths and rejoiced. No, and he probably won't find each other for a long time; but know: Eight or ten years ago, when the Sheik once celebrated this day with mourning and lamentation, also freed slaves and fed and watered many poor people, it so happened that he also met a dervish who was tired and weak in the shadow of that lay in the house, had food and drink served. But the dervish was a holy man and skilled in prophecy and astrologers. When he was strengthened by the Sheik's gentle hand, he stepped up to him and said: 'I know the cause of your grief; Isn't today the twelfth of Ramadan, and didn't you lose your son on this day? But be of good cheer, this day of mourning will turn into a holiday for you, because know that your son will return on this day! Thus spoke the dervish. It would be a sin for any Muselmann to doubt the speech of such a man; Ali's grief was not alleviated by this, but on this day he always awaits his son's return and decorates his house and his hall and the stairs as if he could arrive at any hour. Wonderful! replied the scribe. But I want to see how everything is so gloriously prepared, how he himself mourns in that glory, and mostly I want to hear how he is told by his slaves. Nothing easier than that, answered the old man. The overseer of the slaves in that house has been my friend for many years and on these days he always allows me a little spot in the hall where one does not notice the individual among the crowd of servants and friends of the Sheik. I want to speak to him that he will let you in; there are only four of you, and that's okay; come to this place about the ninth hour, and I will answer you. Thus spoke the old man; but the young people thanked him and went away, eager to see how all this would turn out. They came to the square in front of the Sheik's house at the appointed hour and there met the old man, who told them that the overseer had allowed the slaves to be brought in. He led the way, but not through the richly decorated stairs and gates, but through a little side gate, which he carefully locked again. Then he led them through several corridors until they came to the great hall. Here there was a great throng on all sides; there were richly dressed men, notable lords of the city, and friends of the Sheik who had come to comfort him in his grief. There were slaves of all kinds and all nations. But all looked sorrowful; for they loved their Lord and mourned with him. At the end of the hall, on a rich divan, sat Ali's most distinguished friends and were served by the slaves. Next to them on the floor sat the Sheik; for mourning for his son did not allow him to sit on the carpet of joy. He had his head in his hands and seemed to pay little heed to the consolations whispered to him by his friends. Across from him sat some old and young men in slave garb. The old man taught his young friends that these were the slaves that Ah Banu was freeing that day. There were also some Franks among them, and the old man drew special attention to one of them, who was of excellent beauty and still very young. The Sheik had bought him for a large sum from a slave trader in Tunis just a few days earlier, and he was already releasing him because he believed that the more francs he could bring to their fatherland send back, the sooner the Prophet will redeem his son. After refreshments had been passed around, the Sheik signaled to the overseer of the slaves. He got up and there was deep silence in the hall. He now stood before the slaves who were about to be set free and spoke in a loud voice: You men, who will be free today by the grace of my lord Ali Banu, the Sheik of Alessandria, do only as is customary this day in his house, and begins to tell! They whispered to each other. But then an old slave took the floor and began to tell ...