146.   ©Die alte Dame...

 

An einem sonnenreichen Herbsttag, ging ich allein auf dem Friedhof spazieren. Viele Menschen hatten dasselbe Bedürfnis, Ruhe und Frieden in sich aufzunehmen, um den hektischen Tag für einen Moment auszuweichen. Ich traf alt und jung an diesem Ort, auch Mütter, die mit ihren Kindern in der Natur Kraft auftankten. An einer Gabelung saß eine alte Dame auf einer Bank, still und einsam, sie betrachtete das Geschehen und schien sich dabei wohl zu fühlen. Sie war mit einem warmen Mantel und einer eher niedlich wirkenden Mütze bekleidet, ich sah sie nur kurz an. Dabei kam mir sofort der Gedanke von Pflegeplanung und Prophylaxen. Ich hatte mich in der letzten Zeit zu viel damit beschäftigt, um noch den Menschen dahinter noch zu sehen. Ein alter Mensch umgab meine Sinne direkt mit Angst, Elend und Hilflosigkeit. Nichts weiter konnte ich mehr denken, und manches Mal fühlte ich eigene Angst, dass ich vielleicht auch eines Tages dran bin. Einige Schritte weiter, fand ich selbst eine Bank, sie stand in der wohligen Sonne. Ich setzte mich, um die Sonnenstrahlen zu genießen. Von hier aus konnte ich die alte Dame noch immer sehen und sie mich. Plötzlich stand sie auf und kam langsam auf mich zu. Als sie an mir vorbeiging, grüßte sie mich freundlich und setzte sich auf die Bank neben mir. Ich konnte die alte Dame spüren, obwohl ich ihr keinen Blick schenkte, fühlte ich, wie sie mich ansah. Ich wusste, sie würde mich ansprechen und den Kontakt zu mir suchen. Sie fragte mich nun, ob meine Bank von der Sonne mehr Wärme bekam. Ich sagte ihr freundlich, dass ich es glaube. Die Dame stand auf und setzte sich zu mir, sie begann zu reden. Es war zuerst ein belangloses Gespräch, über die Wärme der Sonne und das Wetter, danach entdeckte ich, wie klug u. geistig fit sie aus ihrem Leben erzählen konnte, fast lückenlos. Eine wunderbare, gebildete Aussprache umgarnte ihr liebliches Erscheinungsbild, und ihre Falten im Gesicht, wirkten wunderschön, weil sie etwas Besonderes zu berichten hatten, das Leben! Das Leben, vor dem sie sich nicht zu verstecken schien, noch nie. Sie sprach gelegentlich über Krankheiten von anderen Menschen aus ihrem Umfeld, jedoch schilderte sie diese in Tapferkeit und Gottes Glaube. Das berührte mich nicht negativ, so wie es mir zuletzt erging, wenn ich mit älteren Menschen sprach, eher gab es zu denken und verlieh mir Kraft niemals aufzugeben. Sie selbst sagte über eigene Erkrankungen nichts aus, es wunderte mich, weil meine Erfahrung mit alten Menschen in der Regel auf eigene Krankheitserzählungen basierte. Ich konnte mich zurück-lehnen und blockierte ihre Worte nicht, so, wie es mir zum Ende in meinem Beruf erging. Von vielen fremden Orten konnte die alte Dame erzählen und welche Freude sie erlebte, mit ihrem verloren gegangenen Lebens-partner, wenn sie gemeinsam unterwegs waren. Sie sprach von ihrer Mutter, der damaligen Kriegszeit, dass sie sich über einen Apfelpfannkuchen gefreut hat, weil es ihn nicht alle Tage gab. Sie spielte mit den anderen Kindern auf der Straße und die Menschen haben sich mehr bemüht miteinander zu leben. Durch die Armut war alles eine Besonderheit und die Freude darüber sehr groß. Es wurde auch viel getauscht, der eine hatte manchmal mehr von diesem und der andere mehr von jenem. Es war egal, wenn die Schuhe häufig zu groß waren, dann wurden sie mit Zeitung ausgestopft, wichtig war es doch, Schuhe zu haben. Fleisch gab es immer nur Sonntags und in der Woche da wurden Eintöpfe gekocht oder Brot gegessen. Die gesamte Familie freute sich auf den Sonntag. Spiel-sachen waren für die Kinder von erfreudiger Aufregung, meist noch vom Vater aus Holz selbst geschnitzt. Die Phantasie war hier gefordert und ausgeprägt, denn auch mit Steinen und Zweigen konnten sich die Kinder von damals, eine Spiel-zeugwelt erschaffen. Das Beste, woran sich die alte Dame gern erinnerte, waren hier die Süßigkeiten, nur einmal in der Woche, wenn überhaupt es möglich war, bekamen die Kinder etwas Süßes. Sie sagte sofort anhängend: darum waren wir auch nicht so dick!, wie viele Kinder heute. Langeweile gab es ebenso nicht, die Kinder damals, waren der Natur noch nahe und sie verstanden es, wenn vieles nicht möglich war. Den Eltern ge-genüber, gab es keine Vorwürfe, weil ein anderer etwas besaß, und sie selbst es nicht haben konnten. Sie waren keine durchgedrehten Freaks, die auf den Straßen herumlungern und pöbeln. Die alte Dame liebte wilde Tiere. Sie hatte solch einen Glanz in ihren Augen, als sie mir sagte, warum. Sie würde sich gern die Sendungen im Fernsehen anschauen, wo sie wilde Raubkatzen sehen konnte und die Anmut in jeder Bewegung, das geschmeidige Fell und ihre graziöse Gangart. An den Wochenenden ist sie gern mit ihrem Mann zu einem Freigehege gewandert. Sie sagte, wir sind viel gelaufen und das war gut und gesund. Die Tiere die in diesem Gehege lebten, waren Wild-schweine oder Rehe. Sie brachte den Wildschweinen mit Butter bestrichenen Zwieback oder Melonenstücke mit. Die Tiere fraßen ihr aus der Hand und sie genoss die Nähe zu ihnen. Sie liebte es mit ihrem Mann durch die Wälder zu gehen und meist hatte sie eine Tasche mit einem ausgiebigen Picknick dabei. Sie bewundert heute die hübschen Körper, wenn rassige Frauen Flamenco tanzen, wie Wunder, schön es aussieht, wenn ein tanzendes, junges Paar in gleichmäßiger Bewegung fließt oder das sie die Musik von Andre Rieu liebt, sie beschrieb mir seine Art, wie er die Geige spielte, ihre Faszination erreichte mich, obwohl ich andere Musik höre. Die alte Dame sagte so kein einziges Mal, dass sie die jungen Leute beneideten, sie sprach von Bewunderung und Begeisterung, es zu sehen. Sie erschien mir so zufrieden, mit ihrem eigenen, gelebten Leben bis hierher. Kein Neid, kein Klagen, so erfuhr ich es noch nie. Während wir beide uns unterhielten, konnte ich meinen Blick gar nicht mehr von ihr nehmen, ich ging mit ihr, auf ihre Reise, in ihre Vergangenheit und Gegenwart zugleich. Es war, als könnte ich all die Dinge sehen, die sie schilderte, als sehe ich mit ihren Augen und empfinde mit ihren Gefühlen, der unsagbare Freude, eine Frau, die stets das Beste aus ihrem Leben gemacht hat, und noch immer macht. Ihrer Meinung nach, leben die Menschen heute viel seelenloser, als damals. Sie glaubte daran, dass sie ihre Familie (Mutter, Großmutter, Geschwister und ihren Mann)einmal wiedersehen wird. Es schien wie eine Freude am Ende dieses Weges, den sie allerdings be-gehen musste, bis auch sie soweit war. Ich komme sehr gern hierher, denn der Friedhof ist nichts anderes, als der Garten des Friedens, hörte ich sie sagen. Die Seelen sind nicht mehr hier, nur noch die Körper, die in diesem Garten liegen, fügte ich hinzu. Wir waren uns einig, und lächelten uns beide an. Es tat so gut, der alten Dame zu zu hören. Ich erhielt von ihr neuen Mut, der beinahe verloren ging. Das alt werden wird meistens von anderen Menschen schwer gemacht. Validation, fiel mir als nächstes ein, und genau das, ist nun mein Streben. Ich hoffe auch, ich konnte der alten Dame etwas schenken. Es wäre schön, wenn wir uns wieder einmal hier treffen, der Nachmittag war wundervoll, ich habe ihn sehr genossen, sagte sie bevor sie aufstand und ging ...

 

 

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146.  ©The old lady ...

 

On a sunny autumn day, I was walking alone in the cemetery. Many people felt the same need to take in peace and quiet in order to avoid the hectic day for a moment. I met young and old in this place, including mothers who recharge their batteries with their children in nature. An old lady was sitting on a bench at a fork, quiet and lonely, she was watching what was happening and seemed to be comfortable with it. She was dressed in a warm coat and a rather cute-looking hat, I only looked at her briefly. The thought of care planning and prophylaxis immediately occurred to me. I had occupied myself with it too much lately to still see the person behind it. An old person directly surrounded my senses with fear, misery, and helplessness. I couldn't think any more, and sometimes I felt my own fear that maybe one day it would be my turn. A few steps further, I found a bench myself, it stood in the pleasant sun. I sat down to enjoy the sun's rays. From here I could still see the old lady and she could still see me. Suddenly she got up and walked slowly towards me. As she passed me, she greeted me warmly and sat on the bench next to me. I could feel the old lady, although I didn't look at her, I felt her look at me. I knew she would speak to me and get in touch with me. She asked me now if my bench got more warmth from the sun. I told her kindly that I believe it. The lady got up and sat down next to me, she began to talk. At first it was an unimportant conversation about the warmth of the sun and the weather, then I discovered how cleverly and mentally fit she could tell about her life, almost completely. A wonderful, educated pronunciation ensnared her lovely appearance, and the wrinkles on her face looked beautiful because they had something special to report, life! The life from which she didn't seem to hide, never before. Occasionally she talked about illnesses from other people around her, but she described them with bravery and God's faith. That didn't affect me negatively, as it was last when I talked to older people, it rather gave me food to think about and gave me the strength to never give up. She herself said nothing about her own illnesses; I was surprised because my experience with old people was usually based on my own accounts of illnesses. I was able to sit back and not block her words, as I ended up doing in my job. The old lady was able to tell about many strange places and the joy she experienced with her lost partner when they were out together. She spoke of her mother, back in the war, that she was happy about an apple pancake because it wasn't there every day. She played with the other children on the street and people tried harder to live together. Because of the poverty everything was special and the joy about it was great. There was also a lot of barter, some of them having more of this and the other more of that. It didn't matter if the shoes were often too big, then they were stuffed with newspaper, it was important to have shoes. Meat was only ever served on Sundays, and stews were cooked or bread was eaten during the week there. The whole family was looking forward to Sunday. Toys were a joyful excitement for the children, mostly carved from wood by the father himself. The imagination was challenged and developed here, because the children of that time were also able to create a toy world with stones and twigs. The best thing the old lady remembered fondly was the sweets here, only once a week, if at all possible, were the children given something sweet. She immediately said appendingly: that's why we weren't as fat! Like many children today. There was also no boredom, the children back then were still close to nature and they understood when a lot was not possible. There were no reproaches to the parents, because someone else owned something and they couldn't have it themselves. They weren't crazy freaks hanging around the streets and mobbing. The old lady loved wild animals. She had such a glow in her eyes when she told me why. She would like to watch the programs on television, where she could see wild cats of prey and the grace in every movement, the supple fur and her graceful gait. On the weekends, she liked to hike to an outdoor enclosure with her husband. She said we ran a lot and that was good and healthy. The animals that lived in this enclosure were wild boars or deer. She brought buttered biscuits or pieces of melon for the wild boars. The animals ate out of her hand and she enjoyed being close to them. She loved walking through the woods with her husband and she usually had a bag with an extensive picnic with her. Today she admires the beautiful bodies when racy women dance flamenco, it looks like wonder, beautiful when a dancing, young couple flows in steady movement or that she loves the music of Andre Rieu, she described to me the way he played the violin played, her fascination reached me even though I listen to other music. The old lady never once said that she envied the young people; she spoke of admiration and enthusiasm to see it. She seemed so content to me, with her own life, lived up to this point. No envy, no complaining, I've never heard of it like that. While we were both talking, I couldn't take my eyes off her, I went with her, on her journey, into her past and present at the same time. It was as if I could see all the things she was describing, as if I see with her eyes and feel with her feelings, the unspeakable joy of a woman who has always made and still does the best of her life. In her opinion, people live much more soulless today than they did then. She believed that she would see her family (mother, grandmother, siblings and her husband) again one day. It seemed like a joy at the end of this path, which she had to take, however, until she too was ready. I love coming here because the cemetery is nothing more than the Garden of Peace, I heard her say. The souls are no longer here, only the bodies that lie in this garden, I added. We agreed and smiled at each other. It was so good to hear the old lady. I received new courage from her, which was almost lost. Growing old is usually made difficult by other people. Validation, it occurred to me next, and that is exactly what I strive for now. I also hope I was able to give the old lady something as a present. It would be nice if we meet here again, the afternoon was wonderful, I enjoyed it very much, she said before she got up and left ...