209.  ©Frühstück ist fertig

 

Irgendwo zwischen Khachuraho und Varanasi hielt der Zug auf freier Strecke. Ein dünner Mann betrat mein Abteil. Er trug eine bis zu den Knöcheln fallende Hose, die wie eine Schlafanzugshose ausschaut und hier Legan genannt wird, dazu über seine nackte Brust eine bis zu den Knien reichende zerschlissene Jacke von undefinierbarer Farbe, es schien, dass sie vor Zeiten zu einer Uniform eines wohl doch größeren Mannes gehört hatte, ebenso wie seine verbeulte Schirmmütze, die er auf dem Kopf trug. Die Züge seines tief gebräunten faltenlosen Gesichts, die flinken schwarzen Augen, seine beinahe ins Violette übergehende schmalen Lippen, das unter der Mütze hervor lugende ebenholzschwarze Haar, sein hagerer Körper ließen nur schwer sein Alter einzuschätzen zu, obgleich er vom Auf-treten, vom Gehabe her ein schon an Jahren nicht armer Mann sein musste. Er neigte leicht den Oberkörper, legte dabei die Handinnenflächen gegeneinander u. hob sie bis unter sein Kinn, das von einem leicht ergrauten Bärtchen geziert war, er richtete seine Augen aber nicht gegen den Boden, sondern mir, als forschte er, ins Gesicht. Auf nackten Füßen stand er da und frug mit einer unerwartet dumpfen Stimme und in einem merkwürdigen doch ver-ständlichen Englisch, ob ich ein Frühstück haben möchte. Seine Frage erstaunte umso mehr, als der Zug keinen Speisewagen hatte. Dennoch bejahte ich, wählte Tee und Ei auf Curry, was anderes gab es nicht. Der Inder nahm meine Bestellung entgegen, verließ das Abteil und dann den Zug. Er lief querfeldein, einer bestimmten Richtung folgend, an deren Endpunkt ein Dorf auszumachen war. Dorthin verschwand er, tauchte aber bald wieder auf und im Näherkommen war ein Behälter zu erkennen, den er an der Hand trug. Er langte beim Zug an, betrat abermals mein Abteil und stellte den Behälter ab. Er klappte am Abteilfenster eine Ablage nieder, öffnete den Behälter, hob Besteck, eine Tasse und eine Kanne heraus, stellte alles auf die Ablage, und brachte dann aus dem Behälter einen in Leinentuch eingepackten Teller hervor. Er entfernte das Tuch, Toast und Ei auf Curry kamen zum Vorschein. Er verneigte sich freundlich und verließ das Abteil. Der Zug stand immer noch, und der Wind blies, der schlechten Ver-brennung der Lokomotive halber, Kohlenstaub durch das an seinen Scheiben ermangelnde Fenster. Trotzdem ließ ich mir das Frühstück munden. Nachdem ich es beendet hatte, kam der Inder zurück, sammelte alles ein, verstaute es im Behälter, verließ das Abteil, dann den Zug und lief abermals zum Dorf. Als er zurückkam, gab er dem Lok-führer ein Zeichen, und der Zug setzte sich schnaufend und ächzend in Bewegung. Nun dachte ich, mein freundlicher Wirt käme wieder, um einen Obolus für die Bewirtung zu kassieren. Er kam aber nicht, also ging ich hinaus auf den Gang ihn zu suchen. Ich fand ihn auch und frug ihn, was ich für das Frühstück zu bezahlen habe. Er schüttelte den Kopf, gab mir zu verstehen, dass ich nichts zu bezahlen hätte, da ich erster Klasse führe. Ich machte ihm deutlich, dass dem so sein mochte, mir aber die eigenwillige Frühstücksbeschaffung gefallen habe, und dass er immerhin weit gelaufen sei, und das bei der herrschenden Hitze und drückte ihm ein paar Geldscheine in die Tasche seiner zer-schlissenen Jacke. Er sah nicht nach, wie viel ich ihm gegeben hatte, er bedankte sich nur. Viel später, wieder daheim, trug ich die Geschichte vor und niemand nahm sie mir ab, obgleich es so geschehen war. Und immer noch sehe ich diesen hageren Inder, der bestimmt nicht mehr einer der Jüngsten war, eilen, als geschähe es in diesem Moment, und Kohlenstaub liegt mir zwischen Ei auf Curry und Tee auf der Zunge.

 

 

 

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209.  ©Breakfast is ready

 

The train stopped somewhere between Khachuraho and Varanasi. A thin man entered my compartment. He wore trousers that fell to his ankles, which look like pajamas and are called Legan here, and a tattered jacket of indefinable color over his bare chest that reached down to his knees; it seemed that, long ago, she was wearing a uniform but had belonged to a bigger man, as well as his battered peaked cap, which he wore on his head. The features of his deeply tanned, wrinkled face, the nimble black eyes, his narrow lips almost blending into violet, the ebony-black hair peeking out from under his cap, his lean body made it difficult to assess his age, although he was from the appearance, from the demeanor had to be a man who had not been poor for years. He inclined his upper body slightly, put his palms against each other and lifted them up to under his chin, which was adorned with a slightly gray mustache, but he did not direct his eyes towards the ground, but into my face, as if he were researching. He stood there on bare feet and asked in an unexpectedly dull voice and in a strange but understandable English whether I would like to have breakfast. His question was all the more astonishing since the train had no dining car. Nevertheless, I said yes, I chose tea and egg on curry, there was nothing else. The Indian took my order, left the compartment and then the train. He ran across country, following a certain direction, at the end of which a village could be made out. There he disappeared, but soon reappeared and as he approached a container could be seen that he was carrying by the hand. He reached the train, went back into my compartment and put the container down. He put down a shelf on the compartment window, opened the container, took out cutlery, a cup and a jug, put everything on the shelf, and then brought out a plate wrapped in linen from the container. He removed the cloth, toast and egg on curry appeared. He bowed gently and left the compartment. The train was still standing, and the wind was blowing coal dust through the lack of window panes, because of the bad combustion of the locomotive. Still, I had breakfast. After I had finished, the Indian came back, gathered everything, stowed it in the container, left the compartment, then the train and ran back to the village. When he came back he gave the driver a signal and the train began to move, puffing and groaning. Now I thought my friendly host would be back to collect a fee for the hospitality. But he didn't come, so I went out into the corridor to look for him. I found him too and asked him what to pay for breakfast. He shook his head, indicating that I had nothing to pay for, as I lead first class. I made it clear to him that it might be so, but I liked the idiosyncratic way of getting breakfast, and that he had at least walked a long way, and that in the prevailing heat, and pushed a few banknotes into the pocket of his tattered jacket. He didn't look how much I'd given him, he just thanked him. Much later, back home, I told the story and no one took it from me, even though it had happened that way. And I still see this lean Indian, who was definitely no longer one of the youngest, hurrying as if it were happening at that moment, and coal dust lies on my tongue between egg on curry and tea.