220.   ©Lohn und Strafe

 

In einem Dorf lebten zwei Nachbarn, von denen hatte der eine hundert Schafe, der andere nur drei. Da sprach der Arme zum Reichen: Lasse doch meine Schafe bei deinen weiden, das wirst du ja nicht spüren; denn er selbst hatte keinen Weideplatz. Der Reiche wollte nicht recht, ließ es aber endlich zu; der Knabe des Armen trieb die drei Schafe aufs Feld zu den Schafen des Nachbars und blieb da zur Hut. Nach einiger Zeit geschah es, dass der König zum reichen Manne schickte und von ihm ein fettes Schaf verlangte. Der Reiche konnte das dem König nicht abschlag-en, aber es fiel ihm doch auch zu schwer, von seinen hundert Schafen eines zu verlieren; drum befahl er seinen Knechten, eines von den dreien des armen Mannes zu fangen und den Dienern des Königs zu übergeben. So taten die Knechte; aber der Junge des Armen weinte sehr, als man sein Schaf fortschleppte. Bald darauf verlangte der König ein zweites Schaf vom reichen Mann; der befahl wieder seinen Knechten, man solle eines von denen des Armen geben. So geschah es, und der Junge weinte noch mehr, als man sein zweites Schaf wegführte. Er dachte aber bei sich: Der König wird bald noch ein Schaf wollen, und die Knechte des reichen Nachbars werden dir auch das letzte nehmen; besser ist es, du machst dich damit beizeiten fort! So tat er auch und zog weit, weit weg auf ein hohes Gebirge; da war Weide genug und frisches Wasser, und sein Schaf hatte es gut. Nach einigen Tagen sprach der Arme bei sich: Du willst einmal hinausgehen und sehen, was dein Junge und deine Schafe machen! Als er aber zur Herde kam und die Knechte nach seinem Jungen fragte, sagten sie: Zwei von Euren Schafen haben wir auf Befehl unsers Herrn dem König geschickt; mit dem letzten ist Euer Junge fort in die Welt! Da jammerte der Arme und sprach: Wo werde ich ihn nun finden? Er machte sich aber gleich auf und ging fort, um ihn zu suchen; doch sah er lange keine Spur. Er fragte nun die Sonne, ob sie ihm nicht Weg und Steg zeigen könne. Die wusste es leider nicht; endlich kam er zum Wirbelwind, der sah ganz wild aus. Der Arme fragte ihn auch, ob er nicht wisse, wo sein Sohn sich aufhalte. Ei, freilich weiß ich’s; ich ziehe eben hin und nehme dich mit! Indem hob ihn der Wirbelwind auf und rührte ihn im Nu aufs Gebirge zu seinem Sohn, der war in einem Tal, welches die Sonne nie beschien. Der Arme freute sich, als er ihn sah und hörte, wie er das Schaf gerettet habe. Jetzt aber, sprach er, wollen wir beide hier bleiben und darauf sorgen, denn das ist nun unser ganzer Reichtum! Nach einiger Zeit geschah es, das zwei Wanderer über das Gebirge herkamen und bei dem Armen anhielten und sich lagerten; es waren aber Christus und Petrus. Da sprach Christus: Wir sind weit gereist und müde und so hungrig, dass wir sterben müssen, wenn wir nicht bald ein wenig Fleisch bekommen. Der Arme erbarmte sich und sprach sogleich: Da kann ich helfen! Er ging schnell und brachte sein Schaf und schlachtete es und machte ein Feuer an und briet davon ein gutes Stück für seine Gäste, und das schmeckte diesen auch ganz vortrefflich. Nach dem Mahle sprach Christus zum Knaben des Armen, er solle nur die Knochen zusammenlesen und alle ins Schafsfell legen. Das tat der Junge, und darauf legten sie sich miteinander zum Schlafen. Ganz früh aber stand Christus mit Petrus auf, segneten den Armen mit seinem Jungen und zogen still ab. Als der Arme mit seinem Jungen erwachte, sah er um sich eine große Herde Schafe, und vorn stand sein Schaf, das er am Abend geschlachtet hatte, ganz frisch und gesund und trug einen Zettel auf der Stirn; darauf stand: Alle gehören dem Armen und seinem Jungen! Drei Hunde sprangen um sie herum und taten freundlich. Der Arme konnte seine Freude und sein Glück nicht verborgen halten; er zog mit der Herde heim. Da kam das ganze Dorf zusammen, als er anlangte, um die vielen und schönen Schafe zu sehen, und der Arme musste oft und oft erzählen, wie er durch die zwei armen Wanderer zu dem Glück gekommen sei. Dem reichen Nachbar ließ aber der Neid keine Ruhe; er dachte bei sich: Wenn das so ist, so musst du bald noch mehr bekommen! Er ging hinaus, ließ alle armen Wanderer und Bettler zusammenrufen, schlachteten alle Schafe und briet ihnen das Fleisch u. setzte es ihnen vor. Dann legte er sorgfältig alle Knochen zusammen, in das Fell eines jeden Schafes diejenigen, die hingehörten, u. legte sich dann mit den Wanderern u. Bettlern nieder. Allein er konnte nicht schlafen, sondern überrechnete in seinen Gedanken immerfort bis an den Morgen, wie viele Schafe er mehr haben müsse als sein Nachbar, da er hundert geschlachtet habe und jener nur eines. Als der neue Tag sich entzündete, sprang er auf und wollte die große Herde übersehen. Aber da lagen noch alle Knochen im Fell und nichts regte und rührte sich. Ha, dachte er, jetzt weißt du, woran es hängt: Die Wanderer u. Bettler hätten schon fort sein müssen! Auf, ihr Lumpen, packt euch einmal! Aber die rührten sich nicht, bis die Sonne hoch am Himmel stand, und seine Schafe waren dahin und hatten sich nicht verhundertfacht. Nun jammerte und fluchte er, dass er um all sein Gut gekommen war, ging hin und ersäufte sich. Der Arme aber blieb reich u. glücklich, und man erzählt noch, sein Junge habe später die Königstochter geheiratet.

 

 

 

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220.  ©Reward and Punishment

 

In a village lived two neighbors, one of whom had a hundred sheep, the other only three. Then the poor man said to the rich man: Let my sheep graze with yours, you won't feel that; for he himself had no pasture. The rich man didn't really want to, but finally allowed it; the poor man's boy drove the three sheep into the field to the neighbor's sheep and stayed there to guard. After some time it happened that the king sent to the rich man and asked him for a fat sheep. The rich man could not refuse the king, but it was too difficult for him to lose one of his hundred sheep; so he commanded his servants to catch one of the poor man's three and hand it over to the king's servants. So did the servants; but the poor boy cried a great deal when his sheep were carried away. Soon after, the king asked the rich man for a second sheep; He again commanded his servants to give one of the poor man's. It was so, and the boy cried even more when his second sheep was taken away. But he thought to himself: The king will soon want another sheep, and the servants of the rich neighbor will also take the last one from you; it is better that you get on with it in good time! So he did, and went far, far away to a high mountain; there was enough pasture and fresh water, and his sheep had it good. After a few days the poor man said to himself: You want to go out and see what your boy and your sheep are doing! But when he came to the flock and asked the servants about his boy, they said: We sent two of your sheep to the king by command of our lord; with the last one your boy is gone into the world! Then the poor man wailed and said, Where shall I find him now? But he got up at once and went to look for him; but for a long time he saw no trace. He now asked the sun if she could show him the way and footbridge. Unfortunately, she didn't know; Finally he came to the whirlwind, who looked wild. The poor man also asked him if he didn't know where his son was. Ah, of course I know it; I'm going and taking you with me! Meanwhile the whirlwind picked him up and in no time swept him up the mountains to his son, who was in a valley where the sun never shone. The poor man rejoiced when he saw him and heard how he saved the sheep. But now, he said, we both want to stay here and take care of it, because that's our whole wealth! After some time it happened that two travelers came over the mountains and stopped by the poor man and camped; but it was Christ and Peter. Then said Christ: We have traveled far and are weary and so hungry that we must die if we do not have a little meat soon. The poor man took pity on him and said immediately: I can help there! He went quickly and brought his sheep and slaughtered it and made a fire and roasted a good piece of it for his guests, and they liked it very well. After the meal, Christ said to the poor boy that he should only collect the bones and put them all in the sheepskin. The boy did so, and then they lay down to sleep together. Very early, however, Christ got up with Peter, blessed the poor with his boy and quietly departed. When the poor man woke up with his boy, he saw a large flock of sheep around him, and in front stood his sheep, which he had slaughtered in the evening, very fresh and healthy and had a label on its forehead; it said: All belong to the poor man and his boy! Three dogs jumped around her and acted friendly. The poor man could not hide his joy and happiness; he went home with the flock. There the whole village came together when he arrived to see the many and beautiful sheep, and the poor man had to tell time and time again how he had gotten lucky from the two poor wanderers. But envy would not leave the rich neighbor in peace; he thought to himself: If that's the case, then you must be getting more soon! He went out, summoned all the poor wanderers and beggars, slaughtered all the sheep and fried their meat and set it before them. Then he carefully put all the bones together, in each sheep's skin those that belonged, & then lay down with the wanderers & beggars. But he could not sleep, but kept calculating in his thoughts until morning how many more sheep he must have than his neighbor, since he had slaughtered a hundred and the latter only one. As the new day kindled, he jumped up and tried to survey the great flock. But there were still all the bones in the fur and nothing moved and moved. Ha, he thought, now you know what it's all about: the wanderers and beggars should have left by now! Up, you rags, pack up! But they didn't move until the sun was high in the sky, and his sheep were gone and hadn't multiplied a hundredfold. Now he wailed and cursed that he had lost all his wealth, and went and drowned himself. But the poor man remained rich and happy, and it is said that his boy later married the king's daughter.