171.  ©Schwarz-weiß Denken

 

Es war ein sonniger Nachmittag im Frühling. Die Knospen an den Bäumen und Sträuchern hatten sich schon zu kleinen Blättern entwickelt und gelegentlich schaffte es die Sonne schon, ein paar Blümchen aus der kühlen Erde zu locken. Eben einer dieser Tage, an denen man am Himmel die Zugvögel sehen kann, wie sie in Reih und Glied nach Hause fliegen und die Parks sich am Wochenende mit Familien füllen. An ebenso einem Tag, war er unterwegs zu seiner Freundin. Es war wie eine Teenagerbeziehung; Niemand wusste etwas davon. Trotzdem schlenderte er fröhlich pfeifend zur Bushaltestelle. Aus der Ferne sah er, wie sich das Licht der Sonne auf den Glasscheiben des Wartehäuschens spiegelte und die vorbeifahrenden Autofahrer ärgerte. An der Haltestelle angekommen, bemerkte er zwei Männer auf der Bank im Wartehäuschen. Er blieb ein Stückchen entfernt stehen und sah auf die Uhr. Noch 10 Minuten. In einer normalen Welt, Zeit genug um sich hinzusetzen. Doch eine Normale Welt, gab es nicht. Als der Bus schließlich kam und er hinter den Männern aus dem Häuschen Einstieg, starrten ihn die wenigen Fahrgäste im Bus an wie ein Tier im Zoo. Ganz nach hinten ging er, nach da, wo alle Leute wie er im Bus hin mussten und sonst niemand sitzen wollte. Trotzdem erfreute er sich weiter an den warmen Sonnenstrahlen, die durch die staubigen Scheiben in den Bus fielen und ihm ins Gesicht schienen. Er saß ganz alleine im hinteren Teil des Busses. Die vorne sitzenden Leute würdigen ihn keines Blickes. Wie gerne hätte er sich neben sie gesetzt und einem von seiner Freundin erzählt. Als er aus dem Bus stieg, war es schon fast früher Abend und doch stand die Sonne noch ganz hoch und strahlte auf die Fassaden der Häuser dieses Viertels, die sich edel und prächtig gen Himmel reckten. Er nahm sich kurz Zeit, um die kunstvoll verzierten Fensterrahmen und die aufwendigen Absätze an den Hauswänden zu betrachten; So etwas gab es in seiner Gegend nicht. Und das würde es wohl auch nie. Als er auf das Haus zuging, dass ihm so fremd war und doch irgendwie vertraut vorkam, sah er aus den Augenwinkeln Gardinen wackeln und Fenster, die einen Spalt geöffnet wurden. Aus dem kühlen Wind, der durch die Straße glitt, versuchte er Kraft für das zu schöpfen, dass er gleich hoffentlich nicht erleben musste. Es war eine breite Straße mit wenig Verkehr. An den Rändern des Gehwegs gab kleine Brunnen aus denen man trinken konnte. Aber natürlich hingen auch die üblichen Schilder darüber: "Weiß" Als er die Stufen zum Haus, in dem seine Freundin mit ihren Eltern wohnte, hinauf stieg, versuchte er sich vorzustellen wie es wohl wäre, auch in so einem Haus zu leben. Er könnte frei und unbeschwert durch die Straßen laufen, trinken woraus er wollte und im Bus sitzen wo er wollte. Aber das waren Träumereien. Niemals würde jemand wie er dieses Glück haben. Denn die Würfel für ihn waren in dem Moment gefallen, als er geboren wurde. Mit seiner Geburt war für ihn ein solches Leben automatisch unmöglich geworden. Wie bei so Vielen. Gerade als er am Ende der Treppe ankam, öffnete sich die Tür ruckartig, geradezu gewaltvoll. Dahinter stand seine Freundin, die von einem leicht ergrauten, gut gekleidetem Mann zurückgehalten wurde. Der Mann mochte um die fünfzig sein. Deutlich zeichnete sich der Knauf eines Revolvers an seinem weißen, makellosen Hemd ab. Seine Freundin sah ihn mit von Tränen gerötetem Gesicht an. Sie hatte den Mund weit aufgerissen und schrie aus vollem Hals. Sie trat und schlug auf den Mann ein, der wohl ihr Vater sein mochte. Die Sonne, die eben noch so freundlich geschienen hatte, beleuchtete die Szene nun eher chaotisch und ließ die kleinen Blessuren und Kratzer an ihren Armen sichtbar werden. Ohne das um sich schlagende Mädchen, welches der Mann weiter zurück hielt zu beachten, schrie er nach draußen: Merk dir eins du Sohn eines Hundes! Du wirst dich nie wieder meiner Tochter nähern! Ansonsten wirst du dich nie wieder irgendjemandem nähern! Der Mann spuckte aus. Denn niemals werde ich eine Liebe zwischen meiner Tochter und einem Neger zulassen! Dann schlug der Mann die Tür zu. Er, der Neger, stand noch lange vor der Tür. Von drinnen waren die schluchzenden Schreie seiner Freundin zu hören, die lautstark protestierte. Gelegentlich war auch das helle klatschen von einer Hand, die auf eine Wange trifft zu hören. Dann hörte dass Schluchzen für eine Sekunde auf und begann von Neuem. Ein Neger war er, und einen Sohn eines Hundes hatte der Mann ihn genannt. Doch er rührte sich nicht. Er war nicht in der Lage mehr zu tun, als die ge-schlossene Tür an zu starren und zu atmen. Das sollte es jetzt gewesen sein? In einer gerechten Welt, hätte er mit ihr glücklich werden können. Sie hätten zusammen studieren können, in ein kleines Haus am Stadtrand ziehen können. Sie hätten zwei Kinder bekommen können und sie zusammen groß ziehen können. Doch das war keine gerechte Welt. In dieser Welt konnte ein Mann mit Hemd und Revolver seiner Tochter die Liebe zu einem Neger verbieten. In dieser Welt durften Farbige nicht dasselbe Wasser trinken wie Weiße. In dieser Welt konnten Farbige im Bus nicht vorne sitzen, mussten stehend auf den Bus warten. Er nahm die Sonnenstrahlen kaum noch wahr, als er zurück zur Bushaltestelle ging. Er achtete nicht auf die kunstvollen Fensterrahmen oder die wunderschönen Absätze. Nicht einmal das schöne Bild der Sonnenstrahlen, die sich durch die frisch blühenden Bäume schlängelten und ein künstlerisches Muster auf der Straße bildeten beachtete er. Das Einzige das er bewusst wahr nahm, war ein Schild über einem Trinkbrunnen: "Weiß". Mit jedem Schritt in Richtung Haltestelle verlor er nun mehr den Glauben an die Menschen. Er verlor seinen Respekt vor ihnen und entwickelte Hass. An der Haltestelle angekommen war er sich sicher, dass es keine guten Menschen auf dieser Erde geben konnte. Es gab keine Menschlichkeit mehr und es gab keine Gerechtigkeit mehr. Die Gerechtigkeit, von der alle immer sprachen, wurde Leuten wie ihm nicht zu Teil. Denn sie waren Farbig, und nicht weiß. Als er in den Bus einstieg und sich nach hinten durchschob, vielen ihm die Blicke der Fahrgäste kaum mehr auf. Er blickte stur nach vorn, hinaus aus dem hinteren Fenster des Busses. In der Ferne sah er, wie die letzten Strahlen der Sonne langsam hinter den Häusern der Stadt verschwanden und mit Ihnen seine Hoffnung auf eine bessere Welt. Er setzte sich in die Letzte Reihe. Er hätte sich auch in jede andere Reihe im hinteren Teil setzten können, denn außer ihm gab es nicht einen Menschen, der hinten sitzen musste. In Gedanken über gut und böse schwelgend, bemerkte er den Jungen zunächst nicht. Ein Junge, der sich mit jedem Halt des Buses einen Platz weiter nach hinten setzte. Erst als der Kleine neben ihm saß, blickte er auf. Der Junge mochte 6 oder 7 Jahre alt sein, war weiß und hatte eine Tafel Schokolade in der Hand. Die Tatsache, dass das Kind weiß war, verblüffte ihn sehr. Er realisierte die Bedeutung in dieser Situation zunächst überhaupt nicht. Während der Spröss-ling nun ein Stückchen Schokolade abbrach und es sich in den kleinen, von Schokolade verschmierten Mund schob, lächelte er. Wollen sie auch ein Stück? Fragte er ihn nun. Er, der gerade noch zwischen Hass und Trauer schwankte nickte nur unsicher. Er war so perplex, dass er gar nicht merkte, dass ihm der Junge ein Stück seiner Schokolade in die Hand legte und ihn angrinste. Der Kleine sah ihm seine Benommenheit wohl an, denn er fragte: Mögen sie dunkle Schokolade nicht? Das Kind nahm das Stückchen aus seiner Hand und hielt es ihm erneut hin. Leider habe ich keine andere Schokolade. Aber ich mag alle Sorten! Mir ist egal, ob schwarz oder weiß, ist doch das Selbe!

 

 

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171.  ©Thinking in black and white

 

It was a sunny spring afternoon. The buds on the trees and bushes had already developed into small leaves and occasionally the sun managed to lure a few flowers out of the cool earth. Just one of those days when you can see the migratory birds in the sky, how they fly home in a row and the parks fill up with families on the weekend. On the same day, he was on his way to see his girlfriend. It was like a teenage relationship; Nobody knew anything about it. Nevertheless, he sauntered happily to the bus stop, whistling. From a distance he saw how the light of the sun was reflected on the glass panes of the bus shelter and annoyed the drivers driving by. When he arrived at the bus stop, he noticed two men on the bench in the bus shelter. He stopped a little way and checked his watch. 10 minutes to go. In a normal world, enough time to sit down. But there was no normal world. When the bus finally came and he got in behind the men in the house, the few passengers on the bus stared at him like an animal in a zoo. He went all the way to the back, to where all the people like him had to go on the bus and no one else wanted to sit. Nonetheless, he continued to enjoy the warm rays of sunshine that fell through the dusty windows into the bus and shone on his face. He was sitting all alone in the back of the bus. The people seated in front don't even look at him. How he would have loved to sit down next to her and tell you about his girlfriend. When he got off the bus, it was almost early evening and yet the sun was still very high and shone on the facades of the houses in this district, which rose nobly and splendidly towards the sky. He took a moment to look at the ornate window frames and the elaborate heels on the house walls; There was no such thing in his area. And it probably never would. As he approached the house, which was so strange to him and yet somehow familiar, he saw the curtains wiggle out of the corner of his eye and windows that were opened a crack. From the cool wind that slipped through the street, he tried to draw strength for what he hopefully did not have to experience right away. It was a wide street with little traffic. At the edges of the sidewalk were small fountains from which one could drink. But of course there were also the usual signs above it: "White" When he climbed the steps to the house where his girlfriend lived with her parents, he tried to imagine what it would be like to live in such a house. He could walk freely and carefree through the streets, drink whatever he wanted and sit in the bus wherever he wanted. But those were dreams. No one like him would ever be this lucky. Because the die was cast for him the moment he was born. With his birth, such a life had automatically become impossible for him. As with so many. Just as he got to the end of the stairs, the door opened with a jerk, almost violently. Behind it stood his girlfriend, who was held back by a slightly gray, well-dressed man. The man might be fifty. The pommel of a revolver was clearly visible on his white, immaculate shirt. His friend looked at him, her face flushed with tears. Her mouth was opened wide and she was screaming at the top of her throat. She kicked and hit the man who might have been her father. The sun, which had just seemed so friendly, lit the scene in a rather chaotic way and made the small bruises and scratches on her arms visible. Without paying attention to the struggling girl, whom the man was holding back, he shouted outside: Remember one you son of a dog! You will never approach my daughter again! Otherwise you will never approach anyone again! The man spat. Because I will never allow love between my daughter and a negro! Then the man slammed the door. He, the negro, stood in front of the door for a long time. From inside the sobbing screams of his girlfriend could be heard, who protested loudly. Occasionally the bright clap of a hand hitting a cheek could also be heard. Then the sobbing stopped for a second and started again. He was a negro, and the man had called him the son of a dog. But he didn't move. All he could do was stare at the closed door and breathe. Should that be it now? In a righteous world, he could have been happy with it. They could have studied together, moved into a small house on the outskirts. They could have had two children and raised them together. But that wasn't a just world. In this world a man with a shirt and a revolver could forbid his daughter to love a Negro. In this world, colored people were not allowed to drink the same water as white people. In this world, colored people could not sit in the front of the bus, they had to stand up and wait for the bus. He barely noticed the rays of the sun when he went back to the bus stop. He ignored the ornate window frames or the beautiful heels. He didn't even notice the beautiful image of the rays of the sun snaking through the freshly blooming trees and forming an artistic pattern on the street. The only thing he consciously noticed was a sign over a drinking fountain: "White". With every step towards the bus stop, he lost faith in the people. He lost his respect for them and developed hatred. When he arrived at the bus stop, he was sure that there couldn't be any good people on this earth. There was no longer any humanity and there was no longer any justice. The righteousness that everyone always spoke of was not given to people like him. Because they were colored and not white. When he got on the bus and pushed his way back, the passengers hardly noticed any more glances. He stared straight ahead, out the back window of the bus. In the distance he saw how the last rays of the sun slowly disappeared behind the houses of the city and with them his hope for a better world. He sat in the back row. He could have sat in any other row in the back, because apart from him there wasn't a person who had to sit in the back. Indulging in thoughts of good and bad, he did not notice the boy at first. A boy who took a seat back every time the bus stopped. Only when the little one was sitting next to him did he look up. The boy might be 6 or 7 years old, he was white, and had a bar of chocolate in his hand. The fact that the child was white amazed him greatly. At first he did not realize the importance in this situation at all. While the little one broke off a piece of chocolate and shoved it into her small, chocolate-smeared mouth, he smiled. Do you want a piece too? He asked him now. He, who was swaying between hatred and sadness, just nodded uncertainly. He was so perplexed that he didn't even notice that the boy put a piece of his chocolate in his hand and grinned at him. The little one could see his drowsiness because he asked: Don't you like dark chocolate? The child took the piece from his hand and held it out again. Unfortunately I don't have any other chocolate. But I like all kinds! I don't care if black or white, it's the same!