107.  ©Der Erpresser

Der Erpresser hatte seinen Wagen etwa 200 Meter südlich der Kirche geparkt. Wir treffen uns um Mitternacht bei der alten Kirche, war seine Direktive an das Opfer. Nun ja, er hatte einen gewissen Hang zur Theatralik. Langsam und voller Sorgfalt schraubte er den Schalldämpfer auf seine Pistole. Während der Erpresser sich in Richtung Kirche bewegte, ging er den bevorstehenden Ablauf noch einmal geistig durch. Er hatte sein Opfer bis aufs Blut ausgesaugt, da war nichts mehr zu holen. Aber Leute, die mit dem Rücken zur Wand standen und nichts mehr zu verlieren hatten, konnten sehr gefährlich hier werden. Entweder sie gingen zur Polizei gestanden alles, und gaben eine Täterbeschreibung ab. Das war absolut inakzeptabel. Möglicherweise schworen sie auch Rache, das war überhaupt nicht gut, einen Feind im Rücken zu haben der nicht kontrollierbar ist, unkontrollierbare Situationen waren ebenfalls vollkommen tolerierbar. Oder sie versuchten mit kriminellen Machenschaften wieder auf die Beine zu kommen, und das musste unbedingt, unter allen Umständen, verhindert werden. Bei seinen Opfern handelte es sich durchweg um Amateure, Dilettanten, die bei kriminellen Handlungen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit gefasst werden, bei den Verhören schlapp machen und alles den Bullen brühwarm erzählten, was wiederum zu Punkt eins führt. Die einzige saubere Lösung war, das Opfer musste entsorgt werden, schnell und gründlich. Der Erpresser war immer darauf bedacht Amateure abzuzocken, Profis waren zu gefährlich, unkontrollierbar, nur Selbstmörder oder Idioten versuchten sich mit Profis. Einen echten Profi zu erpressen glich einem russischen Roulette. Echte Profis drohen nicht, sie töten!! Und zwar möglicherweise ihn, und das war kein schöner Gedanke. Nun stand er im Eingangsschatten der Kirche und seine Aufmerksamkeit war nach Norden gerichtet, von wo er das Opfer erwartete. Er würde warten bis der zu Entsorgende auf  zwei Meter heran gekommen ist, dann seine Waffe ziehen und ihn mit einem Schuss ins Herz ausschalten. In vielen Filmen und Bücher wurden Leute mit einem Kopfschuss zur Strecke gebracht (er las zwar keine Bücher, dafür sah er um so mehr Filme, aber die Wahrscheinlichkeit, mit einem Kopf-schuss zu überleben, war sogar relativ hoch, und das konnte er nicht tolerieren. Ein Herzschuss hingegen war immer eine sichere Sache. Der Erpresser schaute auf seine Armbanduhr, ein asiatisches Rolex Imitat, und stellte fest, dass der Erpresste schon zehn Minuten über der Zeit war. Das verärgerte ihn, er konnte es auf den Tod nicht leiden, wenn seine Pläne nicht minuziös eingehalten werden. Nun ja, nicht mehr lange, und sein Ärgernis wäre beseitigt. So in Gedanken versunken sah er sein Opfer erst relativ spät, erdreistete es sich doch aus südlicher Richtung zu kommen, das verwirrte ihn, aber nur kurz. Halt, bleib stehen raunte der Erpresser in John Wayne Manier (dafür hatte er lange vor dem Spiegel geübt! Ich hab nichts mehr sagte der Erpresste! Ich weiß, antwortete der Erpresser, zog seine Waffe und schoss sein Gegenüber ins Herz. Dieser sackte zusammen, und die weiße Daunenjacke färbte sich rot. Der Erpresser nickte, steckte die Waffe ein und ging zurück zu seinem Auto. Gute Arbeit dachte er,  ganz große Klasse, das war absolute Spitzenarbeit, erste Liga ganz weit oben, er klopfte sich gedanklich selbst kräftig auf die Schulter und schien, als er so stolz dahin schritt, etwas zu wachsen. Aber er war auch ein bisschen traurig, weil er niemandem von seiner Klassearbeit erzählen konnte. Es gab einfach zu viele Pfuscher in seinem Genre, zu viele Nichtskönner, schwachsinnige dumme Idioten, die nur ans große Geld wollen, die das Philosophische an dieser Art von Arbeit nicht sahen! Ja, er war in den letzten Jahren ein großer und tiefsinniger Denker geworden, was sich zweifellos in seinem Tun niederschlug. Er schloss sein Auto auf setzte sich hinters Lenkrad und steckte den Zünd-schlüssel ins Schloss. Eins ließ ihn jedoch noch nicht ganz in Ruhe, wieso kam das Opfer anstatt aus Norden aus südlicher Richtung? Und war der Typ nicht früher einmal Bombenexperte?? Nun ist das so eine Sache mit dem Großhirn. Viele Handgriffe und Bewegungsabläufe, die ständig wiederholt werden, werden nicht mehr vom Großhirn gesteuert, sondern direkt vom Rückenmark. Man sagt bei Routinearbeit deshalb auch, es flutscht von der Hand. Ein Jongleur, der erst überlegen muss, welcher Ball aufzufangen, und welcher hochzuwerfen ist, leidet durch ständiges Bücken sehr schnell und effektiv an der Bandscheibe. Noch bevor das Großhirn des Erpressers Halt schreien konnte, hatte das Rückenmark bereits den Befehl Zündschlüssel umdrehen gegeben. Der Erpresser hörte den Knall nicht mehr. Die Explosion war sehr gigantisch. Jeder psychopatische Bombenleger wäre bei der Symphonie dieser Deto-nation in höchste Ekstase geraten. Noch in gut 50 Meter Entfernung platzten die Fensterscheiben. Nachdem auch der Nachhall langsam ausklang, erhob sich der ins Herz geschossene langsam, zog den Reißverschluss seiner Daun-enjacke herunter, betrachtete die kugelsichere Weste mitsamt dem zerschossenen Farbbeutel, zog den Reißver-schluss wieder nach oben (denn es war kalt, und ging grinsend in Richtung Norden nach Hause.

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107.  ©The blackmailer

The blackmailer had parked his car about 200 meters south of the church. We'll meet at the old church at midnight, was his directive to the victim. Well, he had a certain theatrical tendency. Slowly, carefully, he screwed the silencer onto his pistol. As the blackmailer headed toward the church, he mentally went over the impending process one more time. He had sucked his victim down to the blood, there was nothing left to get. But people who had their backs to the wall and had nothing more to lose could be very dangerous here. Either they went to the police, confessed everything, and gave a description of the perpetrator. That was absolutely unacceptable. Perhaps they also swore revenge, it was not at all good to have an enemy behind you who cannot be controlled, uncontrollable situations were also perfectly tolerable. Or they tried to get back on their feet with criminal machinations, and that absolutely had to be prevented under all circumstances. His victims were consistently amateurs, amateurs, who are quite likely to be caught in criminal acts, to fail during interrogations and to tell the cops everything, which in turn leads to point one. The only clean solution was to dispose of the victim, quickly and thoroughly. The blackmailer was always anxious to rip off amateurs, professionals were too dangerous, uncontrollable, only suicides or idiots tried their hand at professionals. Blackmailing a real professional was like playing Russian roulette. Real professionals don't threaten, kill them !! And possibly him, and that wasn't a nice thought. Now he was standing in the shadow of the entrance to the church and his attention was turned to the north, from where he awaited the sacrifice. He would wait until the person to be disposed of has come within two meters, then draw his weapon and kill him with a shot in the heart. In many films and books people were hunted down with a headshot (he didn't read books, he saw the more films, but the odds of surviving with a headshot were relatively high and he couldn't tolerate it. A shot in the heart, however, was always a sure thing. The blackmailer looked at his watch, an Asian fake Rolex, and found that the blackmailed was ten minutes over time His plans are not meticulously adhered to. Well, not much longer, and his annoyance would be removed. So lost in thought, he saw his victim relatively late, but dared to come from the south, that confused him, but only briefly. Hold on, stand still, the blackmailer whispered in John Wayne style (that's what he practiced for a long time in front of the mirror! I have nothing more said the blackmailer! I know, the blackmailer replied, drew his gun and shit oss his counterpart into the heart. This sagged and the white down jacket turned red. The blackmailer nodded, pocketed the gun, and walked back to his car. Good work, he thought, really great, that was absolutely top work, top division, he patted himself vigorously on the shoulder and seemed to grow a little as he walked so proudly. But he was also a little sad because he couldn't tell anyone about his class work. There were just too many bunglers in his genre, too many unskilled people, idiotic stupid idiots who only want big money, who did not see the philosophical aspect of this kind of work! Yes, he had become a great and deep thinker in recent years, which was undoubtedly reflected in his actions. He unlocked his car, sat behind the steering wheel and put the ignition key in the lock. One thing, however, did not leave him completely alone, why did the victim come from the south instead of from the north? And wasn't that guy once a bomb expert? Well, that's one of the things with the cerebrum. Many hand movements and movements that are constantly repeated are no longer controlled by the cerebrum, but directly by the spinal cord. When it comes to routine work, it is therefore said that it slips out of the hand. A juggler who has to think about which ball to catch and which to throw up suffers very quickly and effectively from the intervertebral disc due to constant stooping. Before the blackmailer's cerebrum could scream stop, the spinal cord had already given the command to turn the ignition key. The blackmailer no longer heard the bang. The explosion was very gigantic. Any psychopathic bomber would have fallen into ecstasy at the symphony of this detonation. The window panes burst 50 meters away. After the reverberation slowly subsided, the one who had been shot in the heart rose slowly, pulled down the zipper of his down jacket, looked at the bulletproof vest and the torn paint bag, pulled the zipper back up (because it was cold, and grinned towards the north Home.