195.  ©Blut ...

 

Die Wolken brannten blutrot, als die Sonne die Stadt verließ. Wie in Trance schleppte sie ihren Körper durch die Straßen. Zuerst hatte sie sich kalt gefühlt, aber jetzt war ihr Körper warm, wie das Blut, das sich an ihrem Arm aufgestaut hatte. Ihre Bluse klebte dort fest, jetzt fast trocken, aber immer noch eine schmerzhafte Erinnerung an das, was vor einer kleinen Ewigkeit geschehen war. Wohin sie ging, wusste sie nicht, nur eines wusste sie nicht, dass sie nicht nach Hause gehen konnte, vielleicht nie wieder. Dann, als sie noch einmal in den Himmel schaute, weg von der Sonne in die aufsteigende Dunkelheit, spürte sie wieder die Traurigkeit. Sie war ganz allein, es gab niemanden sonst. Vor ihr erschien plötzlich ein Tor aus rostigem Eisen, fast doppelt so groß wie sie, und dahinter befand sich der Ort, nach dem sie sich so lange gesehnt hatte. Sie wusste von dem Loch im Zaun, das nur wenige Meter entfernt war, und nachdem sie sich durch das Loch gezwängt hatte, ging sie hinüber zu dem Grab unter der Trauerweide. Langsam sank sie auf die Knie und legte ihren schweren Körper auf die Steinplatte. Sie könnte jetzt, in diesem Moment, hier sterben; tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie es wollte, denn dann könnte sie für immer hier bleiben. Sie nahm das Taschenmesser aus ihrer Jeans. Es gehörte ihrem Vater. Selbst als sie ein Kind war, hatte er es immer mit sich herumgetragen. Er hatte es erst vor wenigen Tagen verlegt und sie hatte es gefunden. Sie setzte sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an den Grabstein. Sie schob den Ärmel ihrer seidigen Bluse hoch. Ihr Arm zuckte, als sie etwas getrocknetes Blut aus der Wunde riss. Langsam wälzte sie sich von dem tiefen Schnitt, der so schön war, wieder auf. Es ist etwas ganz Besonderes; Blut. Nichts warme Nässe zu stecken. Die Dunkelheit hatte sie nun fast umzingelt, als sie den verdreckten Finger auf ihre Wange legte. Sanft streichelte sie ihn über ihre Haut, dann über ihre Lippen. So weich, so menschlich. So nahm Sie das Messer und öffnete es. Rostfreier Stahl mit rotem Kunststoff. Eigentlich nichts Besonderes. In diesem Moment sah sie wieder die Gesichter ihrer Eltern, die zu früh von der Arbeit gekommen waren. Sie hatte sie nicht hereinkommen hören, weil sie die Musik zu laut aufgedreht hatte. Sie hassten das; sogar sie selbst zog die Stille vor, die sie jetzt umgab. Aber sie hatte sie, die Musik, gebraucht, weil sie Angst gehabt hatte, nicht mehr. Auch wenn ihre Eltern sie immer noch wie einen Teenager behandelten, war sie jetzt älter, und sie wusste, was sie tat, tun würde, jetzt. Sie legte die scharfe Seite des Messers auf die weiche Haut zwischen der Wunde und ihrer Hand. Sie wusste jetzt, dass sie keine Angst mehr zu haben brauchte. Langsam machte sie kleine Schnitte, und als die ersten Tränen ihres warmen Blutes auf den Stein unter ihr fielen, schaute sie auf und sah ihn. Er war zu weit weg, als dass sie ihn erkennen konnte, aber sie wusste, dass er es war. Er war hier, um sie zu retten, um sie mitzunehmen, und er würde sie nie wieder verlassen. Tränen kullerten ihr über die Wange, wie das Blut auf ihrem Arm. Sie hatte es geliebt, wenn er sie dort mit seinen warmen Lippen geküsst hatte. Zuerst auf die Stirn, dann auf die Schläfe und schließlich hatte er sie sanft auf die Wange gedrückt. Sie spürte, wie sich die Kälte in ihr ausbreitete, da er immer noch an derselben Stelle stand und sich nicht bewegte. In ihrem Kopf begann der Kampf zwischen der Wärme und der Dunkelheit, die sie umgab. Dann sah sie es wieder, das Bild, das sie so tief in ihre Erinnerung gebannt hatte, das Bild, das nur manchmal in ihren Träumen dann erschien, immer noch. Das Bild von ihm, blutgetränkt. Und das Blut wird uns zusammenbringen, für immer. Ihre Augen starrten ihn an, als ihre Lippen sich kaum bewegten, aber er stand einfach da und bewegte sich nicht. Er sollte sie wieder in seine Arme nehmen, wie er es immer getan hatte, aber er bewegte sich immer noch nicht. Selbst als die Lider ihre Augen be-deckten, sah sie ihn dort stehen, ohne sich zu bewegen, so wie sie ihn in ihren Armen gehalten hatte, denn das Blut hatte begonnen, in ihren Schoss zu sickern, als er noch zitterte. Sie hatte versucht, seinen Körper mit ihrem zu wärmen, aber er war ihr entwischt. Es war zu lange her, dass sie ihn nicht gesehen hatte, aber jetzt war er ge-kommen und...

 

 

 

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195.  ©Blood ...

 

The clouds burned blood red as the sun left the city. As if in a trance, she dragged her body through the streets. At first she had felt cold, but now her body was warm, like the blood that had built up on her arm. Her blouse was stuck there, almost dry now, but still a painful memory of what had happened a little forever ago. She didn't know where she was going, only one thing she didn't know was that she couldn't go home, maybe never again. Then, when she looked again at the sky, away from the sun into the rising darkness, she felt the sadness again. She was all alone, there was no one else. A rusty iron gate suddenly appeared in front of her, almost twice her size, and beyond that was the place she had longed for. She knew about the hole in the fence that was only a few feet away, and after squeezing through the hole she walked over to the grave under the weeping willow. Slowly she sank to her knees and laid her heavy body on the stone slab. She could die here right now; deep down she knew she wanted to, because then she could stay here forever. She took the penknife out of her jeans. It belonged to her father. Even when she was a child, he always carried it around with him. He had misplaced it just a few days ago and she had found it. She sat up and leaned her back against the tombstone. She pushed up the sleeve of her silky blouse. Her arm twitched as she tore some dried blood from the wound. Slowly she rolled back up from the deep cut that was so beautiful. It's very special; Blood. Nothing to put in warm wetness. The darkness had almost surrounded her now when she put her filthy finger on her cheek. She caressed it gently over her skin, then over her lips. So soft, so human. So she took the knife and opened it. Stainless steel with red plastic. Actually nothing special. At that moment she saw the faces of her parents again, who had come home too early. She hadn't heard her come in because she had turned the music up too loud. They hated that; even she preferred the silence that now surrounded her. But she had needed it, the music, because she was afraid, no longer. Even if her parents still treated her like a teenager, she was older now, and she knew what she was doing, going to do, now. She placed the sharp side of the knife on the soft skin between the wound and her hand. She knew now that she no longer needed to be afraid. Slowly she made small cuts, and when the first tears of her warm blood fell on the stone below, she looked up and saw him. He was too far away for her to see, but she knew it was him. He was here to save her, to take her with him, and he would never leave her again. Tears rolled down her cheek like the blood on her arm. She had loved it when he kissed her there with his warm lips. First on the forehead, then on the temple, and finally he had pressed her gently on the cheek. She felt the cold spreading inside her as he was still standing in the same place and not moving. In her head the struggle between the warmth and the darkness that surrounded her began. Then she saw it again, the image that she had captured so deeply in her memory, the image that only sometimes appeared in her dreams, still. The picture of him soaked in blood. And the blood will bring us together forever. Her eyes stared at him when her lips barely moved, but he just stood there and didn't move. He was supposed to take her back in his arms like he always did, but he still didn't move. Even when the lids covered her eyes, she saw him standing there without moving, as she had held him in her arms, for the blood had started to seep into her lap while he was still trembling. She had tried to warm his body with hers, but he had gotten away from her. It had been too long since she hadn't seen him, but now he had come and ...