55.   ©Martin...  v. Jacqueline Schmidel

 

Eigentlich wollte er nun sterben. Eine vollkommen gewöhnliche Liebesgeschichte sollte ihn zu eine vollkommen gewöhnlichen Selbstmord treiben. Martin zog diese vollkommen normalen Liebesgeschichten hier an. Sein ganzes Leben lang. Im Kindergarten war er verliebt in ein Mädchen, welches er beim Studium kennenlernen sollte. Er brach sein Studium ab und sie brach sein Herz. Vorher war er gerade aus einer Beziehung mit dem Kopf voran geflogen, mit einem saftigen Tritt in den Hintern, und zwar vom neuen Freund seiner Ex Freundin. Er begann, die Frauen zu hassen, wollte aber nicht schwul werden. Also stürzte er sich in die Renovierung seiner Wohnung und des Hauses seiner Eltern, in sein neu begonnenes Studium und schlussendlich vom Dach eines Hochhauses. In dem Krankenhaus, in dem ihm das Leben gerettet wurde, lernte er kurz nach seiner Aufwachphase aus dem Koma in halb weggetretenem Zustand seine nächste große Liebe kennen. Sie hieß Maria. Sie war Krankenschwester u. für seine körperliche Pflege zuständig, was sie sehr sorgfältig ausführte. Als er bei halbem Bewusstsein war, sah er schummrig ihre Gestalt um ihn herumwuseln u. meinte lallend: Na Sie müssen Big Mamma sein, vor der mich alle gewarnt haben. Alle haben immer gesagt, im Himmel sind alle fett. Die Figur, die er sah, verharrte ruhig, dann verließ sie wortlos den Raum. Er schlief lange u. das nächste Mal, als er wach wurde, war die Krankenschwester Maria wieder da. Er sagte nichts, er fragte sich nur, warum sie ihn so seltsam ansah. Haben Sie das ernst gemeint, fragte sie ihn und wusch sein Gesicht. Was meinen Sie genau, formulierte er angestrengt, denn man muss sagen, nach solch einer langen Zeit Koma und soviel Drogen im Blut lässt sich nicht so leicht reden. Ich kenn das von meiner Mam, nachdem sie operiert wurde, besuchte ich sie im Aufwachraum und sie stelle mir eine volle Stunde lang ein und dieselbe Frage und redete dermaßen lallend, dass sie besoffen richtig nüchtern wirkt. Aber zurück zu Martin und Maria. Sie haben mich Big Mamma und fett genannt, lachte Maria und wusch seine Achseln und Unterarme. Martin dachte lange nach, so lange, bis sie schon wieder weg war und schlief auch bald wieder ein. Am nächsten Tag, als sie wieder kam um nach dem Rechten zu sehen, sagte er sofort: Nein, das hab ich nicht ernst gemeint. Maria lachte, Martin war verliebt. Die Zeit im Krankenhaus zu erzählen, wäre vollkommen sinnlos, denn Maria hatte nie Zeit, sie war zwar den ganzen Tag da, außer Montags und Samstags, am Abend war sie weg, das war dann immer die Zeit, wo Martin richtig energiegeladen war und reden wollte. Sie sprachen oft miteinander, Martin erzählte ihr all seine danebengegangenen Liebesgeschichten, traute sich aber nicht den wahren Grund zu sagen, warum er hier war, warum man ihn vom Boden vor dem Hochhaus aufklauben musste. Er sagte, er wäre gefallen, ganz einfach. Sie glaubte ihm oder auch nicht, sie fragte nicht nach, sie war keine Frau, die ständig nachfragte und nach seiner Ent-lassung aus dem Krankenhaus fuhr sie ihn nach Hause u. er war glücklich, dass er die Marquise übersehen hatte, auf die er gefallen war, er war daran runtergerutscht und kam sich vor wie James Bond, schlussendlich fiel er die restlichen fünf Meter auf den Boden und tat sich nicht viel an. Sie half ihm, seine Sachen nach Hause zu tragen und kochte Kaffee. An ihren freien Tagen gingen sie spazieren, essen, ins Kino, ins Pub, in Museen und er versuchte immer wieder, einen Funken Freude in ihren Augen zu sehen. Sie schien in ihm trotzdem nur immer einen Patienten zu sehen, den sie waschen und pflegen muss. Martin begann, Medizin zu studieren und bat Maria, ihm ein bisschen zu helfen, was sie auch tat. Sie tranken Kaffee, waren auf bis in die Nacht und nachdem sie drei Monate lang nicht einmal nur Freunde waren, hatten sie Sex. Ihr Blick blieb immer gleich. Er fing an zu fragen. Bist du verheiratet? Hast du Kinder? Warst du schon mal schwanger? Bist du krank?, hattest du mal den Tripper oder so?. Hast du vor, eine Familie zu gründen?. Wie viele Kinder willst du haben?. Sie antwortete karg und meist mit einem Schulterzucken, sah bei jeder Antwort an ihm vorbei und suchte wahrscheinlich nach einem Engel. Du weißt alles von mir, Alma Mia, sagte er und wollte mit seinem einst begonnenen Spanisch Studium glänzen, du weißt alles und du erzählst nie etwas von dir! Warum schweigst du immer. Maria zuckte nur mit den Schultern und ging schneller in Richtung Parkbank. Er liebte sie, er gab alles für sie, sie wollte es gar nicht und sagte es ihm auch. Sie sagte, verliebt dich nicht in mich, ich bin dein Tod, diesmal könntest du wirklich sterben, wenn du von einem Dach springst. Er lachte und sagte, was für ein abartiger Gedanke, ich könnte wegen einer Frau sterben wollen. Sie sah ihn mitleidig an, lächelte sanft wie immer und legte ihre Hand auf seine Schulter. Martin war gefangen. Jeden Morgen und Abend dankte er Gott im Stillen, dass dieser ihm eine zweite Chance gegeben hatte, dass er ihn auch diesmal zu blöd für alles sein ließ. Er drohte Maria nicht, als sie ihm sagte, dass sie eine Beziehung nicht aushielte und ihn verlassen müsse, sie weinte und er strich ihr über die Haare und beruhigte sie, ihr letzter Satz war, immer mach ich alles falsch, und er sagte nichts, diesmal war er es, der so ruhig blieb u. sich nur seinen Teil dachte. Nach ihrem Abschied fuhr er zu einem See, der zwar weit von seinem Zuhause weg war, aber wen kümmert es schon. Als kleines Kind war er einmal fast schon ertrunken und verweigerte dann jeden Schritt ins Wasser, er ging immer nur duschen, hatte keine Badewanne Zuhause. Er dachte nicht lange nach, wusste nur, dass er es diesmal richtig machen würde, dachte sich nur, dass Gott das Leben nicht in der Hand hat, sondern jeder Mensch selbst, er wollte so damals zwar sterben, hatte aber einfach Glück und nicht Pech, für ihn war es diese letzte Beziehung und die schönste seines Lebens und damit verabschiedete er sich…

 

 

 

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55.   ©Martin...  v. Jacqueline Schmidel

 

Actually he wanted to die now. A perfectly ordinary love story should drive him to a perfectly ordinary suicide. Martin attracted these perfectly normal love stories here. His whole life. In kindergarten he was in love with a girl whom he was supposed to get to know while studying. He dropped out of college and she broke his heart. Before that, he'd just been blown out of a relationship headfirst, with a big kick in the ass from his ex-girlfriend's new boyfriend. He started to hate women but didn't want to get gay. So he threw himself into the renovation of his apartment and his parents' house, into his newly started studies and finally from the roof of a skyscraper. In the hospital where his life was saved, he met his next great love shortly after waking up from the coma in a half-stepped state. Her name was Maria. She was a nurse and was responsible for his physical care, which she did very carefully. When he was half conscious, he saw her figure scurrying around him dimly and slurred: Well, you must be Big Mamma, which everyone warned me about. Everyone has always said everyone is fat in heaven. The figure he saw stood still, then left the room without a word. He slept a long time and the next time he woke up, the nurse Maria was there again. He didn't say anything, he just wondered why she was looking at him so strangely. Did you mean that? She asked him, washing his face. What do you mean, exactly, he said with an effort, because you have to say that after such a long time in a coma and so much drugs in your blood it is not so easy to talk. I know that from my mum, after she had an operation, I visited her in the recovery room and she asked me the same question for a full hour and talked so sluggishly that she seemed drunk, really sober. But back to Martin and Maria. They called me Big Mamma and fat, Maria laughed and washed his armpits and forearms. Martin thought for a long time, until she was gone again and soon fell asleep again. The next day, when she came back to see if everything was going well, he immediately said: No, I didn't mean that seriously. Maria laughed, Martin was in love. Talking about the time in the hospital would be completely pointless, because Maria never had time, she was there all day except Mondays and Saturdays, in the evening she was gone, that was always the time when Martin was really full of energy and talking wanted to. They often talked to each other, Martin told her all his love stories that had gone wrong, but didn't dare to tell the real reason why he was here, why he had to be picked up from the floor in front of the skyscraper. He said he fell, very simple. She believed him or not, she didn't ask questions, she wasn't a woman who kept asking questions and after his discharge from the hospital she drove him home and he was happy that he had overlooked the marquise he was looking for had fallen, he had slipped down on it and felt like James Bond, in the end he fell the remaining five meters to the floor and didn't do much to himself. She helped him carry his things home and made coffee. On their days off they went for walks, dinners, to the movies, to the pub, to museums and he kept trying to see a spark of joy in their eyes. Nevertheless, she always seemed to see him as a patient whom she had to wash and care for. Martin started to study medicine and asked Maria to help him a little, which she did. They drank coffee, stayed up late at night, and after not even being friends for three months, they had sex. Her look always stayed the same. He started to ask. Are you married? Do you have children? Have you ever been pregnant? Are you sick? Have you ever had the gonorrhea or something? Are you planning to start a family? How many children do you want to have? She answered sparingly and usually with a shrug, looked past him with every answer and was probably looking for an angel. You know everything about me, Alma Mia, he said and wanted to shine with his Spanish studies that he once started, you know everything and you never tell anything about yourself! Why are you always silent. Maria just shrugged and walked faster towards the park bench. He loved her, he gave everything for her, she didn't want it at all and told him so too. She said don't fall in love with me, I'm your death, this time you could really die jumping off a roof. He laughed and said what a strange thought I might want to die for a woman. She looked at him pityingly, smiled gently as always, and put her hand on his shoulder. Martin was trapped. Every morning and evening he quietly thanked God that he had given him a second chance, that this time too he let him be too stupid for everything. He didn't threaten Maria when she told him that she couldn't stand a relationship and had to leave him, she cried and he stroked her hair and reassured her, her last sentence was, I always do everything wrong and he said nothing, this time it was he who remained so calm and thought only his part. After they said goodbye, he drove to a lake that was far from home, but who cares. As a small child he almost drowned once and then refused to step into the water, he only showered and had no bathtub at home. He didn't think about it for long, just knew that he would do it right this time, just thought that God is not in control of life, but every person himself, he wanted to die like that back then, but was just lucky and not unlucky , for him it was this last relationship and the most beautiful of his life and with that he said goodbye ...