120.  ©Die ungleichen Kinder Evas

 

Als Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben waren, so mussten sie auf unfruchtbarer Erde sich ein Haus bauen und im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot essen. Adam hackte das Feld und Eva spann Wolle. Eva brachte jedes Jahr ein Kind zur Welt, die Kinder waren aber ungleich, einige schön, andere hässlich. Nachdem nun eine geraume Zeit verlaufen war, sendete Gott einen Engel an die beiden und ließ ihnen entbieten, dass er kommen und ihren Haus-halt schauen wollte. Eva, freudig, dass der Herr so gnädig war, säuberte emsig ihr Haus, schmückte es mit Blumen und streute Binsen auf den Estrich. Dann holte sie ihre Kinder herbei, aber nur die schönen. Sie wusch und badetet sie, kämmten ihnen die Haare, legte ihnen neu gewaschene Hemden an und ermahnte sie, in der Gegen-wart des Herrn sich anständig und züchtig zu betragen. Sie sollten sich vor ihm sittig neigen, die Hand darbieten und auf seine Fragen bescheiden und verständig antworten. Die hässlichen Kinder aber sollten sich nicht sehen lassen. Das eine verbarg sie unter das Heu, das andere unter das Dach, das dritte in das Stroh, das vierte in den Ofen, das fünfte in den Keller, das sechste unter eine Kufe, das siebente unter das Weinfass, das achte unter ihren alten Pelz, das neunte und zehnte unter das Tuch, aus dem sie ihnen Kleider zu machen pflegte, und das elfte und zwölfte unter das Leder, aus dem sie ihnen die Schuhe zuschnitt. Eben war sie fertig geworden, als es an die Haustüre klopfte. Adam blickte durch eine Spalte und sah, dass es der Herr war. Ehrerbietig öffnete er, und der himmlische Vater trat ein. Da standen die schönen Kinder in der Reihe, neigten sich, boten ihm die Hände dar und knieten nieder. Der Herr aber fing an sie zu segnen, legte auf den ersten seine Hände und sprach‚ du sollst ein gewaltiger König werden, ebenso zu dem zweiten, du ein Fürst, zu dem dritten, du ein Graf, zu dem vierten, du ein Ritter, zu dem fünften, du ein Edelmann, zu dem sechsten, du ein Bürger, zum siebenten, du ein Kaufmann, zu dem achten, du ein gelehrter Mann. Er erteilte ihnen also allen seinen reichen Segen. Als Eva sah, dass der Herr so mild und gnädig war, dachte sie ‚ich will meine Ungestalten Kinder herbeiholen, vielleicht, dass er ihnen auch seinen Segen gibt. Sie lief also und holte sie aus dem Heu, Stroh, Ofen, und wo sie sonst hin versteckt waren, hervor. Da kam die ganze grobe, schmutzige, grindige u. rußige Schar. Der Herr lächelte, betrachtete sie alle und sprach, auch diese will ich segnen. Er legte auf den ersten die Hände, sprach zu ihm, du sollst werden ein Bauer, zu dem zweiten, du ein Fischer, zu dem dritten, du ein Schmied, zu dem vierten, du ein Lohgerber, zu dem fünften, du ein Weber, zu dem sechsten, du ein Schuhmacher, zu dem siebenten, du ein Schneider, zu dem achten, du ein Töpfer, zu dem neunten, du ein Karrenführer, zu dem zehnten, du ein Schiffer, zu dem elften, du ein Bote, zu dem zwölften, und du ein Hausknecht dein lebelang. Als Eva das alles mit angehört hatte, sagte sie, Herr, wie teilst du deinen Segen so ungleich! Es sind doch alle meine Kinder, die ich geboren habe: deine Gnade sollte über alle gleich ergehen. Gott aber erwiderte, Eva, das verstehst du nicht. Mir gebührt und ist not, dass ich die ganze Welt mit deinen Kindern versehe: wenn sie alle Fürsten und Herren wären, wer sollte das Korn anbauen, dreschen, mahlen und backen?, wer dann schmieden, weben, zimmern, bauen, graben, schneiden u. auch mähen? Jeder soll seinen Stand vertreten, dass einer den andern erhalte und alle ernährt werden wie am Leib die Glieder. Da antwortete Eva, ach Herr, vergib, ich war zu rasch, dass ich dir einredete, dein göttlicher Wille geschehe auch an meinen Kindern.

 

 

 

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120.  ©The unequal children of Eve

 

When Adam and Eve were driven out of paradise, they had to build a house for themselves on barren earth and eat their bread in the sweat of their brow. Adam chopped the field and Eve spun wool. Eva gave birth to a child every year, but the children were unequal, some beautiful, others ugly. After a long time had passed, God sent an angel to the two of them and let them promise that he would come and see their housekeeping. Eva, glad that the gentleman was so gracious, busily cleaned her house, decorated it with flowers and strewed rushes on the floor. Then she fetched her children, but only the beautiful ones. She washed and bathed them, combed their hair, put on their newly washed shirts and admonished them to behave decently and properly in the presence of the Lord. You should bow down to him morally, offer your hand, and answer his questions modestly and intelligently. But the ugly children shouldn't be seen. She hid one under the hay, the other under the roof, the third in the straw, the fourth in the stove, the fifth in the cellar, the sixth under a skid, the seventh under the wine barrel, the eighth under her old fur , the ninth and tenth under the cloth from which she used to make clothes for them, and the eleventh and twelfth under the leather from which she made their shoes. She had just finished when there was a knock on the front door. Adam looked through a crack and saw that it was the Lord. He reverently opened the door and Heavenly Father entered. The beautiful children stood in a row, bowed, offered their hands to him, and knelt. But the Lord began to bless them, put his hands on the first and said, 'You shall become a mighty king, also to the second, you a prince, to the third, you a count, to the fourth, you a knight, to the fifth, you a nobleman, to the sixth, you a citizen, to the seventh, you a merchant, to the eighth, you a learned man. So he bestowed his abundant blessings on all of them. When Eve saw that the Lord was so gentle and gracious, she thought, 'I want to bring my shapeless children, maybe that He may give them his blessing too. So she ran and got them out of the hay, straw, stove and wherever else they were hidden. Then came the whole coarse, dirty, gritty and sooty crowd. The Lord smiled, looked at them all and said, I will bless these too. He laid his hands on the first and said to him, you shall become a farmer, to the second, you a fisherman, to the third, you a blacksmith, to the fourth, you a tanner, to the fifth, you a weaver, to the sixth, you a shoemaker, to the seventh, you a tailor, to the eighth, you a potter, to the ninth, you a cart driver, to the tenth, you a boatman, to the eleventh, you a messenger, to him twelfth, and you will be a servant for life. When Eva had overheard all of this, she said, Lord, how do you share your blessings so unequally! After all, they are all my children whom I have given birth: your grace should be the same for all of them. But God replied, Eve, you don't understand. It is due and necessary to me to provide the whole world with your children: if they were all princes and lords, who should grow, thresh, grind and bake the grain? Who then forge, weave, carpentry, build, dig, cut and mow too? Everyone should represent their own status, so that one receives the other and that all are nourished like the limbs on the body. Then Eve replied, oh Lord, forgive me, I was too quick to persuade you that your divine will be done to my children too.