143.  ©Bilder, Erinnern und Begreifen

 

Dreibettzimmer. Dreizehntes Stockwerk, Onkologie. Dass der Krebs wieder ausgebrochen ist, wissen sie schon, vermuten es zumindest stark. Die bisherigen Werte deuten darauf hin. Hirnlos, gedankenlos, zeitloses, d. h. dauer-gestresstes Patientenabfertigungspersonal, nicht aber humorlos: Wenn einer aus Not sich vollmacht, im Versuch seine Exkremente zu beseitigen den Eindruck erweckt, er würde mit seiner Scheiße spielen, so wie ein Baby, dann kommt der Humor richtig auf. Launig wird es den entsetzten Angehörigen erzählt. So sehr haben wir gelacht, waren ihm überhaupt nicht böse... Sprachlos. Nicht fähig zu protestieren, in meiner Ohnmacht gehe ich runter, rauche eine, Tränen der Wut. Bemüht sachliche, fröhlich-scheinheilig-hoffnungsmachende Ärzte, Kom-petenz vorspiegelnd aber keine Ahnung habend. Täglich die Tests, Untersuchungen, Punktionen, Gewebeproben, literweise Blutproben, und Urinproben, Stuhlproben, Biopsien, Spiegelungen, EKG, CT, MMR, Röntgen. Medizin-techniken masse. Donnerstag Team-Meeting, Diagnose auf Freitag. Freitag. Vertrösten auf die nächste Woche, endgültige Ergebnisse abwarten, vier Wochen endgültige Ergebnisse abwarten. Folter. Seelenfolter. Der mir stets ein wenig albern erschienene Filmtitel Angst fressen Seele auf, er stimmt also doch. Wo bleibt die Therapie, wo die Heilung, oder wenigstens auf die Chance darauf? Rosaschürzige, mindestentlohnte Putzkolonnenasiatin, schnell, sauber, gründlich. Zur Zeit Hiroshimas noch ungeboren, kann sie fröhlich sein, summt sie beim Wischen, winkt uns zu, wenn sie das Zimmer verlässt. Sein Hiroshima erleben wir heute, hier, jetzt. Schlimmer. Die Bombe doch, tausendfach Leiber zerfetzt, verbrannt, verstümmelt, grausam, gnadenvoll schnell. Welche sie überlebten können möglicherweise mitreden. Leiden, schleichendes Dahinsiechen, endlos stetig sich steigernder Schmerz. Verfall, Abbau, Tod. Langsam, brutal. Roter, lästig juckender Ausschlag. Einst seidig weicher Bart, nun struppig, langes, volles, glänzendes, von weißen Strähnen durchzogenes Haar strähnig, zottig, kraftlos. Fahle Haut. Magere Glieder. Eigentlich nur magere Arme, Ärmchen, wo einst muskulöse Arme die Welt und mich stemmten, im Wortsinn wie im übertragenen. Bauch und Beine: überdimensional aufgedunsen, angeschwemmt von Wasser, Lymphe. Sehr sehr dick, besonders der Bauch, sehr schwach die Beine. Thrombosegefahr, Kompressionsstrümpfe, die nicht passen, zudem falsch angezogen wurden. Ich sorge dafür, dass er passende bekommt und zeige dem Abfertigungspersonal, wie man sowas richtig anlegt, dauert auch nicht länger als schlampiges Arbeiten. Ich muss den kranken Stress Krankenschwestern auch einiges über Medikationssicherheit beibringen sowie über das Beschriften von Laborprobenbechern. Dauert auch nicht länger, siehe oben. Gefällt ihnen nicht. Sauerstoffgerät, das Wasser hindert die Lunge, selbständig ausreichend zu Atmen. Einige der Schnellabfertigungsdamen weigern sich schon, mit mir zu sprechen. Die Stationsärztin weigert sich nicht, lügt allerdings mutmaßlich. Denkt, ich hätte eh keine Ahnung. Kanülen in den Venen und dünne PVC Schläuche. Zerstochene Venen, Hämatome, versehentlich herausgerutschte Hohlnadeln, Ports, Stent. Für seine Medikation, für immer wiederkehrende Blutentnahmen, für sein Essen. Dünnflüssiges weißes Zeug, durch den Schlauch in die Vene. Hochkalorisch, ernährungswissenschaftlich nun zubereitet, ausgewogen. Schweineteuer, nahr-haft, geschmacklos. Der Krasse Gegensatz zu unseren gemeinsamen kulinarischen Gewohnheiten. Hier koche ich. Meist klein, leicht und gut, gelegentlich experimentell, vor allem immer lecker und niemals Wirsing. Den kann ich so fürchterlich schlecht zubereiten, dass er lästert, er würde morgen damit die losen Kacheln im Badezimmer festkleben. Mach ich nie wieder. Kann ja nicht immer alles gelingen. Er genießt, lobt, räumt den Tisch ab und die Spülmaschine ein. Essen war recht fett, nicht? Kleiner Metaxa noch zum Abschluss aus medizinischen Gründen, Kaffee. Täglich gleicher Ablauf, nie langweilig, brauchen wir hier so, gefällt uns so. Sondernahrung. Zu wenig Flüs-sigkeit, keine Bewegung. Verdauungsprobleme, Laxantien. Problemlos, solange er noch die Toilette selbständig auf-suchen kann, lästig, als er dazu zu schwach ist. Windeln, Betteinlagen aus hartem grobkörnigem Papiervlies. Noch können wir zusammen Kaffee trinken gehen, runter ins Freie. Tische, Stühle, Sonnenschirme, Besucher, Patienten, pause habendes Personal, noch im weißen Kittel, um die nötige Hochachtung zu erhalten. Wirklich gehen können wir natürlich nicht, wir schieben. Ich seinen Rollstuhl, nicht daran zu denken, mehr als ein paar Schritte zu laufen, er den Infusionsständer. Ruhiger, weniger Menschfrequentierter Platz im Halbschatten, Kaffee aus Pappbechern nicht mal so schlecht wie befürchtet, er dreht für uns Zigaretten, plaudern. Nein, wir sprechen. Geplaudert haben wir zuhause, Smalltalk: Politik, da ist er eindeutig der informiertere, ironisches Lästern über Nachbarn, Kollegen, da kann ich mehr bieten. Banalitäten, Alltagskram, Wetter, noch in kommender Zeit zu lösende häusliche, nie partner-schaftliche Probleme. Darüber Schweigen, ausgesessen, bis sie einfach weg waren. Oder unwichtig wurden, das geht. Kein unerträgliches Schweigen. Friedvolles, freundliches, anfangs stürmisches Zusammenleben, später eher ruhig in mancher Hinsicht, stets vertrauend und freundschaftlich, vor allem nie absichtlich gemein. Mein Kind als seines gesehen und geliebt. Hier, in der Anonymität des uns umgebenden Menschen Gemurmel nun einer Gesundheits-Dienstnichtleistungs-Großindustrie, sprechen wir. Schmieden Pläne: endlich in die Tat umzusetzende gemeinsame Urlaube, Kuraufenthalt nach seiner Genesung, seinen Traum von einem öffentlich zugänglichen Eukalyptus u. Exotengarten. Das Gelände hat er bereits vorbereitet, im Gewächshaus in unserem Garten ungezählte Pflanzen lie-bevoll aufgezogen, Pflanzen, von denen es unmöglich zu erwarten war, dazu gebracht winterhart zu werden. Dokumentiert, fotografiert. Begnadeter Gärtner, Joghurtbecher mit Sämlingen auf jedem Fensterbrett. Sieht alles danach aus, als ob sein Plan ein Erfolg werden könnte. Solange er hier ist, gieße ich. Hoffe, dass die meisten Pflanzen meine Pflege aushalten, grüner Daumen gleich Null. Schmieden Pläne, glauben den hoffnungslügenden Ärzten. Weil wir es wollen. Weil er Rücksicht auf mich nimmt. Weil ich Rücksicht auf ihn nehme. Durch den Regen, dann an der Baustelle vorbei, Drehtür, Vorhalle. Spiegel im Aufzug, zur Dekoration LED Bildschirm, wechselnde Bilder: Wasserlilien, Gebirgszug, Abendrot. Nach den vierten Wasserlilien 13. Stock: Nach rechts gehen lächelnde Gesichter, Entbindungsstation. Links Onkologie. Hier lächelt man auch. Krampfhaft, bemüht optimistisch. Sinnig. Das Neue Leben, zu erwartender Tod, gleiches Stockwerk, entgegengesetzte Himmelsrichtung. Ich gehöre hier zu denen mit dem so krampfhaften Optimismus. Umarmung, saubere Wäsche in den Schrank, benutzte in die Tasche, auch die alten Zeitungen. Jemand im Zimmer hat den Fernseher angeschaltet, MDR, lustige Musikanten oder so. Geht gar nicht, Flucht vor der Blasmusik in die Vorhalle. Von der Sitzecke aus sieht man wie Bauarbeiter jetzt dort einen Kran abbauen. Ein Zimmernachbar, früher auf dem Bau, setzt sich zu uns, erklärt wortreich die Sache mit dem Kran. Ist einigermaßen kurzweilig. Tolle Aussicht hier oben, die ganze Stadt zu Füßen, die andere Richtung weite Landschaft. Phänomenal, man müsste sie halt nur mal genießen können. Lasix hochdosiert gegen die zunehmenden Wasseransammlungen, Punktion hat wenig genutzt. Er ist zu geschwächt, um die Toilette aufzusuchen. Folgt das Einnässen. Überlastet, unmotiviert, unterbezahltes Personal. Folgt Blasenkatheter. Folgt entzündete Schwellung der Genitalien, schmerzhaft. Nicht zu leugnen, haben einst für uns eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Jetzt ge-schunden, und so schwer misshandelt. Infektion. Kühlsalbe, orthopädische Hilfestellung, Schmerzen, Morphium. Jede ödem freie Körperstelle nur Haut u. Knochen. Die harten Teile am Rollstuhl drücken schmerzhaft. Ausge-polstert mit von zuhause mitgebrachten bunten Kissen, geht einigermaßen. Ich fahre wie jeden Tag für ein paar Stunden zur Arbeit, ist nicht weit. Nach Feierabend zurück. In Notlagen fangen Menschen an zu beten. Ich auch. Bitte die Obrigkeit um Hilfe und Heilung. Beim ersten Abendrot-Gebirgszug treffe ich den Oberarzt im Aufzug. Er bittet mich nicht in sein Büro, Kassenpatient. Abrechnung nach DRG. Diagnose Realität Groups. Geld fließt nach Schweregrad hier der Diagnose mal zugeordnete Äquivalenzzahl. Patient ist Ziffernreihe. Ziffern aus statistischer Berechnung plus Erfahrungswerte, digitalisiert, entmenschlicht. Begrenzte Zeit. Zeit ist Geld. Im Flur Information: Diagnose rasch fortschreitendes Karzinom, metastasiert, lebenswichtige Organe befallen. Schlimm, aber nicht aus-sichtslos. Berufslügner. Chemotherapie, nach zwei weiteren Wochen voraussichtlich ambulante Behandlung möglich. Hoffnung auf relativ lange behandlungsfreie Phasen. Herstellung der Lebensqualität. Prognose, ich will sie nicht wissen. Er bittet, seine Haare u. den Bart so kurz wie möglich schneiden zu lassen, aus Hygienegründen, u. weil die Haare sowieso ausfallen werden. Und um dem Patientenabfertigungspersonal die Arbeit zu erleichtern. Tägliche Katzen-wäsche im Bett. Wünscht sich so sehr ein Vollbad, warmes Wasser, Entspannung. Nicht möglich. Schwägerin zu Besuch. Liebste Freundin, Seelenschwester. Friseurin. Eingefallenes bleiches Gesicht ohne Bart, böses Geschwür im Mundwinkel, blutet. Zentimeterkurze Haare. Greisenhaft. Alt, krank. Sehr alt, sehr krank. Neue Flaschen am In-fusionsständer. Chemo. Ihm wird nicht übel, geht ziemlich gut, muss er halt durch. Nicht so schlimm wie befürch-tet. Tags drauf aber schlagen doch die Nebenwirkungen doch zu. Blutendes Zahnfleisch, rissige Lippen, schmerz-haft eitrig offene Mundschleimhaut, Zunge angeschwollen, dicker Belag, Unfähig, zu sprechen. Bluttransfusion. Alarm, Nierenversagen. Bettenaufzug, nur für Klinikpersonal mit Patienten. Und für mich. Kein Spiegel, keine Wasser-lilien. Keller, Dialysestation. Riesiger Saal, Blutwaschmaschinen, Waschküche. In den Trommeln drehen sich nieren-kranke Patienten. Grau raus, Weiß rein, Aprilfrische. Vor dem ersten Waschgang schickt man mich fort. Kein Zugang für Angehörige, Hygiene. Vormittäglicher Besuch am nächsten Tag. Sie fahren ihn gerade in den Waschkeller, zweite Blutwäsche. Ich treffe hier eine der Dialyseschwestern. Zufällig kenne ich sie noch von früher, anderer Zu-sammenhang. Verspricht, auf ihn ganz besonders gut aufzupassen. Hat ihr Versprechen nicht gehalten, aus Un-vermögen oder weil es nicht möglich war. Oder eine ihrer Kolleginnen. Siehe oben. Unterbezahlt, überlastet, unmotiviert. Oder so. Sonntagmorgen. Sonne. Telefon. Schlimmste Befürchtung. Dramatische Verschlechterung nun von seines Zustandes nach der Dialyse. Nach? Aufgrund? So ich frage nicht. Geschwindigkeitsüberschreitung, Parken irgendwo, keine Zeit. Strafzettel, nun seis drum. Einzelzimmer. Die Luftreinigung, Klimaanlage, das Fenster lässt sich nicht kippen, Jalousie, halbmast, unbewegbar. Dämmerung. Götterdämmerung. Infusionsmaschine, Morphium-dauertropf hochdosiert, Bolus jederzeit, Valium, Ruhigstellung. Überwachungsmonitor. Das Bettgitter. Äußerlich vollkommen verändert. Fleckige gelbstichige Haut, unsteter Blick aus glasigen Augen. PVC Schläuche. Im Nacken gebundene Bänder hinterlassen Druckstellen, halten Hemd, blauweiß gepunktet. Blutige Flüssigkeit im Urinbeutel. Massiv austretende Lymphflüssigkeit aus einer Punktionsstelle jetzt am Unterleib. Durchweichte Kompressen. Wort-los. Leichtes Lächeln, kraftlose, sehr kraftlose Umarmung. Schwäche, Schlaf. Unruhiger Schlaf. Längere Schlafphasen. Lautes Stöhnen im Schlaf, so vor Schmerzen? Die Ärztin sagt nein. Unwillkürliche Reaktion auf die Medi-kation. Personal auf einmal sehr bemüht, eilig, ständig präsent. Zu mir überaus höflich. Schwanken unter den Füßen, man bringt mir Kaffee aus der Schwesternküche u. Kreislauftropfen. Gespräch mit Stationsärztin. Fordert von mir Kraft. Mut. Wenn ich kann auch Glauben. Und lügt schon wieder. Auch das hier muss nicht zwangsläufig, und so weiter. Ich darf hierbleiben, solange ich möchte. Während er schläft, soll ich ruhig etwas essen gehen, muss auch an mich denken. Er schläft viel, ich benutze häufig den Wasserlilienaufzug, kann nichts essen, rauche. Eindeutig zuviel, ist jetzt egal. Trotz allem hat er einen Rhythmus, die Schlafphasen dauern regelmäßig zwanzig Minuten. Wenn ich rauchen gehe, bin ich rechtzeitig zurück, sitze neben dem Bett wenn er aufwacht. Er dreht den Kopf, hat etwas Kraft gefunden um zu lächeln. Einige Wörter, im Minutenabstand wird zuweilen sogar ein Satz daraus. Ich gehe mit meinem Ohr nah an seinen Mund, kann einiges, nicht alles verstehen. Er bittet um eine Fernsehzeitschrift, muß drei Wochen gelten. Am Kiosk bekomme ich eine, lege sie in Sichtweite auf die Zudecke. Er würdigt sie keines Blickes, ist ganz weit weg in Gedanken. Gemurmelte Wörter, die ich nicht verstehe. Dann, überraschend klar, eine längere Zifferreihe, ich soll sie notieren. Nummerncodes Und immer wieder unruhig Schlafen. Hand halten, Strei-cheln. Wenn ich nicht rauchen gehe, versuche ich in seinem Buch zu lesen. Begreife den Sinn nicht, sehe nur schwarze kleine Buchstaben. Und bete wieder. Nicht mehr um Heilung, zu spät. Darum, dass er nicht mehr lange leiden muss. Ist möglich, dass ich nicht für ihn bete, sondern für mich. Dass ich ihm nicht so lange beim Leiden zusehen muss. Weil ich es kaum ertragen kann. Die Krankenschwestern sehen regelmäßig herein. Alles in Ordnung. Saubere Windeln, trockene Kompressen, ein feuchtkühler Waschlappen auf der Stirn, ich wechsle alles regelmäßig aus, kann ja sonst nichts für ihn tun. Hilflos. Darf bleiben, solange ich möchte, also die ganze Nacht. Man bringt mir einen halbwegs bequemen Liegestuhl, wozu? Hab nicht vor, zu schlafen, kann es auch nicht. Zur Nacht Dosis Erhöhung, schweres Sedativ. Unruhiger Schlaf. Er schreckt auf, mobilisiert ungeahnte Kraftreserven. Setzt sich steil auf. Ver-sucht, sich das Klinikhemd wegzuzerren. Will den Katheter los werden, zerrt auch daran herum. Reißt die Sauer-stoffmaske aus der Nase. Muss Hilfe herbei klingeln. Den Pfleger hab ich hier noch nicht gesehen, er ist jung, strahlt Ruhe aus, Ruhe und Freundlichkeit. Gemeinsam richten wir das Bett, ziehen die Laken glatt. Legen ihn so bequem wie möglich hin. Atemausssetzer, Stöhnen. Bedenklich nun lange Atemaussetzer, dann so wieder ruhiges Atmen. Dieses Aufschrecken wiederholt sich mehrmals, während dieser Nacht so zehnmal oder mehr. Zwischen den Minut-en, in denen er schläft, gemurmelt, geflüsterte Halbsätze. Katheter bereitet Schmerzen, das Hemd reibt. Und immer wieder Zahlencodes, Atemaussetzer, Stöhnen. Bedeutet, mit mühsam gestammelten Worten, schwachen Ge-sten, er möchte aus dem Bett. Mit Unterstützung des Pflegers setzen wir ihn in den Liegesessel. Wolldecke um die nackten, mageren Füße. Es scheint ihm zu gefallen. Rechts stütze ich ihn, links der Pfleger. Er stöhnt nicht, ist ruhig, lächelt leicht. Zurück im Bett, schläft er einige Stunden ruhig entspannt. Morgens vor Tau und Tag Schichtwechsel, Übergabe. Genervte Schwester. Notdürftige Hygieneversorgung. Das mit dem "Aus dem Bett holen" geht gar nicht, was ich mir vorstelle, wo sie ihre Zeit hernimmt? Katheter stört? Daran Herumzerren? Folgt Vorschlag Hände fix-ieren. Das gestatte ich nicht. War noch nie ein Freund verschärften Strafvollzuges. Schlage vor, das schmerzver-ursachende Katherterding entfernen zu lassen, durch ein Kondomurinal zu ersetzen. Urologe muss um Erlaubnis gefragt werden, der kommt aber erst um elf. Halbschlafend mangelnde Aufmerksamkeit während der Heimfahrt, nichts passiert. Versuche nun etwas zu schlafen, Dusche, starker Kaffee, Anruf in der Arbeit, brauche frei. Rechtzeitig zurück zur Visite, spreche mit dem Urologen. Desinfektion. Bis der Katheter entfernt ist, muss ich raus. Rauchen. Er ist viel ruhiger als ich zurückkomme. Durch den PVC Schlauch am Urinal läuft nach wie vor blutige Flüssigkeit in den Auffangbeutel. Mehrere Transfusionen Blutgruppe Null. Ich werde ersucht, möglichst nicht mehr zu übernachten. Wäre auch für mich besser. Schuldige Angehörige am Unruhezustand. Die nächsten 6 Tage verlaufen alle gleich. Scheißkatheter ist wieder da, Infektionsgefahr. Kann den Arzt kein zweites Mal überzeugen. Sicherheit steht eben vor vermeintlichem Wohlbefinden. Lüge. Realität: Mehrfach beschriebenes zeitlos unwilliges Schnellpflegepersonal müsste Urinal mehrmals täglich auswechseln. Katheter legt der Doktor, bleibt drin. Punktum. Dauerkatheter. Mor-phium Dosis nochmals erhöht. Bis zur bundesgesunheitsamltich festgesetzten Höchstdosis. Noch mehr wäre zu gefährlich. Wenn's nicht so traurig wäre, müsste ich jetzt lachen. Lebensgefahr. Gefährlich für wen? Gefahr wovor? Was er im morphinvernebelten Halbschlaf undeutlich murmelt, handelt von Gartenbaustellen, Baumschnitt, Rollen-spielen auf dem PC so vermute ich, anders werde ich aus den geheimnisvollen Formeln nicht schlau. Strengt sich ein paar Mal sehr an, spricht ganz langsam, deutlich. Warnt mich: Vorsicht, der Pfarrer/Fahrer?, schießt auf dich. Etwas später, deutet aufgeregt nach vorne: Pferd! Pferd! Schimmel! Dann: Schublade eins, hörst du? Wichtig, schreib auf: Schublade eins! Sinkt entkräftet zurück. Alle sind nach und nach noch einmal gekommen. Sohn, Bruder, Schwestern, Freunde. Schwaches Lächeln für alle Umarmungen. Wortloser Abschied, Tränen im Vorraum. Countdown. Ich komme in aller Frühe. Nachts hat er nach mir gerufen. Offenbar zufrieden, weil ich neben ihm sitze, ruft er nun nach seinem Bruder, flehentlich. Ich erreiche den Bruder auf seiner Baustelle. Verschwitzt voll Bauschmutz eilt er hier sofort her. Klaut unterwegs noch einen Strauß bunter Gladiolen. Farbe im Krankenzimmer. Seit der Bruder hier ist, verlangt er nach seiner Mama. Ruft so laut er noch kann nach seiner Mama. Mama kann nicht kommen, ist vor Jahren gestorben. Sieht er sie? Spät am Abend ruhiger, tiefer Schlaf. Der Bruder bleibt noch lange bei ihm sitzen. Der letzte, der Ihn lebend sehen darf. Montagmorgen, Sonne, Telefon. Geschwindigkeitsüberschreitung. Ich komme zu spät …

 

 

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143.  ©Images, remembering and understanding

 

Triple room. Thirteenth floor, oncology. They already know that the cancer has broken out again, or at least strongly suspect it. The previous values suggest this. Mindless, thoughtless, timeless, d. H. Constantly stressed patient handling staff, but not humorless: If someone out of necessity gives himself up to try to clear his excrement and gives the impression that he is playing with his shit, like a baby, then the humor really comes up. The horrified relatives are told humorously. We laughed so much, we weren't angry at all ... Speechless. Unable to protest, in my faint I go downstairs, smoke one, tears of anger. Trying to be factual, happy, hypocritical, and hopeful doctors, pretending to be competent but not having a clue. Daily tests, examinations, punctures, tissue samples, liters of blood samples and urine samples, stool samples, biopsies, reflections, EKG, CT, MMR, X-rays. Medical techniques mass. Thursday team meeting, diagnosis on Friday. Friday. Put it off until the next week, wait for the final results, wait four weeks for the final results. Torture. Soul torture. The film title fear eats up the soul, which always seemed a little silly to me, so it is true after all. Where is the therapy, where is the cure, or at least the chance? Pink-skirted, minimally paid cleaning column Asian, fast, clean, thorough. Still unborn at the time of Hiroshima, she can be happy, she hums while mopping, waves to us when she leaves the room. We experience his Hiroshima today, here, now. Worse. The bomb, after all, torn to pieces a thousand times over, burned, mutilated, cruel, graciously quick. Which of them survived may have a say. Suffering, creeping away, endlessly increasing pain. Decay, degradation, death. Slowly, brutally. Red, annoying itchy rash. Once a silky soft beard, now shaggy, long, full, shiny hair streaked with white strands, straggly, shaggy, powerless. Pale skin. Lean limbs. Actually just lean arms, little arms, where once muscular arms lifted the world and me, literally as well as figuratively. Belly and legs: oversized bloated, washed up with water, lymph. Very, very fat, especially the belly, very weak legs. Risk of thrombosis, compression stockings that do not fit and that have been put on incorrectly. I make sure that he gets the right ones and show the handling staff how to do something like that, it doesn't take longer than sloppy work. I also have to teach the sick nurses about medication safety and how to label laboratory sample cups. Doesn't take any longer, see above. Do not like them. Oxygen device, the water prevents the lungs from breathing sufficiently on their own. Some of the dispatch ladies are already refusing to speak to me. The ward doctor does not refuse, but presumably lies. Think I have no idea anyway. Cannulas in the veins and thin PVC tubes. Punctured veins, hematomas, accidentally slipped hollow needles, ports, stents. For his medication, for recurring blood samples, for his food. Thin, white stuff, through the tube into the vein. High-calorie, nutritionally now prepared, balanced. Pig expensive, nutritious, tasteless. The stark contrast to our common culinary habits. Here I cook. Mostly small, light and good, occasionally experimental, above all always tasty and never savoy cabbage. I'm so badly prepared to prepare it that it blasphemers that tomorrow he would use it to stick the loose tiles in the bathroom. I'll never do it again. Not everything can always work out. He enjoys, praises, clears the table and loads the dishwasher. Food was really fat, wasn't it? Small metaxa to finish off for medical reasons, coffee. The same process every day, never boring, we need it that way, we like it that way. Special food. Too little fluid, no movement. Digestive problems, laxatives. No problem as long as he can still go to the toilet on his own, annoying when he is too weak. Diapers, bed liners made of hard, coarse-grained paper fleece. We can still have coffee together, down into the open. Tables, chairs, umbrellas, visitors, patients, staff on break, still in white coats, in order to receive the necessary respect. Of course we can't really walk, we push. I use his wheelchair, not thinking of walking more than a few steps, he uses the IV pole. Quiet, less-frequented place in the partial shade, coffee from paper cups not as bad as feared, he rolls cigarettes for us, chat. No, we speak. We chatted at home, small talk: Politics, he is clearly the more informed, ironic gossip about neighbors, colleagues, I can offer more. Banalities, everyday stuff, weather, domestic problems that have to be solved in the near future, never partnership problems. Silence about it, sat out until they were just gone. Or become unimportant, that works. No unbearable silence. Peaceful, friendly, initially stormy coexistence, later rather calm in some respects, always trusting and amicable, above all never intentionally mean. Seen and loved my child as his. Here, in the anonymity of the people around us, murmuring a large-scale healthcare industry, we speak. Forging plans: holidays together that can finally be put into practice, a spa stay after his recovery, his dream of a publicly accessible eucalyptus and exotic garden. He has already prepared the site, lovingly growing innumerable plants in the greenhouse in our garden, plants that could not be expected to become hardy. Documented, photographed. Gifted gardener, yogurt pots with seedlings on each window sill. It all looks like his plan could be a success. As long as he's here, I'll pour. Hope most of the plants can take my care, green thumbs zero. Make plans, believe the hopeful doctors. Because we want it. Because he is considerate of me. Because I am considerate of him. Through the rain, then past the construction site, revolving door, vestibule. Mirror in the elevator, LED screen for decoration, changing images: water lilies, mountain range, sunset. After the fourth water lilies, 13th floor: smiling faces go to the right, maternity ward. Links oncology. Here you smile too. Convulsive, trying hard to be optimistic. Makes sense. The new life, expected death, same floor, opposite direction. I am one of those here with such convulsive optimism. Hug, clean laundry in the closet, used in the bag, even the old newspapers. Someone in the room turned on the TV, MDR, funny musicians or something. Not possible, escape from the brass music in the vestibule. From the seating area you can see construction workers dismantling a crane there. A roommate, who used to work on the construction site, sits down with us and verbally explains the matter with the crane. Is reasonably entertaining. Great view up here, the whole city at your feet, the other direction wide landscape. Phenomenal, you just have to be able to enjoy them once. Lasix high doses against the increasing accumulation of water, puncture was of little use. He is too weak to go to the bathroom. Follows the wetting. Overworked-unmotivated-underpaid staff. Follows urinary catheter. This is followed by inflamed swelling of the genitals, painful. It cannot be denied that they once played a not insignificant role for us. Now battered, and so badly mistreated. Infection. Cooling ointment, orthopedic assistance, pain, morphine. Every edema-free part of the body is only skin and bones. The hard parts of the wheelchair press painfully. Padded with colorful cushions brought from home, is reasonably possible. I drive to work for a couple of hours every day, it's not far. Back after work. In times of need, people begin to pray. Me too. Ask the authorities for help and healing. At the first sunset mountain range, I meet the senior doctor in the elevator. He's not asking me to come to his office, cash patient. Billing according to DRG. Diagnosing Reality Groups. money flows according to the severity of the diagnosis times the equivalence number assigned. Patient is a series of digits. Digits from statistical calculations plus empirical values, digitized, dehumanized. Limited time. Time is money. Information in the corridor: diagnosis of rapidly progressing carcinoma, metastasized, vital organs affected. Bad, but not hopeless. Professional liar. Chemotherapy, after two more weeks outpatient treatment is likely possible. Hope for relatively long treatment-free phases. Establishing the quality of life. Forecast, I don't want to know. He asks to have his hair and beard cut as short as possible for reasons of hygiene and because the hair will fall out anyway. And to make the work of the patient handling staff easier. Daily cat wash in bed. Would like a full bath, warm water, relaxation. Not possible. Visiting sister-in-law. Dearest friend, sister of soul. Hair stylist. Sunken pale face without a beard, nasty ulcer in the corner of the mouth, bleeding. Centimeter-short hair. Senile. Old, sick. Very old, very sick. New bottles on the IV pole. Chemo. He doesn't feel sick, is doing pretty well, he just has to go through it. Not as bad as feared. The next day, however, the side effects strike. Bleeding gums, chapped lips, painful, purulent open oral mucosa, tongue swollen, thick coating, unable to speak. Blood transfusion. Alert, kidney failure. Bed elevator, only for hospital staff with patients. And for me. No mirror, no water lilies. Cellar, dialysis ward. Huge hall, blood washing machines, laundry room. Patients with kidney disease spin in their drums. Gray out, white in, April freshness. They send me away before the first wash. No access for relatives, hygiene. Morning visit the next day. You are currently driving him to the laundry room, second blood wash. I'll meet one of the dialysis nurses here. I happen to know her from before, in a different context. Promises to take extra care of him. Didn't keep her promise, out of inability or because it wasn't possible. Or one of her colleagues. See above. Underpaid-overworked-unmotivated. Or so. Sunday morning. Sun. Phone. Worst fear. Dramatic deterioration in his condition after dialysis. To? Because of? So I don't ask. Speeding, parking somewhere, no time. Speeding ticket, so be it. Single room. The air purification, air conditioning, the window cannot be tilted, blinds, half mast, immovable. Dusk. Götterdämmerung. Infusion machine, high-dose morphine continuous drip, bolus at any time, valium, immobilization. Surveillance monitor. The bed rail. Externally completely changed. Patchy, yellowish skin, unsteady gaze from glassy eyes. PVC hoses. Ribbons tied in the neck leave pressure marks, hold shirt, blue and white dotted. Bloody fluid in the urine bag. Lymph fluid leaking massively from a puncture site now on the abdomen. Soaked compresses. Wordless. Slight smile, powerless, very powerless hug. Weakness, sleep. Restless sleep. Longer periods of sleep. Loud moans in your sleep, so in pain? The doctor says no. Involuntary reaction to the medication. The staff suddenly tried very hard, in a hurry, always present. Extremely polite to me. Staggering underfoot, they bring me coffee from the nurses' kitchen and my blood circulation drops. Conversation with the ward doctor. Requires strength from me. Courage. If I can also believe. And lies again. This does not necessarily have to be the case either, and so on. I can stay here as long as I want. While he sleeps, I should go and have something to eat, think of myself too. He sleeps a lot, I often use the water lily lift, can't eat anything, and smoke. Clearly too much, it doesn't matter now. Despite everything, it has a rhythm, the sleep phases regularly last twenty minutes. If I smoke, I'll be back in time, sit next to the bed when he wakes up. He turns his head, has found some strength to smile. A few words, every minute, even turns into a sentence. I put my ear close to his mouth, I can understand some things, not everything. He asks for a TV magazine, has to be valid for three weeks. I get one at the kiosk and put it on the blanket within sight. He doesn't even look at her, his thoughts are very far away. Mumbled words that I don't understand. Then, surprisingly clear, a longer row of digits, I should write it down. Number codes And sleep restlessly again and again. Hand holding, stroking. When I don't smoke, I try to read his book. Don't get the point, just see black small letters. And pray again. No more healing, too late. About the fact that he doesn't have to suffer much longer. Is it possible that I am not praying for him, but for myself? That I don't have to watch him suffer for so long. Because I can hardly take it. The nurses come in regularly. Everything OK. Clean diapers, dry compresses, a cool, damp washcloth on my forehead, I change everything regularly, there is nothing else I can do for him. Helpless. I can stay as long as I want, all night long. They bring me a reasonably comfortable deck chair, what for? Don't plan to sleep, neither can it. Dose increase at night, heavy sedative. Restless sleep. He is startled, mobilizes unimagined reserves of strength. Sits up steeply. Tries to pull off the hospital shirt. If you want to get rid of the catheter, pull on it too. Rips the oxygen mask out of your nose. Got to ring for help. I haven't seen the nurse here yet, he's young, exudes calm, calm and friendliness. Together we set up the bed and straighten the sheets. Lay it down as comfortably as possible. Breathing pauses, moaning. Long pauses in breathing, then calm breathing again. This startling is repeated several times, ten times or more during that night. Between the minutes he sleeps, mumbled, whispered half-sentences. Catheter causes pain, shirt rubs. And again and again numerical codes, pauses in breathing, groans. Means, with laboriously stammered words, weak gestures, he wants to get out of bed. With the support of the carer, we put him in the reclining chair. Blanket around bare, skinny feet. He seems to like it. I support him on the right, the nurse on the left. He does not moan, is calm, smiles slightly. Back in bed, he sleeps calmly for a few hours. In the morning before the dew and day shift change, handover. Annoyed sister. Poor hygiene. Getting out of bed doesn't work, what I imagine, where does she get her time? Catheter interferes? Tugging at it? Follow the suggestion to fix your hands. I don't allow that. Has never been a friend of the strict prison system. Suggest having the pain-causing catheter thing removed, replacing it with a condom urinal. Urologist has to be asked for permission, but he doesn't come until eleven. Half asleep, lack of attention on the way home, nothing happens. Now try to get some sleep, shower, strong coffee, call work, need free time. Back to the round in good time, talk to the urologist. Disinfection. I have to go out until the catheter is removed. Smoking. He's a lot calmer when I come back. Bloody liquid continues to run through the PVC hose on the urinal into the collection bag. Multiple blood group zero transfusions. I am requested not to stay the night if possible. Would be better for me too. Guilty relatives for the state of restlessness. The next 6 days are all the same. Fucking catheter is back, risk of infection. Can't convince the doctor a second time. Security comes before supposed well-being. Lie. Reality: Timelessly unwilling quick care personnel described several times would have to change urinals several times a day. The doctor lays the catheter, stays in it. Point. Indwelling catheter. Morphine dose increased again. Up to the maximum dose set by the federal health system. Any more would be too dangerous. If it weren't so sad, I'd have to laugh now. Risk of death. Dangerous for whom? Danger from what? What he murmurs indistinctly in the morphine-fogged half-sleep is about gardening sites, tree pruning, role-playing on the PC, I suspect, otherwise I will not be able to make sense of the mysterious formulas. Struggles a few times, speaks very slowly, clearly. Warns me: Be careful, the pastor / driver ?, shoots you. A little later, excitedly points to the front: Horse! Horse! Mould! Then: drawer one, do you hear? Important, write down: drawer one! Sinks back exhausted. Little by little everyone came back. Son, Brother, sisters, friends. Weak smiles for everyone, hugs. Wordless farewell, tears in the anteroom. Countdown. I come very early. At night he called for me. Apparently satisfied because I'm sitting next to him, he now calls for his brother, pleading. I reach the brother on his construction site. Sweaty full of construction debris, he rushes here immediately. On the way, steal another bouquet of colorful gladioli. Color in the hospital room. Since the brother has been here, he has been asking for his mom. Calls for his mom as loud as he can. Mama can't come, died years ago. Does he see her? Quiet, deep sleep late in the evening. The brother stays with him for a long time. The last one to see him alive. Monday morning, sun, phone. Over speeding. I'm late …