76.  ©Aufbruch ...

 

Während sich mein Leben in den den ersten 12 Jahren weitgehend im Kreis der Familie und Freunde abspielte, wagte ich in den kommenden Jahren, die Nase vor die Tür zu stecken. Es begann eigentlich damit, dass ich regelmäßig eine kirchliche Kinder- und später Jugendgruppe besuchte. In Anlehnung an das bewährte Vorbild der Pfadfinder, war das angebotene Programm für mich sehr reizvoll. Wir machten Geländespiele, sangen mit Gitarrenbegleitung am Lagerfeuer, machten Radausflüge zu Jugendherbergen in der Umgebung und vor allem Zeltlager. Dazu die Kluft, d.h. einheitliches Hemd mit Halstuch, ein Fahrtenmesser am Gürtel, die Mundorgel (Liederbuch) in der Hemdentasche ging es hinaus in die Natur. Wenn man eine Nachtwanderung machte oder auch schon mal im Sommer unter einem Baum auf dem weichen Waldboden im Schlafsack übernachtete, da spürte man das Gefühl von Freiheit und Abenteuer, auch wenn man nicht Marlboro rauchte. Ab 14 Jahren durfte ich in die Jungmannengruppe wechseln, mit den vier Hierarchiestufen Neuling, Jungmanne, Ritter und dann Kreuzritter. Jede Stufe war mit einer umfangreichen Prüfung verbunden (Orientierung im Gelände, Feuerstellenbau, Wetterkunde etc.)Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich nur die Neulingsprüfung abgelegt, aber immer voll Hochachtung in den Pfingst, und Sommerzeltlagern die Ritter und Kreuzritter beobachtet. Die Schule machte mir wenig Freude wem schon. Das hing auch damit zusammen, dass die Lehrer an der Realschule oftmals lustlos aber mit viel Strenge den Stoff durchzogen, bis hin zu Gewaltanwendung. Ich mogelte mich so bis zur mittleren Reife durch 10. Schuljahr und hatte auch die berühmten Blauen Briefe erhalten, mit dem die Eltern informiert wurden, dass meine Versetzung gefährdet sei. Berühmt wurde meine Klasse an der gesamten Schule, als auf einer Klassenfahrt 2 Schüler am Tage 2 Mädchen in der Stadt kennenlernten u. sie abends auf unser Zimmer ja 14 Bettenschlafsaal einluden, was natürlich strengstens verboten war. Sie kamen tatsächlich gegen 23 Uhr über den Balkon ins Zimmer geklettert. Es gab ein lautes hallo, als sie sich bei den beiden Schulen ins Bett zwängten. Es waren keine fünf Minuten vergangen, da ging plötzlich das Licht im Schlafsaal an und der Lehrer stand im Schlafanzug in der Tür. Die beiden Mädels sprangen aus den Betten, rissen das Fenster auf und riskierten mutig den Sprung aus der 1. Etage und ergriffen die  Flucht. Die Konsequenz: Die Klassenfahrt wurde vorzeitig abgebrochen, zuhause wurde die Polizei eingeschaltet, alle verhört wg. Verdacht auf Vergewaltigung oder ähnliches, was völlig abstrus war. Ein Schüler wurde von der Schule ver-wiesen und wir machten keine Klassenfahrt mehr. Von zuhause aus waren mir Auslandsreisen unbekannt und ich staunte selbst über meinen Mut als ich mit 14 Jahren erstmals an einem Schüleraustausch nach Frankreich teilnahm. Ich kam in eine Bergarbeiter Familie und verbrachte dort eine Woche. Danach kam mein französischer Austauschpartner Christian zu uns für eine Woche. Es war für mich ein prägendes Erlebnis, mich in Französisch verständigen zu können. Mit großen Augen staunte ich bei einem Ausflug über das pulsierende Leben in Paris. Auf der Rückfahrt von Paris summte mir meine französische Freundin Bernadette romantische Lieder über Paris und die Liebe ins Ohr. Mutig fuhr ich noch im gleichen Jahr für drei Wochen in ein Sommercamp nach Frankreich. Langsam aber sicher machte es mir Spaß, Neues zu entdecken. Mit 15 Jahren begann ich eine zweijährige Ausbild-ung an der Höheren Handelsschule. Ich hatte für mich den Entschluss gefasst, das Fachabitur zu machen, um anschließend ein Wirtschaft Studium aufnehmen zu können. Es war eine andere Welt an dieser Schule, hieß es an der Realschule noch: Wessel komm nach vorn an die Tafel und rechne das vor!, so hieß es nun: Dietmar würden Sie bitte nach vorne kommen und ihren Mitschülern den Rechenweg skizzieren? Das ging runter wie warmer Honig und allein der Umgangston und das Ernstgenommen sein motivierten mich. Meine schulischen Leistungen verbess-erten sich rapide. Neben Englisch und Französisch lernte ich auch Spanisch. Stenografie und Maschineschreiben waren auch Neuland für mich. Neu war auch die Tatsache, dass wir nun eine gemischte Klasse waren. Die sechs Jahre auf der Realschule waren in einer reinen Jungenklasse. Und dann passierte es auf einer Klassenfahrt nach Bad Segeberg, an einem Lagerfeuer vor der Jugendherberge. Der Liebesgott Amor schoss seinen Pfeil ab und brachte meine Ehefrau Renate und mich zusammen. Ja, das war irgendwann im Juni 1971, also über 35 Jahre her, die Zeit vergeht. Viel zu schnell vergingen die zwei Jahre Schule und ich musste anschließend erst ein einjähriges Berufspraktikum absolvieren, bevor ich mein Studium aufnehmen konnte. Und jetzt begann ich einen Fehler. Ich wählte den Einzelhandel, genauer gesagt, das Kaufhaus Karstadt für mein Praktikum. Schon nach wenigen Wochen bereute ich die Entscheidung. Immer mit Anzug und Krawatte musste ich lernen, stundenlang in der Kleinmöbel- oder Haushaltswarenabteilung auf Kunden zu warten. Ich durfte nicht hier gemütlich mit einem spannenden Buch bewaffnet auf einem weichen Stuhl darauf warten, dass ein Kunde mich ansprach. Stehen bis die Füße brannten und in devotem Tonfall Kunden ansprechen: Darf ich Ihnen behilflich sein? Ich war das letzte Glied in der Hierarchie, sie fing mit Abteilungsleiter an, Substitut, 1-Verkäufer, Verkäufer, Azubi, dann eine Weile nichts, und dann der Praktikant. Als ich meinem gleichaltrigen Kollegen 17 Jahre vorschlug, dass wir uns doch mit Vornamen anreden könnten, entgegnete er kühl: Ich bin für Sie Herr Kossek, bin der zuständige Verkäufer für Kleinmöbel, Sie sind nur simpler Praktikant. Meine unflätige Verwünschung, die ich insgeheim ausstieß, möchte ich hier nicht wiedergeben. Mein Monatssalär betrug damals 200 DM 1972. Ich versuchte diesen mageren Lohn aufzubessern, indem ich bei den Kleinmöbeln kitschige Sonnenspiegel verkaufte. Dafür gab es 5 DM Prämie pro Spiegel. Oder Kopfgeldjäger, in einer Kabine versteckt, sollte ich in die Damenoberbekleidungsabteilung Kaufhaus Diebe in flagranti erwischen. Und es klappte. Gebannt beobachtete ich eine ca. 50 jährige Frau, wie sie verstohlen über die Schulter umher schaute, ob sie jemand beobachtete. Alles schien in Ordnung zu sein, sie ahnte nicht, dass nur 3 m entfernt zwei aufmerksame Augen jede Bewegung von ihr alles registrierten. Blitzschnell ließ sie eine Bluse in ihre Handtasche gleiten und schlenderte langsam Richtung Rolltreppe. Mein Jagdinstinkt war erwacht. Im Nu war ich bei ihr, nachdem ich der Kassiererin zugerufen hatte, sie möge dem Hausdetektiv Bescheid geben. Höflich aber bestimmt bat ich sie, die Tasche zu öffnen, was bei ihr eine Flut von Schimpfwörtern auslöste. Sie Flegel, verschwinden Sie gehörte da noch zu den harmlosen Ausdrücken. Sie die Rolltreppe runter, ich hinterher, der Detektiv stürmet die Treppe herunter und gemeinsam drängten wir sie aus dem Verkaufsraum. Die Polizei wurde gerufen und sie musste alle Taschen öffnen. Sie hatte Großeinkauf gemacht. Schmuck, Blusen Parfum mindestens für 500 DM. Anderntags erhielt ich 50 DM Fangprämie, aber ich hatte keine Lust mehr als Kopfgeldjäger weiterzumachen ...

 

 

 

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76.  ©Departure ...

 

While my life was largely played out in the company of family and friends in the first 12 years, in the years to come I dared to stick my nose at the door. It actually started with the fact that I regularly attended a church group for children and later youth. Based on the tried and tested model of the boy scouts, the program offered was very appealing to me. We did field games, sang with guitar accompaniment at the campfire, went on bike trips to youth hostels in the area and, above all, tent camps. In addition to the gaps, i.e. a uniform shirt with a scarf, a knife on the belt, the mouth organ (song book) in the shirt pocket, we went out into nature. When you went on a night hike or even slept in a sleeping bag under a tree on the soft forest floor in summer, you felt the feeling of freedom and adventure, even if you weren't smoking Marlboro. From the age of 14 I was allowed to switch to the young man group, with the four hierarchical levels newcomer, young man, knight and then crusader. Each level was connected with an extensive test (orientation in the terrain, construction of a fireplace, meteorology, etc.) If I remember correctly, I only took the novice test, but always with great respect in Pentecost, and observed the knights and crusaders in summer camps. I did not enjoy school much, whoever. This also had to do with the fact that the teachers at the secondary school often went through the material listlessly but with a lot of severity, up to and including the use of force. I cheated my way through 10th grade to middle school and had also received the famous Blue Letters informing my parents that my transfer was in jeopardy. My class became famous throughout the school when on a class trip 2 students met 2 girls a day in the city and they invited them to our room in the 14-bed dorm in the evening, which of course was strictly forbidden. They actually climbed into the room over the balcony around 11 p.m. There was a loud hello as they squeezed into bed at the two schools. Less than five minutes had passed when the light in the dormitory suddenly went on and the teacher stood in the doorway in his pajamas. The two girls jumped out of beds, tore open the window and bravely risked jumping off the first floor and fled. The consequence: the school trip was canceled prematurely, at home the police were called in, everyone was interrogated because of. Suspicion of rape or the like, which was completely absurd. A student was expelled from school and we no longer went on a class trip. Traveling abroad was unknown to me from home and I was amazed at my courage when I first took part in a school exchange to France at the age of 14. I came into a miner's family and stayed there for a week. Then my French exchange partner Christian came to us for a week. It was a formative experience for me to be able to communicate in French. With big eyes I was amazed at the pulsating life in Paris on an excursion. On the way back from Paris, my French friend Bernadette hummed romantic songs about Paris and love in my ear. In the same year, I bravely went to a summer camp in France for three weeks. Slowly but surely, I was enjoying discovering new things. When I was 15 I started a two-year training course at the Higher Commercial School. I had made the decision for myself to do the technical diploma in order to then be able to start studying economics. It was a different world at this school, it was still said at the secondary school: Wessel come up to the front on the blackboard and do the math! So it was now: Dietmar would you please come up to the front and sketch the calculation method for your classmates? It went down like warm honey and just the tone and being taken seriously motivated me. My school performance improved rapidly. In addition to English and French, I also learned Spanish. Stenography and typing were also uncharted territory for me. The fact that we were now a mixed class was also new. The six years in secondary school were in an all-boys class. And then it happened on a school trip to Bad Segeberg, at a campfire in front of the youth hostel. The love god Cupid shot his arrow and brought my wife Renate and me together. Yes, that was sometime in June 1971, over 35 years ago, time flies. The two years of school passed far too quickly and I then had to complete a one-year internship before I could start my studies. And now I started a mistake. I chose retail, or to be more precise, the Karstadt department store for my internship. After a few weeks I regretted the decision. Always wearing a suit and tie, I had to learn to wait hours for customers in the small furniture or housewares department. I wasn't allowed to sit comfortably on a soft chair with an exciting book and wait for a customer to speak to me. Stand until your feet burn and address customers in a submissive tone: May I help you? I was the last link in the hierarchy, she started with a department head, substitute, 1 salesperson, salesperson, trainee, then nothing for a while, and then the intern. When I suggested to my colleague of the same age for 17 years that we could address each other by first name, he replied coolly: I am Mr. Kossek for you, I am the responsible salesman for small furniture, you are just a simple intern. I do not want to reproduce here my foul curse, which I secretly uttered. My monthly salary at that time was 200 DM in 1972. I tried to supplement this meager wage by selling kitsch sun mirrors for the small furniture. There was a DM 5 premium per mirror for this. Or bounty hunters, hidden in a booth, I was supposed to catch thieves red-handed in the womenswear department department store. And it worked. Spellbound I watched a 50 year old woman, as she stealthily looked around over her shoulder to see if anyone was watching her. Everything seemed to be in order, she had no idea that only 3 m away two attentive eyes registered every movement of her. In a flash she slipped a blouse into her handbag and slowly strolled towards the escalator. My hunting instinct was awakened. I was with her in no time after I called the cashier to let the house detective know. I politely but firmly asked her to open the bag, which triggered a flood of swear words. You flail, get out. It was one of those harmless expressions. You down the escalator, me after you, the detective storms down the stairs and together we pushed her out of the sales room. The police were called and they had to open all bags. She had done bulk shopping. Jewelry, blouses, perfume for at least 500 DM. The next day I received a 50 DM catch bonus, but I didn't feel like going on as a bounty hunter ...