42.  ©Berlin wa? v. Bernd Schneid

 

Vom Friedensengel zum Tor, schnurstracks unter die Linden bis hin zum Alex. Julia u. Robert lagen im Bett, sie, hier aufgewachsen, lockig brünett, kleinen Leberfleck am linken Zeh, hübsch, äußerst akzeptabel er, seit einem Semester in Berlin, Straßenköter blond, mit einem großen Leberfleck über der rechten Hüfte. Fühlte sich gut an, dachte Robert, dich neben mir zu spüren, noch gar nicht so lange her, doch schon genug. Julia stand auf, Gang zur Küche, zwei Gläser Limo zur Erfrischung, nett sah er aus, wie er so da lag, angewinkelte Ferse, Handfläche im Nacken. Robert gefiel es gut hier, er mochte alles, die Stadt, die Stadt, die Stadt. Julia hatte ihn gewarnt, er solle sich nicht mit den dort lebenden Menschen einlassen, sie seien alle nicht zu ertragen, diese scheiß soziale Kälte, hatte sie gesagt, brächte sie dazu, die ganze Stadt ertränken zu wollen. Robert im Club, Julia nicht da, auf Arbeit oder arbeiten oder so. Ausgelassene Stimmung, tiefe Bässe, wie immer Samstagnacht. Die pumpende Masse brachte sich zum kochen. Je mehr Drinks, um so mehr Leute, Freunde, lachen, quatschen, Blödsinn machen. Als der Abend zu Ende war, ehe es sich Robert versah, hatte er einen Pulk Menschen um sich gehabt, eine nette Omi mit Bart getroffen und ein Mädchen mit schönen Augen. Wie es Robert denn so gefalle in ihrem Berlin, wollte sie wissen, es sei doch, das müsse er ungeschminkt zugeben, eine der besten Städte überhaupt, woraufhin Robert einwilligte, bis sie ihm einen Kuss ins Gesicht schmetterte, ganz unverbindlich, versteht sich. Robert faselte noch was von wegen sozialer Kälte, woraufhin sie nur den Kopf schütteln konnte und sagen, der Berliner sei doch ein besonderer Schlag von einem Menschen. Mit Kater in den Knochen tigerte er schließlich nach Hause, den Fernsehturm im Blick, gar nicht so schlecht, huschte es ihm durchs Hirn, vielleicht fühlte er sich hier wohl. Früher Mittag, schwer im Bett, Robert durch den Alkohol gezogen, Körper schwer. Julia kam wieder nach Hause, drückte sich neben ihn, ebenfalls erschöpft, zu keiner Unterhaltung bereit. Robert quälte sich auf, mit vorwurfsvollem Ton von der Nacht erzählend, nicht verstehend, weshalb Julia ihm diese Geschichten von wegen sozialer Kälte einimpfte. Er war ein wenig sauer, das bemerkte Julia sofort, ließ sich also alles ganz haarklein erzählen, beanstandete aber schließlich, dass Robert sich zum Narren halten lassen hatte, es sei doch schließlich stadtbekannt, und ihr könne er glauben, diese Art von Mädchen würden Jungs wie ihn doch nur ins Bett kriegen wollen, die leichte Marie, nichts weiter, er habe sich schön durch den Kakao ziehen lassen, das hätte sie gar nicht von ihm gedacht. Danach schlief Jule ein. Robert schaute fern, was hätte er sonst tun sollen? Sonntagnachmittagsprogramm, schwere Jungs, leichte Mädchen, Klamotten aus den Achtzigern, nicht gerade Quotenprogramm. Schließlich switchte er auf den Stadtkanal. Das nächste Wochenende war da, Jule weg und Robert langweilig, also gleiches Programm wie letzte Woche, überlegte er, obwohl, que sera. Also wieder dumpfe Bässe, wie gehabt, alles beim Alten, ein zwei Drinks zu viel und schließlich wieder das eine Mädchen. Er attackierte sie, bevor sie ihn noch begrüßen konnte, was ihr überhaupt eingefallen wäre, sie solle Land gewinnen, er hätte sie schon längst durchschaut, schade, tja, schade, das hätte er nicht von ihr gedacht. Sie, völlig verdutzt, fragte nach, woher er denn seine Meinung auf einmal hätte, es sei schließlich nichts gewesen und also erzählte er ihr alles mit Jule und so weiter und so fort. Das Mädel schaute ihn an, trank an ihrer Cola und meinte nur, dass es schon richtig sei, sie gern mit ihm die Nacht verbracht hätte, etcetera, etcetera, er solle sich aber bloß nicht einbilden, nach allem was er ihr über Jule erzählt hatte, dass jene aus anderen Gründen mit ihm zusammen sei, als er sich vorstellen würde. Mach's gut, kleiner Träumer, hatte sie noch zu ihm gesagt, macht ja nichts, und verschwand in der Masse. Robert völlig trunken, nicht leicht auf den Beinen, Filmriss, irgendwie fand er das jetzt auch nicht ganz so geheuer. Nächster Morgen, wie üblich früher Mittag, das Bett nass vom Schweiß und Alkohol, Julia an der Tür. Sie legte sich wieder zu ihm, wollte nur ihre Ruhe. Aber Robert konnte keine Ruhe geben, stieß sie von sich, faselte etwas von, ob es wahr sei, dass sie ihn nur nehmen würde, weil er eben gerade da wäre und machte auf stur. Julia souverän, es sei wohl nicht zu übersehen, dass er einen großen Schatten vor den Augen habe und ja, es wäre wohl richtig, dass es nicht so viel gemeinsames zwischen ihnen gäbe, aber wenn er ihr jetzt noch blöd käme, dann könnte sie auf der Stelle verschwinden, ihr sei das nicht so wichtig, er nicht der einzige Spinner auf der Welt. Und Robert war natürlich auf Durchzug, sagte, von ihm aus wäre alles gar kein Problem, wenn es so sein müsste, dann bräuchte er niemanden, drehte sich um und schmollte. Jule, nicht auf die Schnauze gefallen, zog sich an, machte sich bereit, wollte gehen, noch ein paar Worte, schöne Zeit, vielleicht. Doch als Robert Julia so aus den Augenwinkeln begutäugte, ihren knackigen Po, ihre Haut, Leberfleck, all das, schoss es ihm wieder durch den Kopf, sie solle doch da bleiben, und so hätte er es nicht gemeint, er könne es schon ertragen, er könne Julia schließlich gut leiden, also solle sie doch bitte, bitte da bleiben. Julia blieb natürlich, die Socken lagen wieder unter dem Bett, draußen regnete es nicht mehr und nebenan quietschte ein Kanarienvogel sein furchtbares Lied. Und wie Julia so beim wieder friedlichen Robert lag, dachte sie nur, dass es ganz gut wäre, dass er endlich etwas für sie empfinde.

 

 

 

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42.  ©Berlin huh? v. Bernd Schneid

 

From the Angel of Peace to the Gate, straight under the linden trees to the Alex. Julia and Robert were in bed, they grew up here, curly brunette, small mole on the left toe, pretty, extremely acceptable, he has been in Berlin for a semester, street dog blond, with a large mole above the right hip. It felt good, thought Robert, to feel you next to me, not that long ago, but enough already. Julia got up, went to the kitchen, two glasses of soda for refreshment, he looked nice as he lay there, angled heel, palm on the neck. Robert liked it here, he liked everything, the city, the city, the city. Julia had warned him not to get involved with the people who lived there, they were all unbearable, this shitty social cold, she had said, made her want to drown the whole city. Robert in the club, Julia not there, at work or at work or something. A relaxed atmosphere, deep bass, as always on Saturday night. The pumping mass brought to a boil. The more drinks, the more people, friends, laughing, chatting, doing nonsense. When the evening was over, before Robert knew it, he had had a bunch of people around him, met a nice granny with a beard and a girl with beautiful eyes. As Robert liked it so much in her Berlin, she wanted to know that it was, he had to admit it without make-up, one of the best cities of all, whereupon Robert consented until she kissed him in the face, completely noncommittal, of course. Robert still babbled something about social coldness, whereupon she could only shake her head and say that the Berliner was a special blow from someone. Finally, with a hangover in his bones, he paced home, the television tower in view, not that bad, it scurried through his brain, maybe he felt comfortable here. Early noon, heavy in bed, Robert dragged by the alcohol, body heavy. Julia came home again, squeezed next to him, also exhausted, ready for no conversation. Robert tormented himself, telling him about the night in a reproachful tone, not understanding why Julia inoculated him with these stories about social coldness. He was a little pissed off, Julia noticed that immediately, so he had everything told to him in great detail, but finally complained that Robert had let himself be fooled, after all, that it was well known in the city, and he could believe that these kinds of girls are boys how just want to get him to bed, light Marie, nothing more, he had let himself be pulled through the cocoa, she wouldn't have thought that of him. Then Jule fell asleep. Robert was watching TV, what else could he have done? Sunday afternoon program, heavy boys, light girls, clothes from the eighties, not exactly quotas. Finally he switched to the city canal. The next weekend was there, Jule gone and Robert boring, so the same program as last week, he thought, although, que sera. So again, muffled bass, as usual, everything as it was, a two drink too many and finally that one girl again. E. He attacked her before she could even greet him, what would have occurred to her at all, she should win land, he would have seen through her long ago, too bad, well, too bad, he would not have thought that of her. She, completely perplexed, asked how he suddenly got his opinion, after all, it had been nothing and so he told her everything with Jule and so on and so on. The girl looked at him, drank her Coke and just said that it was all right, she would have liked to spend the night with him, etcetera, etcetera, but he shouldn't be fooled after everything he had told her about Jule that she was with him for different reasons than he would imagine. Take care, little dreamer, she had said to him, it doesn't matter, and disappeared into the crowd. Robert completely drunk, not easy on his feet, the film was torn, somehow he didn't find it so comfortable either. The next morning, early noon as usual, the bed wet with sweat and alcohol, Julia at the door. She lay down next to him again, just wanted her quiet. But Robert couldn't rest, pushed her away, babbled something about whether it was true that she would only take him because he was just there and pretended to be stubborn. Julia sovereign, it could not be overlooked that he had a big shadow in front of his eyes and yes, it would be right that there wasn't so much in common between them, but if he were still stupid to her now, then she could open up disappear from the job, it is not so important to her, he is not the only weirdo in the world. And Robert was of course on the move, said that from his point of view everything would be no problem at all, if it had to be like that, then he wouldn't need anyone, turned around and pouted. Jule, not pissed off, got dressed, got ready, wanted to go, a few more words, good time, maybe. But when Robert looked at Julia out of the corner of his eye, her firm bottom, her skin, mole, all that, it flashed through his head again that she should stay there, and that was not how he meant it, he could endure it, after all, he liked Julia so she should please, please stay there. Julia stayed, of course, the socks were back under the bed, outside it was no longer raining and next door a canary squeaked its terrible song. And as Julia lay with Robert, who was peaceful again, she only thought that it would be a good thing that he finally felt something for her.