28.  ©Die Kinder von Rothberg

 

Stefanie Haberland war das dritte Kind, das in diesem Jahr spurlos verschwand. Sie war am 23. April, einem frühsommerlich warmen Sonntag, um 15.00 Uhr zu ihrer Freundin Janine aufgebrochen und nicht dort ange-kommen. Bemerkt wurde ihr Fehlen erst um 17.30 Uhr, als Stefanies Eltern bei der Familie Gebhardt anriefen, um ihre Tochter an den Aufbruch zu erinnern, denn um 18.00 Uhr wollten sie zu Abend essen. Um 17.32 begann die Suche, zunächst suchte nur die Familie, die aufgeregten Eltern und der ernstlich besorgte große Bruder Benjamin. Sie klingelten bei allen Nachbarn in der sonntäglich verschlafene Straße. Niemand hatte Stefanie gesehen. Sie hatte sich auf dem nur 600 Meter weiten Stück zwischen den beiden Häusern offensichtlich in Luft aufgelöst. Benjamin war elf, und er liebte seine fünfjährige Schwester. Er rannte zum Spielplatz und rannte zur Uferpromenade und schließlich zum verwilderten Park am Stadtbach. Doch Stefanie war an keinem ihrer Lieblingsplätze. Um 17.53 Uhr informierten die Haberlands die Polizei, sie wurden sofort zu Herrn Schöffler durchgestellt, der die Ermittlungen zu den beiden bereits vorher verschwundenen Kinder leitete. Er saß oft sonntags in seinem Büro, da er alleinstehend war und in seiner Arbeit die Erfüllung fand, die er brauchte. Seine Aufgaben waren naturgemäß in der Regel nicht angenehm, aber er erfüllte sie mit großer Sorgfalt und Genauigkeit. So reagierte er auch jetzt überlegt und um-sichtig, schickte sofort einen Polizisten zu den Haberlands, um ein aktuelles Foto und genaue Angaben zu bekomm-en. Dann rief Schöffler in Magdeburg an. Rothberg verfügte nur über drei eigene Polizeifahrzeuge, es war eine kleine Stadt, in der gewöhnlich nicht viel los war. In besonderen Fällen, und dies war nun schon der zweite, seit Schöffler nach Rothberg versetzt worden war, kamen die Magdeburger Kollegen zu Hilfe. Auch bei dem Attentat auf das Hotel Mühle hatte er unverzüglich Unterstützung bekommen. Er dachte nicht gerne daran zurück. Seine Mitarbeiter hatten beobachtet, dass ihr Vorgesetzter einen bitteren Gesichtsausdruck bekommen hatte, seit die junge Frau vor der Polizeiwache irrtümlich erschossen worden war. Er hatte ihren sinnlosen Tod nicht verhindern können, niemand hatte ihm jemals eine Mitschuld zugewiesen, aber die Gewissensqualen waren geblieben. Er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass Marina Rösch hinausrennen würde, bevor er den Scharfschützen mitteilen konnte, dass der Verdacht gegen sie unbegründet war. Aber er war überzeugt, dass ein guter Polizist mit allem zu rechnen hatte, und dieser kleine Fehler ließ sich nicht mehr korrigieren. Sie war vor seinen Augen gestorben. In diesem neuen Fall wollte er auf keinen Fall wieder einen Fehler machen. Am 26. März war Mario Wandert verschwunden, am 19. Februar Sabine Marx. Die Vermissten waren alle fünf Jahre alt. Um 18.30 Uhr fuhr der Lautsprecherwagen los, um Stefanies Beschreibung bekannt zu machen und die Bevölkerung um Mithilfe zu bitten. Um 19.47 Uhr begannen die Männer der Polizei und des Bundesgrenzschutzes, unterstützt von zahlreichen Frei-willigen, Rothberg u. die nähere Umgebung zu durchsuchen. Sie suchten gründlich, nahmen Spürhunde mit, befragt-en jeden, den sie trafen, zeigten das Foto des Kindes. Es war umsonst. Sie fanden Stefanie nicht. Am Montag er-schien die Rothberger Zeitung mit einem großen Foto von Stefanie auf der Titelseite, darunter zwei kleinere Bilder von Mario und Sabine. Wo sind unsere Kinder? fragte die Schlagzeile in dicken Lettern. Polizei ratlos! stand darunter in Rot. Der Artikel forderte die Bevölkerung auf, sachdienliche Hinweise und Beobachtungen zu melden, eine Belohnung von 5.000 Euro war ausgesetzt worden. Am Dienstag und Mittwoch saß Schöffler fast ohne Pause mit seinen Mitarbeitern vor einem ständig wachsenden Berg von Zuschriften und Telefonnotizen. Es war nichts dabei, was Aussicht auf Erfolg versprochen hätte. Dafür gab es jede Menge Verrückte, die ihre Meinung anonym oder offen zum Besten gaben. Auch bei der Zeitung gingen, wie unmittelbar nach den beiden ersten Entführungen, wieder auch Briefe ein, in denen selbsternannte Hellseher, andere Spinner ihr wichtiges Wissen anboten. Die Redaktion war um Seriosität bemüht, keine der abenteuerlichen Theorien wurde veröffentlicht. Zumindest nicht von Rothbergs Tageszeitung. Mehrere Billig-Blätter aus dem Umland dagegen steigerten ihre Auflage mit Titeln wie Der Sonntags-Würger von Rothberg, das Rothberger Sexmonster holt Kinder oder Kinderfresser in Rothberg. Am Mittwoch versammelte sich das ABC an seinem geheimen Treffpunkt. Anja Krüger, zwölf Jahre alt, Benjamin Ha-berland, Stefanies dreizehnjähriger Bruder, und der zwölfjährige Carsten Winter hatten im letzten Herbst einen Platz gefunden, wo sie ungestört spielen konnten. Die Hotelruine an der Uferpromenade war zwar von einem soliden Bauzaun aus dicken Brettern umgeben, aber an der Rückseite gab es einige lockere Bohlen, durch die sie sich zwängen konnten. Natürlich war es streng verboten, das Gelände zu betreten, da nicht auszuschließen war, dass die vom Sprengstoff beschädigten Mauern einstürzten. Das Haus sollte abgerissen werden, aber es gab büro-kratische Hindernisse, Versicherungsfragen, die Erben des in den Flammen gestorbenen Besitzers stritten mit ehe-maligen Besitzen aus DDR-Zeiten um ihre Ansprüche die Ruine blieb stehen und war der ideale Spielplatz für das ABC. Wer den Namen erfunden hatte, war nicht ganz klar, jedenfalls waren die drei Freunde Anja, Benjamin und Carsten gemeint, wenn in Rothberg vom ABC die Rede war. Sie hatten nichts dagegen. Keine Spur von Stefanie, sagte Benjamin mit ziemlich wackeliger Stimme. Nichts. Absolut nichts. Wir müssen was unternehmen. Die Polizei wird sie nie finden. Die haben auch die anderen beiden nicht gefunden." Anja sah ihre Freunde auffordernd an. Und was sollen wir machen? Sie saßen an die Mauer gelehnt auf dem ehemaligen Parkplatz. Die Sonne wärmte bereits angenehm, von jenseits des Zaunes waren die üblichen Geräusche zu hören. Ein paar Vögel hatten das Hotel als Heimat gewählt und flogen eifrig ein und aus. Unkraut eroberte das Gebäude und das Grundstück. Wir lassen uns was einfallen. Heute ist keine Zeit, ich muss sofort nach Hause, sonst gibt's großen Ärger. Carsten hatte recht, sie mussten alle drei schnell weiter. Treffen wir uns am Samstag? Okay. Samstag um 14.00 Uhr bei mir, dann können wir zu dritt hierher losziehen, schlug Anja vor. Einverstanden. stimmte Benjamin zu. Sie schlüpften durch die enge Lücke und eilten nach Hause. Stefan Wernsdorff saß an seinem Computer und starrte auf den Bildschirm. Und er hatte die ersten fünf Kapitel für sein neuen Roman vollendet. Diesmal würde es ein Bestseller werden, da war er sicher. Der erste Krimi war in kleiner Auflage gedruckt worden und tauchte gelegentlich noch auf den Wühltischen der Kaufhäuser auf. Ein erfolgreicher Schriftsteller war er keinesfalls. Bisher. Nun würde sich alles ändern. Er schrieb über die verschwundenen Kinder von Rothberg. Während er sich eine Zigarette anzündete, überflog er nochmals den letzten Absatz, den er getippt hatte. Es war soweit, er musste sich entscheiden, wer der Täter in seinem Buch sein sollte. Aber das würde er heute nicht mehr tun, er hatte einen Termin bei seinem Arzt. Er schaltete den PC aus und machte sich auf den Weg. Der Magen schmerzte. Schöffler war entmutigt, aber er gab nicht auf. Er gab nie auf. Er schickte Polizisten, und sprach selbst mit Nachbarn der betroffenen Familien, suchte nach Gemeinsamkeiten bei den Opfern. Es gab keine, außer dem Alter und der Tatsache, dass es jeweils Sonn-tagnachmittag gewesen war, als sie zuletzt gesehen wurden. Mario Wandert war bei einem Spaziergang am Waldsee seinen Eltern aus den Augen gekommen. Die Eltern hatten vergeblich hinter Bäume und Gesträuch geschaut. Taucher hatten den See abgesucht, der Wald war durchkämmt worden, alles ohne Erfolg. Im See hatte man vom versenkten Trabbi bis zum Gartenstuhl aus der verlassenen Pension Seeblick alles Erdenkliche gefunden, aber keine toten Kinder. Sabine Marx hatte mit einer Freundin auf dem Spielplatz getobt. Die Freundin war zu Hause ange-kommen, Sabine nicht. Auch in diesem Fall gab es keine Hinweise, keine einzige Spur. Niemand hatte etwas beo-bachtet. Auf Schöfflers Schreibtisch lagen drei anonyme Erpresserbriefe, jeder Schreiber behauptete, die Kinder seien bei ihm und würden gegen Lösegeld ausgetauscht. Die verlangte Summe schwankte zwischen 100.000 Euro und einer viertel Million. Schöffler telefonierte mit der Redaktion der Tageszeitung und bat darum, die drei verlangten Kleinanzeigen zu drucken, um die Zahlungsbereitschaft zu signalisieren. Aber er glaubte keinen der drei Schreiber, dass sie wirklich die Kinder hatten. Allerdings wollte er nichts unversucht lassen. Dr. Berg hatte einen schweren Tag hinter sich. Seine Praxis ging sehr gut, den ganzen Nachmittag hatte er Patienten untersucht, behandelt, ermutigt. Er war Mediziner mit Leib und Seele, verbrachte auch seine Freizeit größtenteils mit Studien und Forschung. Sein letzter Patient an diesem Tag war Stefan Wernsdorff, der noch im Wartezimmer saß. Er blätterte in der Krankenakte. Wernsdorff war Alkoholiker; solange er nicht die Finger von der Flasche ließ, würde es seinem Magen und seiner Leber nicht besser gehen. Bisher verhallten seine ärztlichen Ratschläge jedoch ergeb-nislos. Als Wernsdorff ihm gegenüber saß und wieder einmal seine Schmerzen schilderte, versuchte der Arzt, nicht die Geduld mit seinem Patienten zu verlieren. Er erklärte ihm erneut Mal die Zusammenhänge. Herr Wernsdorff, Medikamente helfen Ihnen auf Dauer auch nicht mehr weiter. Im Gegenteil, die Nebenwirkungen verschlimmern Ihren Gesundheitszustand. Und es ist der Alkohol, der Sie krank macht. Wollen Sie nicht doch in eine Entziehungskur einwilligen? Nein, das ging nicht. Er hatte jetzt keine Zeit. Der neue Roman wollte unbedingt geschrieben werden, es würde der ganz große Erfolg werden, erklärte Wernsdorff seinem Arzt. Dr. Berg schien interessiert. Worüber schreiben Sieeigentlich? Das kann ich jetzt noch nicht sagen, aber es ist eine authentische Geschichte, sozusagen direkt aus dem Leben gegriffen. Das wird der Erfolg, auf den ich schon so lange warte. Und dann, wenn ich fertig bin, werde ich mir die Sache mit der Kur noch mal überlegen. Stefan Wernsdorff sah seinen Arzt nachdenklich an. Dann fuhr er fort: Mal was ganz anderes, Herr Doktor. Die kleine Stefanie war doch auch Ihre Patientin. Was meinen Sie, was mit ihr passiert sein könnte? Täuschte er sich, oder erschien in den Augen des Doktors ein mis-strauisches Funkeln? Herr Wernsdorff, ich wünschte, ich wüsste, wo sie steckt. Sie ist so ein lebhaftes, liebenswerte Kind, ich hoffe, dass sie bald wohlbehalten gefunden wird. Aber wo mag sie stecken? Man hat doch nun wirklich die Umgebung abgesucht, drei Kinder können nicht einfach spurlos verschwinden. Dr. Berg seufzte. Natürlich gibt es bestimmt irgendwo Spuren von ihnen, nur hat man sie noch nicht gefunden. Er musterte sein Gegenüber, und jetzt unverhohlen misstrauisch. Das wird man bald, glauben, Sie nicht? antwortete der Schriftsteller. Ich zweifle daran. Ich kann mir nicht vorstellen, oder das bei der Suche etwas übersehen wurde. Man muss wohl warten, ob sich die Täter melden, denn nicht Kommissar Zufall eingreift. Die Täter meldeten sich am Freitag. Die Redaktion der Rothberger Zeitung erhielt mit der Post eine Videokassette. In neutralem braunen Papier verpackt, ohne Fran-kierung anonym in irgendeinen Briefkasten geworfen. Der Chefredakteur Gastel legte die Kassette ein, schon nach den ersten Sekunden der Aufnahme rief er Schöffler an und bat ihn, unverzüglich zur Zeitung zu kommen. 14 Minuten später saßen sie in der Redaktion zusammen vor dem Bildschirm. Schöffler, zwei weitere Kriminal-polizisten, Jürgen Gastel und zwei seiner engsten Mitarbeiter, denen er unbedingt vertrauen konnte. Okay, lassen Sie sehen, was Sie haben. Schöffler war gespannt. Er hatte am Telefon nichts erfahren, nur, dass es dringend und von größter Wichtigkeit für seinen Fall war. Die Aufnahme zeigte zunächst Stefanie Haberland, vor einem Bild-schirm, mit einem Computerspiel beschäftigt. Es gab keinen Ton, nur das Bild. Dann schwenkte die Kamera, und Mario Wandert kam ins Bild, er saß neben Sabine Marx auf dem Boden, über ein Bilderbuch gebeugt. Dann schaute er auf und lächelte in die Kamera, winkte, stieß Sabine an und zeigte auf die Kamera. Auch Sabine winkte, dann brach die Szene ab. Eine kurze Unterbrechung mit weißem Flimmern folgte, dann waren alle drei Kinder beim gemeinsamen Essen zu sehen. Die Gesichter waren rot verschmiert von der Tomatensoße. Nach einer weiteren kurzen Unterbrechung schloss sich die dritte Szene an, die Kinder schlafend in drei nebeneinander stehenden Betten. Die Kamera nahm sie von links nach rechts schwenkend auf, dann kamen zwei weitere, leere Betten ins Bild. Noch immer kam kein Ton aus dem Lautsprecher, nur ein leises Rauschen. Zum Schluss der Aufnahme kam ein weißes Blatt Papier ins Bild, auf dem in Druckbuchstaben stand: Es geht ihnen gut. Hören Sie auf, zu suchen. Ich brauche noch zwei. Als sie sicher waren, dass nichts mehr kam außer Schneetreiben, schaltete Gastel ab und spulte die Kassette zurück. Es sind die Vermissten, oder? fragte er Schöffler. Ja, zweifelsfrei. Es waren die drei. Und sie lebten noch, zumindest zum Zeitpunkt der Aufnahme. Sie berieten lange, wie weiter vorzugehen war. Die Redaktion war entschlossen, die Sensation in der morgigen Ausgabe zu bringen, das war verständlich und sicher auch vom Entführer so beabsichtigt, sonst hätte er das Band nicht an die Zeitung geschickt. Die Frage war nur, welche Infor-mationen man preisgeben durfte. Schöffler bestand darauf, die Kassette mitzunehmen, gleichfalls die Verpackung. Er versprach den Zeitungsleuten, dass sie unverzüglich eine Kopie des Bandes bekommen würden, er war dankbar, dass sie ihn sofort informiert hatten, selbstverständlich war das schließlich nicht gewesen. Ihm ging es jetzt nur darum, die Hinweise auszuwerten, ohne den Täter zu warnen, falls man etwas Verwertbares fand. Er würde alle verfügbaren Spezialisten einsetzen, er war ziemlich sicher, dass sie zumindest einiges feststellen konnten, und was ihm weiterhelfen würde. Möglicherweise konnten sie sogar Geräusche rekonstruieren, falls die Tonspur erst nachträglich gelöscht worden war. Immer wieder kreisten in Schöfflers Gedanken um die letzten vier Worte. Ich brauche noch zwei. Stefan Wernsdorff saß seit dem Morgen vor seinem Bildschirm und grübelte. Er hatte eine Idee, aber sie erschien ihm so unglaubwürdig, dass er sie seinen Lesern nicht ohne weitere zumuten mochte. Er konnte sie selbst kaum nachvollziehen. Aber irgend etwas in ihm drängte ihn, genau diesen Weg einzuschlagen. Er schaute auf seine Uhr. Es war fast Zwölf. Er hatte schon eine ganze Flasche Wermut und eine Schachtel Zigaretten geschafft an diesem Vormittag. Bloß noch keine einzige Zeile seinem Text hinzugefügt. Er schaltete das Gerät wieder aus und zog sich an, um seine Vorräte an Alkohol und Zigaretten aufzufüllen. Der Magen ließ sich nur noch mit immer größeren Mengen Schnaps beruhigen. Wahrscheinlich hatte Dr. Berg nicht Unrecht mit der Entziehungs-kur. Aber der Roman, er musste ihn jetzt schreiben, unbedingt. Und Dr. Berg hatte ihm kein stärkeres Schmerzmittel ver-schrieben, er hatte gemeint, er wolle seinen Patienten ja nicht mutwillig ins Grab befördern. Stefan Wernsdorff war jetzt 43 Jahre alt, aber wenn er in den Spiegel schaute, musste er ehrlich zugeben, dass er eher in das Gesicht eines knapp 60jährigen blickte. Der Alkohol hatte seine Spuren auch äußerlich hinterlassen. Er aß kaum noch, Zigaretten, Kaffee u. Wermut waren sein tägliches Brot. Er war selten so betrunken, dass er die Kontrolle über sein Tun verlor, nur ab und zu hatte es Blackouts gegeben, gelegentlich war er in seiner Wohnung aufgewacht und hatte nicht gewusst, wie der vorige Tag zu Ende gegangen war. Meist war er jedoch Herr seiner Sinne, solange ein gewisser Alkoholpegel gewahrt blieb. Er ging zum nächsten Supermarkt, zwei Straßen weiter. An der Kasse fragte ihn die Verkäuferin, ob er schon gehört habe, dass es ein Lebenszeichen von den Kindern gebe. Wie bitte? Ein Lebens-zeichen? Die Zeitung soll einen Film bekommen haben, wo die Kinder drauf sind. Sagt jedenfalls Frau Meierkamp, und die weiß es von Frau Haberlands Nachbarin. Die Polizei war dort und hat Frau Haberland abgeholt, damit sie den Film anschaut. Er verstaute seine diversen Flaschen und zwei Stangen Zigaretten in die Baumwoll-beutel und schleppte die schwere Last nach Hause. Dort setzte er sich vor seinen Computer und öffnete die erste der neuen Flaschen. Dann tippte er los wie im Fieber. Dr. Berg hatte heute nur bis 16.00 Uhr Sprechstunde, danach fuhr er in seine Villa am Waldrand außerhalb der Stadt, um sich seinen Studien und Forschungen zu widmen. Er war auf dem besten Weg zum großen wissenschaftlichen Durchbruch. Seit mehreren Jahren arbeitete er an einem Verfahren, das für die Tumorpatienten neue Hoffnung geben sollte. Zu Hause angekommen duschte er zunächst und zog sich dann sterile Kleidung über, schloss die Metalltüre auf, die den Zugang zu den Kellerräumen mit seinem Labor jedem Unbefugten verwehrte, und stieg die Treppe hinab. Benjamin rief Anja u. Carsten an, um ihnen zu berichten, dass es ein Lebenszeichen von seiner Schwester gab. Er selbst hatte die Aufnahme nicht gesehen, aber seine Mutter hatte ihm ausführlich geschildert, was sie in der Polizeiwache gebannt auf dem Bildschirm verfolgt hatte. Steffi hat ein PC-Game gespielt? Nie, das glaube ich nicht! Steffi bestimmt nicht. Das hat sie ja noch nie gemacht! Frau Haber-land wiederholte: Stefanie saß vor einem Bildschirm und hat ein Computerspiel gespielt. Ich habe es doch selbst gesehen! Genauso eines, wie du es hast, das mit dem Autos. Benjamin schüttelte den Kopf. Stefanie hatte sich nie dazu überreden lassen, einmal mit ihm eines der Spiele zu versuchen, seine Schwester war das einzige Kind mit einer totalen Abneigung gegen PC-Spiele, das er kannte. Und ausgerechnet sie sollte auf dem Band mit so etwas beschäftigt gewesen sein? Er erzählte alles am Telefon zuerst Anja u. dann Carsten. Anja war besonders erfreut. Mensch, Benni, dann haben wir ja endlich 'ne heiße Spur! Klasse! Wir kriegen die Kerle, verlass dich drauf. Carsten war seiner Meinung, was das Spiel betraf: Nee, alle möglichen Kinder u. Erwachsenen aber nicht deine Schwester. Die hat doch wie am Spieß geschrien, als sie bei deinem Geburtstag mit spielen sollte und dann in den Gegen-verkehr gerast ist, weißt du noch? Benjamin erinnerte sich nur zu gut. Sie hatten einen Wettbewerb begonnen, wer am schnellsten durch den ersten Level kam, und Stefanie hatte wohl den Bildschirm mit dem echten leben ver-wechselt. Sie war entsetzt über den Unfall, den sie gebaut hatte und weigerte sich fortan, es noch einmal zu ver-suchen. Wenn sie jetzt auf dem Videoband ausgerechnet damit beschäftigt war, dann hieß das, dass sie etwas mitteilen wollte. Schöffler war sehr zufrieden mit seinen Experten. Es war gerade 17 Uhr und vor ihm lag eine vorläufige Liste mit dem Erkenntnissen, die sie aus den kurzen Aufnahmen gewonnen hatten. Und die Aufnahmen wurden bei künstlichem Licht gemacht, vermutlich Halogenstrahler von einem zentralen Punkt an der Decke. Das Zimmer hat mit größter Wahrscheinlichkeit kein Fenster. Andernfalls wurden die Aufnahmen nachts gemacht, oder ein vorhandenes Fenster ist vollständig abgedunkelt. Tageslicht ist nicht feststellbar. Der Teppichboden ist von teurer Qualität, vermutlich relativ neu 1-2 Jahre alt. Der Bildschirm ist von DELL, 20 Zoll TFT. Das Betriebssystem ist Microsoft XP Home, das Computerspiel heißt Need for Speed 2. Die Betten stammen von Ikea, es sind fünf baugleiche Exemplare. Die Bettwäsche stammt ebenfalls von Ikea. Das Geschirr wird normalerweise nur über den Großhandel für gewerbliche Kunden vertrieben. Dies können Gaststätten, aber auch Firmen oder Behörden sein. In Rothberg ist es nicht im Einzelhandel. Die Möbel in der Essecke konnten noch nicht abschließend analysiert werden, sie stammen jedoch Zweifels frei nicht von Ikea. Da die Lichtquelle bei allen Aufnahmen identisch ist, müsste es sich um einen einzigen größeren Raum handeln, in dem sie entstanden sind, also Essecke, Spielbereich und Betten sind in einem einzigen Raum. Die Kinder tragen nicht die gleiche Kleidung, in der sie zuletzt gesehen wurden. Stefanie Haberland trägt einen neu wirkenden roten Jogging-Anzug mit einem Jurassic-Park Motiv, Mario Wandert trägt ein seinen Eltern unbekanntes weißes T-Shirt u. Sabine Marx eine neue Jeans. Das Bilderbuch ist eine Petzi Geschichte, es wird noch geklärt, welcher Band. Die Schrift auf den weißen Blättern ist die Times New Roman, gedruckt mit einem Laser oder sehr guten Tintenstrahldrucker. Eine Tonspur ist nicht rekonstruierbar, offensichtlich wurde ohne angeschlossenes Mikrophon gefilmt. Nun, damit konnte er schon etwas anfangen. Und er konnte die Erpresser vergessen, deren Drohungen und Forderungen damit gegenstandslos waren. Dieser Täter forderte nichts, bisher zumindest. Er teilte nur mit, dass es den Kindern gut ging und dass er noch zwei weitere entführen wollte. Wozu, das war einst weilen nicht zu klären. Schöffler suchte die Nadel im Heuhaufen, das war ihm klar. Wie viele verdunkelte oder fensterlose Räume mit teurem Teppichboden mochte es in dieser Stadt oder der Umgebung geben? Wie viele Rothberger Ikea-Kunden mochten in Magdeburg oder sonst wo Betten erstanden haben? War den das gesuchte Versteck überhaupt in Rothberg? Würden sich das Personal im Kaufhaus oder im Spielzeugladen an Kunden erinnern, die dort in letzter Zeit Need for Speed eingekauft hatten? Die Schlagzeile der Zeitung sorgte für eine enorme Auflagensteigerung der Wochenendausgabe. Unsere Kinder leben! schrie sie in Rot über drei Bildschirmfotos aus dem Video. Der Bericht schilderte, wie Schöffler erleichtert feststellte, nur die Tat-sache, dass es offensichtlich den drei Entführten gut ging, welche Szenen auf dem Band waren, und wie die Eltern reagiert hatten. Keine Einzelheiten über die Einrichtung, und auch kein Hinweis auf die Drohung, dass es weitere Entführungen geben würde. So gewann die Polizei Zeit, ohne den Täter nervös zu machen. Das ABC traf sich wie abgesprochen bei Anja Krüger. Benjamin und Carsten waren von ihren Vätern begleitet worden, Frau Krüger nahm ihnen das Versprechen ab, sich auf keinen Fall zu trennen und spätestens um 17.00 Uhr wieder zurück zu sein. Sie hatten drei Stunden für sich. Es war wieder ein sonniger Tag, und sie packten gut verborgen von dem Bretterzaun ihre Cola und Süßigkeiten aus, nachdem sie sich an ihrem Lieblingsplatz auf der Rückseite der Ruine niedergelassen hatten. Benjamin erzählte nochmals in allen Einzelheiten, was seine Eltern ihm von dem Videoband berichtet hatten. Er war glücklich, dass seine Schwester offenbar noch lebte. Anja klang zuversichtlich. Sie hatte eine Idee, wo man anfangen konnte. Wir müssten herausbekommen, ob jemand in letzter Zeit einen roten Jogginganzug gekauft hat, der deiner Schwester passen würde. Meinst du nicht, die Polizei ist auch schon drauf gekommen? fragte Carst-en. Doch, sicher, aber wo sollen wir sonst nur anfangen? Wir könnten es probieren. Lass uns zum Kinderkla-mottenladen gehen. Sie fuhren zusammen, zu Tode erschrocken, als sie eine Männerstimme hinter sich hörten: Da war Kommissar Schöffler vor drei Stunden. Ein unrasiertes, eingefallenes Gesicht blickte sie aus dem rahmen-losen Fenster der Ruine an. Stefan Wernsdorff lehnte sich weiter hinaus. Tut mir leid, ich wollte euch nicht erschrecken. Wer sind Sie? Was machen Sie hier? fragte Carsten, der als erster seinen Schock über wunden hatte. Das gleiche wie ihr. Ich suche nach einer Lösung. Der Fremde war ihnen unheimlich. Sein zerzaustes Haar und sein glasiger Blick gaben ihm ein etwas verrücktes Aussehen. Er trat jetzt um die Ecke der eingestürzten Mauer und sie sahen, dass auch der Rest seiner Erscheinung nicht gerade gepflegt wirkte. Ein schmuddeliges gestreiftes Hemd hing halb aus der ausgebeulten schwarzen Hose, in der Hand trug er eine Flasche mit einer braunen Flüssigkeit, die sicher kein Tee war. Er setzte sich ganz selbstverständlich zu den Kindern und zündete sich eine Zigarette an. Wollt ihr auch eine rauchen? fragte er. Nee. Wie kommen Sie hier rein? Benjamin sah ihn finster an. Ein paar Meter neben eurem Eingang gibt es noch zwei lose Bretter. Man muss nur wissen, wo. Waren Sie schon öfter hier? fragte Anja an-griffslustig. Der Mann beunruhigte sie. Wer weiß, welche Geheimnisse er schon ausspioniert haben mochte. Na-türlich. Ich kenne euch drei recht gut. Du bist Anja, das ist Carsten und der junge Herr, der mich so unhöflich anstarrt, ist Stefanies Bruder Benjamin. Richtig? Und wer sind Sie? Benjamin starrte weiter, unhöflich oder nicht, das war ihm egal. Der Kerl war in ihr geheimes Verstecktk eingedrungen u. hatte sich vor ihnen verborgen, um zu lauschen. Das war schließlich auch unhöflich. Stefan Wernsdorff. Haben Sie uns belauscht? Ja, sicher. Schon oft. Ihr seid ja nie auf die Idee gekommen, mal nachzusehen, ob jemand da ist. Ganz schön leichtsinnig in Zeiten wie diesen. Das stimmte nicht ganz. Bei ihren ersten Treffen hatten sie die Ruine sehr genau erkundet, waren auch in die unheimlichen Kellergewölbe hinab gestiegen. Sie hatten keine Anzeichen dafür gefunden, dass sonst noch jemand herkam. Manches Mal hatten sie bei schlechtem Wetter auch im Haus gespielt, sie waren immer allein gewesen. Dachten sie zumindest bis heute. Anjas zornige Augen blitzten. Und was wollen Sie hier? Kommt mal mit, ich will euch was zeigen. Es ist nicht weit, nur ein paar Häuserblocks die Straße hinunter. Die drei Freunde sahen einander an. Sie würden mit dem alten Mann leicht fertig werden, zu dritt, sie waren jung und kräftig. Anja war genauso stark wie die Jungs und benahm sich überhaupt nicht mädchenhaft. Sie bewies oft genug Mut und war meist die Anführerin mit dem verrücktesten Ideen, konnte klettern und war nicht zimperlich, wenn sie sich mal stieß oder die Knie aufschürfte. Auch jetzt schien sie das Risiko zu lieben. Hat es was mit den drei Vermissten zu tun? fragte sie den seltsamen Gast ihrer Runde. Der nickte. Ja, ich glaube, ich weiß, wo wir suchen müssen. Anja sprang auf. Dann los, wir haben nicht so viel Zeit. Unsere Eltern drehen durch, wenn wir nicht pünktlich zurück sind. Sie sammelten ihre Getränke und Süßigkeiten wieder ein und folgten Stefan Wernsdorff durch seine viel bequemere Lücke im Zaun. Man musste nur ein Brett nach links und eins nach rechts schieben. Die unteren Nägel fehlten, vermutlich hatte er sie selbst herausgezogen. Er ging voran und schloss dann die Haustür eines Mietshauses auf. Sie folgten ihm durch das muffig riechende Treppenhaus hinauf in den zweiten Stock und dann in seine Wohnung, aus der ihnen ein noch abgestandener Geruch entgegenschlug. Stefanie blickte auf. Sie hatte Angst vor dem Mann. Er war zwar immer nett, gab ihnen Spielzeug, erzählte Geschichten. Er konnte kochen, sorgte für abwechslungsreiches Essen, erlaubte, den Fernseher anzulassen, solange sie mochten. Aber sie war nicht glücklich hier. Sie hatte schon Heimweh nach ihren Eltern und ihrem Bruder, genau wie ihre beiden Zimmergefährten immer wieder nach ihren Eltern fragten. Abends weinten sie in ihren Betten, weil sie nicht zu Hause waren. Der Mann hatte ihnen erklärt, ihre Eltern wären auf einer Reise, und so lange müssten sie bei ihm bleiben. Hinaus durften sie nicht, warum, hatte er nicht gesagt. Stefanie hatte sich das Computerspiel gewünscht, um sich ihrem Bruder näher zu fühlen, so konnte sie sich wenigstens einbilden, er säße neben ihr. Die Tür war immer abgeschlossen. Sie hatten ein kleines Bade-zimmer mit Toilette und den großen Raum mit ihren Betten, der Spielecke und dem Esstisch. Das Essen brachte der Mann mit, weit konnte er es nicht getragen haben, es war stets noch heiß. Das Frühstück richtete er ihnen am Abend her, mittags kam er kurz und brachte einen Imbiss, am Abend hatte er mehr Zeit und da gab es auch die warmen Mahlzeiten. Heute musste Samstag sein, denn er war schon am Mittag mit dem dampfenden Essen und einem Paket gekommen. Er lächelte die drei Kinder an. Ich habe auch was Neues mitgebracht. Aus dem großen Karton kamen unzählige Legosteine zum Vorschein. Alle Farben, alle Formen. Dazu ein Buch mit Anleitungen, wie aus den Steinen Tiere, Häuser und Fahrzeuge werden konnten. Nach dem Essen dürft ihr damit spielen. Aber jetzt kommt erst an den Tisch. Es schmeckte wie immer gut. Dazu gab es Saft, Stefanie fand, dass er heute etwas bitter schmeckte. Aber die gut gewürzte Lasagne machte Durst, und sie trank ihren Becher leer. Nach wenigen Minuten wurde sie sehr müde. Die Augen fielen ihr immer wieder zu, schließlich schlief sie am Tisch ein. Der Mann nahm sie auf den Arm und ging mit ihr zur Türe. Spielt jetzt, solange ihr wollt. Ich bringe Steffi nachher zurück. Ich will nur sehen, warum sie so müde ist. Dann schloss er die beiden ein und trug Stefanie über einen kahlen Flur in einen hell erleuchteten, gekachelten Raum, in dessen Mitte ein Behandlungstisch stand. Er legte sie vorsichtig darauf, zog ihr den Jogging-Anzug aus und desinfizierte sich die Hände, bevor er zu seinen Instrumenten griff. Anja, Benjamin und Carsten hatten die Zeit völlig vergessen. Sie saßen vor Stefan Wernsdorffs Computer und lasen die Geschichte der Kinder von Rothberg. Was er im bisher letzten Abschnitt geschrieben hatte, war so absurd, dass sie es schon wieder für möglich hielten. Ich habe keinen Beweis, Kinder, aber ich habe Hinweise gesammelt. Ich habe ihn beobachtet, weil ich ihn in meinem nächsten Buch auftreten lassen wollte, seit vier Monaten habe ich ihm nachgespürt. Es passt alles zu den Entführungen, so unwahrscheinlich es auch klingt. Aber warum sollte er die Kinder entführt haben? Wozu denn nur? Will er Geld? Carsten überflog nochmals den letzten Absatz auf dem Bildschirm. Darüber haben Sie noch nichts geschrieben, oder? Nein, das weiß ich selbst noch nicht. Ich habe mir das alles nur zusammengereimt, es muss ja nicht stimmen. Es ist ein Romanentwurf, kein Tatsachenbericht. Vermutlich ist er einfach verrückt. Haben Sie ein Auto? fragte Anja. Sie wollte am liebsten sofort aufbrechen, um festzustellen, ob die Geschichte stimmte. Nein, nur ein Fahrrad. Wir müssen die Polizei anrufen. Wenn das stimmt, was Sie geschrieben haben, kann meine Schwester heute Abend schon zu Hause sein. Benjamin sah seine Freunde an. Mein lieber Benjamin, sagte Werns-dorff, du glaubst doch nicht, dass die Polizei auf so eine abenteuerliche Phantasie hin das Haus eines angesehenen Bürgers durchsucht? Ohne Beweise, nur weil ein ständig besoffener Schriftsteller sich in seinem verdrehten Hirn etwas zusammengereimt hat? Anja stimmte dem Mann zu. Sie würden ihn höflich befragen, dann ist er gewarnt und tut den Kleinen wer weiß was an, lässt sie einfach verschwinden. Wir brauchen erst einen Beweis. Aber warum haben Sie uns das lesen lassen, wenn Sie nichts unternehmen wollen? fragte Carsten. Ich weiß es nicht genau. Ich glaube, dass ich einfach prüfen wollte, ob jemand außer mir diese verrückte Idee nachvollziehen kann. Kein Erwachsener, sondern ein gesunder Verstand in eurem Alter. Aber ich habe einen Vorschlag. Sie sahen ihn erwartungsvoll an. Ich begleite euch drei jetzt nach Hause, wenn ihr euch mit mir sehen lassen wollt. Es ist 19.00 Uhr und Eure Eltern werden euch totprügeln, wenn ihr keine vernünftige Erklärung dafür habt, warum ihr nicht pünktlich wieder auf-getaucht seid. Die drei erschraken. Der Mann hatte recht. Vielleicht suchte schon die halbe Stadt nach ihnen. Sie mussten sofort aufbrechen. Ich erkläre euren Eltern, dass ich euch aufgehalten habe, meinetwegen, weil ich euch ein Eis spendiert habe oder sonst was. Aber Ärger kriegt ihr bestimmt. Scheiße. Meine Mutter dreht bestimmt schon durch. sagte Benjamin. Einen Moment noch. Haltet den Mund, über das, was ihr hier gelesen habt. Ich gehe heute Nacht hin zu seinem Haus, und versuche, etwas Konkretes zu finden. Falls ihr keinen Hausarrest bekommt, erzähle ich euch morgen Nachmittag in der Ruine, ob ich Erfolg hatte. Einverstanden? Sie nickten. Inzwischen vertrauten sie dem seltsamen Schriftsteller. Er war ein Säufer und ihre Kleider stanken nach seinen Zigaretten, aber sie spürten, dass sie einen treuen Freund und Verbündeten gefunden hatten, der sie ernst nahm. Sie verließen die Wohnung und traten auf die Straße, um sich auf den Weg zu Anjas Haus zu machen. Dort war die Hölle los. Das Fernsehen war da, zwei Polizeifahrzeuge sperrten die Zufahrt zur Straße. Ein Polizist kam auf sie zu. Anja Krüger? "Ja." flüsterte sie ängstlich. Benjamin Haberland und Carsten Winter? Die beiden nickten. Der Polizist drückte eine Taste an seinem Funkgerät und meldete, dass die drei Kinder in der Rosenstraße angekommen seien. Er ließ Stefan Wernsdorff keinen Moment aus den Augen. Zwei weitere Beamte standen sprungbereit in der Nähe. Und wer sind Sie? Stefan Wernsdorff. Ich habe die drei zu einem Eis eingeladen und dabei haben sie, haben wir leider die Zeit vergessen. Kennt ihr den Mann? Ja, es stimmt, wir haben Eis gegessen und geredet. Er, er ist ein alter Bekannter von uns. Schriftsteller. Ihr drei geht jetzt ins Haus, Sie bleiben hier. Stefan Wernsdorff wurde zur Wache mitge-nommen, seine Wohnung gründlich durchsucht. Die Polizisten packten seinen Drucker und seinen PC ein, dazu eine Box mit CD-ROMs. Sie fanden keine Spur, die auf die verschwundenen Kinder hingedeutet hätte, hatte aber der Computer interessierte sie brennend. Man würde auf der Festplatte und den CDs nach einem bestimmten Text suchen. Ich brauche noch zwei. Carsten u. Benjamin wurden mit einem Streifenwagen nach Hause gebracht. Es war aufregend, in dem Polizeifahrzeug durch die Stadt zu fahren, so recht genießen konnten sie es jedoch nicht, weil ihnen vermutlich noch ein Donnerwetter drohte. Es war jedoch nur ein kleines. Benjamins Eltern waren froh, ihren Sohn wohlbehalten wiederzusehen. Herr Haberland sah seinen Sohn an und meinte ernst: Du bist ein großer Junge, wenigstens anrufen hättest du können. Ja, tut mir wirklich leid. Benjamin meinte es ehrlich. Schöffler saß mit zwei Technikern vor Wernsdorffs PC und las das Dokument kinder.doc. Er war gefesselt, die Erzählung war phantastisch, er hatte dem versoffenen Mann so etwas gar nicht zugetraut. Der spinnt doch hochgradig. murmelte er, als er beim bisher letzten Kapitel ankam. Spannend, gut erzählt, aber das was er schreibt, ist total daneben. Sie hatten keine Hinweise gefunden, ob die kurzen Mitteilungen am Ende des Videos mit diesem Gerät geschrieben worden waren. Die fragliche Schrift war zwar installiert, aber das war bei so gut wie jedem PC der Fall, der eine Textverarbeitung auf der Festplatte hatte. Sie hatten gelöschte Dateien rekonstruiert, aber der gesuchte Text aus dem Video war nicht dabei. Es war ihnen von vorne herein klar, dass der Täter den Text vermutlich nur gedruckt und nicht gespeichert hatte. Dumm war er nicht, sonst hätten sie ihn längst erwischt. Der Tintenstrahldrucker lieferte ein sauberes Schriftbild, doch es war aber nicht zu beweisen, dass Wernsdorff etwas mit der Entführung zu tun hatte. Schöffler ließ Wernsdorff holen und befragte ihn nochmals eindringlich. Er sprach ihn auf den unfertigen Text an, auf die Einzelheiten. Ich bin Schriftsteller, Herr Kommissar. Nicht erfolgreich, bis jetzt zumindest, aber ich bilde mir doch ein, über Phantasie zu verfügen. Das ist alles. Das letzte Kapitel, wie kommen Sie denn bloß auf so etwas. Mögen Sie den Mann nicht? Phantasie. Sonst nichts. Er durfte um 22.00 Uhr nach Hause gehen, das Gerät blieb einstweilen bei der Polizei. Man verlangte von ihm, die Stadt nicht zu verlassen und deutete an, dass er unter Beobachtung stehe. Stefan Wernsdorff verließ um 23.00 Uhr seine Wohnung und ging in die Kneipe an der Ecke. Er nickte dem Wirt zu und verschwand sofort wieder durch die hintere Tür neben den Toiletten. Die zwei Beamten, die ihn beo-bachten sollten, warteten vor der Kneipe. Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn. Er hatte keinen Assist-enten, keine Schwester, die sie abgetupft hätten. Er war auch nicht für diesen speziellen Eingriff ausgebildet, hatte sein Wissen aus Fachbüchern zusammengetragen und sich eigentlich zugetraut, allein damit fertig zu werden. Seine Patientin war an die Überwachungsgeräte angeschlossen, die Anzeigen gaben beruhigend normale Werte wieder. Aber er konnte die Blutung nicht unter Kontrolle bringen. Irgendetwas war schiefgegangen, u. er konnte niemanden um Hilfe bitten. Er fluchte vor sich hin u. versuchte, das verletzte Blutgefäß zu finden. Benjamin konnte nicht einschlafen. In seinen Gedanken kreiste die Vorstellung, er wisse, wo seine Schwester war, und helfe ihr trotzdem nicht. Er starrte an die Decke, die im blassen Mondlicht grau aussah. Steffi, wo bist du?, flüsterte er. Hat der ver-rückte Schriftsteller recht? Hätte er doch seinen Eltern erzählen müssen, welche Idee der Mann gehabt hatte? Es war doch eine Chance, nur eine klitzekleine zwar, aber warum nicht den Versuch wagen? Er stand auf und schlich zum Schlafzimmer seiner Eltern, vorbei an Stefanies Zimmer. Die Tür stand offen und er sah das leere, saubere Bett, die Spielsachen, Steffis Teddy auf der Bettdecke. Er wollte seine Schwester wieder haben. Seine Eltern schlief-en. Nein, er würde sie nicht wecken, er war alt genug, um selbst etwas zu unternehmen. Benjamin ging in sein Zimmer zurück und zog sich hastig an. Es war 23.25 Uhr. Er riss ein Blatt aus einem Schulheft, schrieb in kurzen Worten auf, wohin er wollte und legte ihn auf sein Bett. Er hoffte, dass er zurück sein würde, bevor ihn jemand las, aber falls ihm etwas passieren sollte, würde Hilfe kommen. Dann schloss er leise die Haustüre hinter sich und schwang sich auf sein Fahrrad. Um 23.37 Uhr ging der eine der beiden Beobachter in die Kneipe, um zu sehen, was Wernsdorff dort trieb. Er sah ihn nicht. Der müde Wirt, der gerade die letzte Runde Bier an seine wenigen Gäste ausgeteilt hatte, erklärte dem Beamten, dass Stefan Wernsdorff wohl sofort durch den Hinterausgang verschwunden war. Er sei auf die Toilette gegangen, aber er war nicht wieder aufgetaucht. Schöffler tobte am Telefon, als die Beobachter berichteten. So viel Dummheit konnte er beim besten Willen nicht ertragen. Seine beiden Leute hatten sich von einem Besoffenen mit dem billigsten Trick der Welt abhängen lassen. Er beorderte sie vor Stefan Werns-dorffs Wohnung, sie sollten sich melden, sobald er dort auftauchen würde. Der Kommissar wischte sich die Stirn mit seinem gebügelten Taschentuch. Er war todmüde, seit dem frühen Morgen im Dienst, und auch die letzten Nächte hatten nicht viel Schlaf gebracht. Auf dem Schreibtisch stapelten sich Protokolle und Akten, die er sortieren musste. Er goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein und griff zum nächsten Ordner. In Anjas Zimmer brannte Licht, sonst war das Haus der Familie Krüger dunkel. Benjamin klopfte mit den Fingerspitzen an das Fenster. Anja schob den Vorhang beiseite und blickte erstaunt heraus. Leise öffnete sie den Fensterflügel. Was ist los? flüsterte sie. Ich fahre jetzt hin, ich kann nicht schlafen. Vielleicht ist Steffi doch dort. Schlafen kann ich auch nicht. Komm kurz rein, dann fahre ich mit. Er schwang sich hoch und kletterte in Anjas Zimmer. Psst, leise! flüsterte sie. Er drehte sich verschämt zur Wand und studierte das Poster von US5, als Anja ihren Schlafanzug auszog und nach ihren Kleidern griff. Sie kicherte leise und meinte: Brauchst aber nicht rot werden, Benni. Als sie in Jeans und Pullover bereit war, kletterten sie aus dem Fenster und zogen den Flügel von außen zu, so gut es ging. Auf der Straße war kein Mensch zu sehen, und sie radelten los. Carsten konnten sie nicht abholen, er wohnte im vierten Stockwerk eines Mietshauses, keine Chance, an ihn ranzukommen. Stefan Wernsdorff schlich um die Villa. Er zog und schob sachte an den Fenstern und Türen, sie waren alle zu. Durch die Jalousien schimmerte an der Vorderseite des Hauses Licht, aber es war kein Ton zu hören. Konnte er es wagen, die rückwärtige Terrassentüre aufzuhebeln? Das würde Lärm machen, den man in der Stille der Nacht weit hören konnte. Außerdem war er ziemlich sicher, dass die Villa mit einer Alarmanlage gesichert war, die möglicherweise scharf geschaltet sein konnte. Das Auto stand in der Garage, also war der Mann zu Hause. Schlief er? War er mit irgendetwas beschäftigt? Zwei Mülltonnen standen neben dem Garagentor. Er klappte die erste auf. Verpackungen von Tiefkühlkost, Küchenabfälle, nichts Ungewöhnliches. Die zweite Mülltonne war fast leer. Er blickte in die dunkle Tiefe u. griff hinein. Zerknüllte Blätter mit Kinderzeichnungen, gekritzelten Männchen, Tieren. Das war das, was er gesucht hatte. In dieser Villa wohnten keine Kinder. Er atmete tief ein und strich die Blätter glatt. Er versuchte, in dem schwachen Licht etwas genauer zu erkennen, was die Bilder zeigten. Auf einem waren zwei große Figuren und eine kleinere zu erkennen, die offenbar in einem Fahrzeug saßen. Außerhalb des Fahrzeuges eine vierte, noch kleinere Figur. Aber konnte der Mann wirklich so dumm sein, das in seine eigene Mülltonne zu werfen? Er hörte ein Geräusch von der Straße u. duckte sich hinter einen Fliederbusch im Vorgarten. Er traute seinen Augen nicht, aber es waren tatsächlich Anja und Benjamin, die behutsam ihre Fahrräder an den Zaun lehnten und über das niedrige Gartentor stiegen. Leise machte er Pssst. Anja schrie auf und hielt sich dann die Hand vor den Mund. Benjamin zuckte zusammen und wollte zurück über das Tor. Stefan Wernsdorff stand auf und sie erkannten ihn. Sie haben mich zu Tode erschreckt, mir ist fast das Herz stehen geblieben, beschwerte sich Anja flüsternd. Er legte den Finger auf den Mund und winkte den beiden, ihm zu folgen. Bei den Mülltonnen zeigte er ihnen stumm die Zeichnungen. Benjamins Augen wurden riesengroß, er atmete heftig. Er zeigte auf das Blatt mit dem Auto und flüsterte: Das hat Steffi gemalt, sie malt immer Leute mit sieben Fingern. In diesem Moment ging ein Strahler über der Garage an und sie standen geblendet im hellen Lichtkegel. Dr. Berg stand in einem blutbefleckten grünen Kittel im Halbschatten, er war um das Haus herumgekommen, ohne dass sie etwas bemerkt hatten. In der rechten Hand hielt er einen Revolver. Was haben Sie hier zu suchen? Sie gaben keine Antwort. Der Arzt sah die Zeichnungen und deutete stumm mit seiner Waffe auf die Haustüre. Sie gingen voran, zögernd, aber es blieb keine andere Wahl. Schöffler räumte seinen Schreibtisch auf. Er würde morgen früh weitermachen, es war jetzt ein Uhr. Stefan Wernsdorff war nicht wieder aufgetaucht, vermutlich saß er irgendwo und ließ sich volllaufen. Er löschte das Licht und schloss die Tür, nickte dem Diensthabenden am Eingang müde zu und ging zu seinem Auto. Auf halbem Weg zu seiner Wohnung entschloss er sich, doch noch den Umweg zu der Villa zu machen, so erschöpft er auch sein mochte. Er wusste nicht recht, was er dort sollte, aber die Geschichte ging ihm nicht aus dem Kopf. Natürlich war es völliger Blödsinn, und er nahm nicht an, dass Stefan Wernsdorff verrückt genug war, mitten in der Nacht bei Dr. Berg aufzutauchen und irgendetwas anzustellen. Doch es würde ihn beruhigen, wenn er wusste, dass dort alles ruhig war. Wo ist meine Schwester? fragte Benjamin. Der Arzt klang erschöpft und fast traurig: Benjamin, das verstehst du nicht. Und ich habe jetzt auch keine Zeit für große Erklärungen. Ich will Kindern helfen, die am Krebs sterben, und ich weiß jetzt, wie. Er führte die drei in den Keller, und wies in einen leeren Raum, ohne Fenster, keine Möbel, an der Decke eine nackte Glühbirne. Da rein mit euch, ich habe keine Zeit, bin mitten in der Arbeit. Die Tür wurde hinter ihnen abgeschlossen. Mein Gott, Sie hatten recht! sagte Anja. Stefan Wernsdorff nickte. Leider. Aber was machen wir jetzt? Die Tür war stabil und es hatte auch keinen Sinn, sie aufzubrechen, selbst wenn sie es vermocht hätten. Irgendwo draußen war Dr. Berg und er hatte eine Waffe. Wird er uns umbringen? Benjamin zitterte am ganzen Leib. Er wusste, dass Stefanie und die anderen beiden Kinder hier waren, doch er hatte sich fangen lassen, anstatt sie zu befreien. Er war genauso hilflos wie sie. Ein schöner Held, dem die Knie bebten. Er ist verrückt. Er ist zu allem fähig. Wir müssen sehen, dass wir uns selbst helfen. Wernsdorff sah die Kinder an. Habt ihr nicht irgend-etwas, ein Taschenmesser, was auch somit immer als eine Waffe taugt? Sie hatten nichts, Benjamin trug nur seinen Schlüsselbund bei sich, Anjas Taschen waren leer. Am Zaun lehnten zwei Fahrräder. Der Größe nach waren es keine Erwachsenen, die damit gekommen waren. Schöffler parkte ein Stück entfernt und ging langsam am Grundstück des Arztes entlang. Die Fahrräder waren nicht abgeschlossen. In Schöfflers Kopf rasten die Überlegungen. Drei Kinder waren am Nachmittag mit Stefan Wernsdorff zusammen gewesen, dass sie möglicherweise dabei seine absurde Geschichte kennen gelernt hatten, kam ihm erst jetzt in den Sinn. Die Kinder konnten sie geglaubt haben. Aus dem Haus war kein Laut zu hören. Über der Garage brannte Licht. Er stieg über das niedrige Tor und ging um die Villa. Nichts, nur Stille. Was wäre, wenn Wernsdorff recht hatte? Dann gab es keine Zeit zu verlieren. Dann waren da drinnen jetzt fünf Kinder gefangen. Schöffler kehrte zu seinem Wagen zurück und wählte die Nummer des Reviers. Sie müssen sofort die Haberlands, Wernsdorffs u. Winters kontaktieren. Ich muss wissen, ob deren Kinder zu Hause sind. Jetzt? Mitten in der Nacht? Es ist mir egal, wie spät es ist. Ich warte hier im Wagen, und ich verlange sofort eine Nachricht. Wecken Sie vorsorglich die Kollegen, die Rufbereitschaft haben. Es kann sein, dass ich sie brauche. Die beiden jungen Polizisten, die Nachtdienst hatten, folgten kopfschüttelnd der Anordnung. Man konnte doch nicht mitten in der Nacht Leute wecken, um nach ihren Sprösslingen zu fragen. Wohl jede Mutter und jeder Vater in der Stadt war zur Zeit so besorgt, dass ein Verschwinden längst bemerkt worden wäre. Aber gut, es war eine dienstliche Anweisung, also würden sie sich dem Zorn der Eltern aussetzen müssen. Er hatte endlich die Blutung gestoppt. Aber seiner kleinen Patientin ging es nicht gut. Sie hatte bereits zu viel Blut verloren, und er hatte keine ausreichenden Konserven mehr. Er würde ihr wohl nicht helfen können, Schuld war die Unterbrechung durch die ungebetenen Eindringlinge. Immerhin hatte er die Gewebeproben, die er brauchte, in seinem Kühl Fach. Er war mit Leib und Seele Arzt, und einen Patienten gab er nicht auf, solange noch Hoffnung bestand, auch wenn es aussichtslos schien. Komm, Mädchen, du schaffst es, murmelte er, als er seinen letzten Beutel mit der richtigen Blutgruppe mit der Infusion verband. Guten Morgen. Es tut uns leid, dass wir Sie wecken mussten, aber ist Ihr Sohn zu Hause? Herr Haberland blinzelte verschlafen. Was wollte der Anrufer? Benjamin? Natürlich, er ist in seinem Zimmer und schläft. Was soll das? Würden Sie bitte nachsehen? Bitte, es ist dringend. Einen Moment. Er schlurfte den Gang hinunter. Benjamins Bett war leer, ein Zettel lag darauf. Nun war er hellwach. Schöffler ließ sich berichten, was auf dem Zettel stand. Ich fahre zur Villa von Dr. Berg, ich glaube, dass Stefanie dort ist. Wenn Anja wach ist, hole ich sie ab. Benjamin. Er zögerte keinen Augenblick. Sie rufen über Funk sofort Verstärkung und kommen augenblicklich her. Kein Martinshorn. Das Krankenhaus soll einen Notarztwagen schicken, aber bitte ebenfalls leise. Ich warte vor dem Haus. Er konnte nicht seine Forschung aufgeben, so dicht vor dem Durchbruch. Eigentlich hätte er Stefanie sofort ins Krankenhaus bringen müssen, hier hatte er keine Möglichkeiten, sie noch zu retten. Aber wenn er sie dort ab-lieferte, würde seine Arbeit zunichte gemacht u- er konnte den vielen Tausenden Kindern, für die er das alles getan hatte, nun gar nicht mehr helfen. Sollte er sie unbemerkt in der Nähe des Krankenhauses ablegen und anonym melden, wo sie lag? Nein, sie kannte ihn, das Ergebnis wäre das gleiche gewesen, als wenn er sie selbst in die Notaufnahme gebracht hätte. Er durfte erst als Entführer offenbar werden, wenn die Forschungen abgeschlossen waren. Dr. Berg stand unschlüssig vor dem kleinen Körper, die Instrumente am Kopfende der Liege sprachen deutlich genug über Stefanies Zustand. Ein Kind opfern, um vielen zu helfen, was war daran so falsch? Der erste Streifenwagen tauchte auf und Schöffler ging voran zur Haustüre. Die beiden Polizisten zogen ihre Dienstwaffen, aber Herr Schöffler schüttelte energisch den Kopf. Niemand wird hier nun schießen, ist das klar? Wir sind nicht im wilden Westen. Er erinnerte sich nur zu gut an Marina Rösch und ihren Tod vor seinem Revier. Er drückte auf den Klingelknopf, melodisch hallte ein Gong durch die Stille. Nach zehn Sekunden klingelte er ein zweites Mal, wartete kurz und befahl dann: Aufbrechen. Die ist zu massiv. Nicht ohne Werkzeug. Dann holen Sie Werkzeug, verdammt noch mal! Ein weiteres Polizeifahrzeug bog in die Straße ein und vier Polizisten kamen angerannt. Eine Axt." rief Schöffler ihnen entgegen. Einer der Beamten eilte zurück und kam mit dem verlangten Werkzeug den Gartenweg hinunter, als am Ende der Straße das Blaulicht des Notarztwagens aufflackerte. Benjamin, Anja und Stefan Werns-dorff hörten den Krach. Oben wurde die Tür aufgebrochen und eilige Schritte wurden laut. Sie begannen zu rufen. Dr. Berg griff nach seiner Waffe. Es war aus, jemand brach ins Haus ein, sie würden kommen. Was hatte er nur falsch gemacht? Er wollte doch nur helfen, den kranken Kindern dieser Welt Gesundheit schenken. Schuld war dieser verdammte Schriftsteller. Mario und Sabine wachten auf und fingen an, zu weinen. Ein kräftiger Schlag sprengte die Tür ihres Gefängnisses und sie sahen mit großen Augen die Polizisten an, die mit gezogenen Waffen hereinstürzten. Ihr Weinen wurde lauter, und die Männer standen hilflos vor den Betten. Dr. Berg hatte die Waffe im Anschlag, als Schöffler durch die Türe trat. Mit einem Blick erfasste er die Lage und herrschte den Arzt an: Was ist mit ihr? Sie hat viel Blut verloren. Der Notarzt hierher! schrie Schöffler. Er achtete nicht auf die Waffe in der Hand des Arztes sondern stieß ihn beiseite, um sich vor das Kind zu stellen. Zwei Sanitäter und der Notarzt kamen hereingestürmt. Verdammt, Herr Berg, reden Sie! Was haben Sie mit dem Kind gemacht? Was muss jetzt der Not-arzt noch tun? Sie kann nicht transportiert werden. Hoher Blutverlust, in der Bauchhöhle. Und die Blutgruppe? fragte der Notarzt. Berg antwortete: B positiv. Schöffler starrte ihn an. Sagte der Mann die Wahrheit? Immerhin war er Mediziner, sie hatten wohl keine andere Möglichkeit, als ihm zu glauben, wenn sie Stefanie Haberland retten wollten. Ein Hubschrauber landete vor der Villa, die inzwischen trotz der nächtlichen Stunde von Schau-lustigen umringt war, die sich nur mühsam zurückdrängen ließen. Ein weiterer Krankenwagen kam an, Sabine und Mario wurden ins Rothberger Krankenhaus gefahren, um sie auf eventuelle Verletzungen zu untersuchen. Der Pilot ließ seine Turbinen laufen, während zwei Sanitäter mit der Trage ins Haus rannten. Er würde die Kinderklinik Heubner-weg in Berlin anfliegen, wo sich die Spezialisten schon auf die Notoperation der kleinen Stefanie Haberland vor-bereiteten. Normalerweise gab es keine Nachtflüge nach Berlin, aber was war hier schon normal? Er beherrschte seinen Militärhubschrauber mit dem roten Kreuz auf den Seiten gut genug für jeden Nachtflug der Welt, und er würde die klein Patientin sicher abliefern, wenn sie nicht während des Fluges starb. Falls sie überhaupt lebend in seinen Hubschrauber gelangte. Schöffler saß im Wohnzimmer der Villa mit Anja, Benjamin und Stefan Wernsdorff zusammen. Was meint ihr eigentlich, wozu es die Polizei gibt? Der Schriftsteller hatte sich aus der Bar mit Wein versorgt und trank in großen Zügen. Er setzte die Flasche ab und gab zurück: Was meinen Sie eigentlich, was uns die Polizei erzählt hätte? Sie hätten uns doch kein Wort geglaubt, oder? bekräftigte Anja. Er gab es nicht gern zu, aber der Mann sagte die Wahrheit. Na ja, das stimmt schon. Dr. Berg ist immerhin ein angesehener Mediziner, ein ehrbarer Bürger, aber ich hätte ihn auf jeden Fall in den nächsten Tagen aufgesucht, obwohl ich ihrer Geschichte nicht folgen konnte. Und Steffi wäre tot. sagte Benjamin. Er schämte sich seiner Tränen nicht, obwohl er ein großer Junge war. Diese Nacht war selbst für einen großen Jungen etwas viel gewesen. Seine Eltern waren auf dem Weg hierher, die Mutter würde mit nach Berlin fliegen, der Vater ihn und Anja mitnehmen. Im Keller kämpften die beiden Ärzte noch immer um Stefanies Leben, der Notarzt, unterstützt von Dr. Berg. Die Waffe hatte er fallen lassen, als er die Chance sah, das Kind doch noch zu retten. Er wusste, was zu tun war. Zwei Polizisten standen dabei und ließen ihn nicht aus den Augen, aber das nahm er kaum wahr. Stefanie war jetzt soweit stabilisiert, dass man sie ausfliegen konnte. Und er würde alles tun, was in seiner Macht stand, um zu helfen. Er drückte die Sauerstoffmaske auf das bleiche Gesicht und beobachtete mit großer Erleichterung jeden Atemzug. Wo haben Sie die Kinder eigentlich kennen gelernt? Stefan Wernsdorff lächelte den Kommissar an. Das bleibt unser Geheimnis, Herr Schöffler. Stimmts, AB? Anja nickte. C wird ebenfalls schweigen, das ist sicher. Die Polizei muss ja nicht alles wissen. Auch Schöffler lächelte jetzt. Die Erleichterung hatte gesiegt, er konnte sich endlich entspannen, obwohl das kleine Mädchen noch nicht gerettet war. Er bewunderte im Stillen den Mut der Kinder u. des Schriftstellers mit rotunter-laufenen Augen, obwohl er ihr eigenmächtiges Verhalten keineswegs billigen konnte. Immerhin hatten sie Recht, Stefanie wäre am nächsten Tag mit Sicherheit tot gewesen. Gut, dann soll es ein Geheimnis bleiben. Aber machen Sie um Himmels willen nicht noch einmal solchen Unsinn. Wenn ich nicht hier vorbeigefahren wäre, und die Fahrräder bemerkt hätte, dann wäre keine Hilfe gekommen. Wenn der Hund nicht geschissen hätte, hätte er den Hasen erwischt. gab Wernsdorff zurück. Pardon, so einen Ausdruck sagt man wohl nicht, wenn eine junge Dame anwesend ist. Anja lachte. Da kenne ich aber noch bessere Ausdrücke als du! Wernsdorff verbeugte ich tief. Oh, sie hat mich zum ersten Mal geduzt. Danke, Anja, ich bin Stefan. Er hatte Freunde gefunden, Kinder zwar, aber vielleicht waren das sowieso die besseren Freunde als Erwachsene. Sie verstellten sich nicht, waren natürlich und offen. Echte Freunde. Stefanie Haberland überlebte und kehrte nach zwei Wochen zu ihrer Familie zurück. Mario und Sabine waren unverletzt, von einigen harmlosen Einstichen abgesehen, die offensichtlich von Blutentnahmen stammten. Dr. Berg verbrachte die nächsten Jahre in einer Anstalt, während Experten seine Aufzeichnungen und Forschungs Ergebnisse studierten. Er hatte alles detailliert niedergeschrieben, welche Versuchsreihe er mit den fünf gesunden Kindern vorgehabt hatte, warum sie so jung sein mussten, und welche Erkenntnisse er sich aus der Analyse der Gewebeproben versprach. Transplantationen von gesundem Gewebe in krebskranke Körper, von allen krebsbefallenen Organteilen in den gesunde Kinder, um Abwehrkräfte des Organismus herauszufordern, es war un-glaublich. Fünf kleine Kinder als Versuchskaninchen für eine wahnwitzige Theorie. Er war eindeutig nicht zurech-nungsfähig und mit seinen Forschungen völlig auf dem Holzweg gewesen. So konnte man den Krebs nicht besiegen. Stefan Wernsdorff vollendete sein Manuskript und verkaufte es an eine große Illustrierte, nach dem Vorabdruck in mehreren Folgen erschien es als Buch und wurde ein Bestseller. Das ABC wurde in der Erzählung gebührend ge-würdigt, und in der Schule waren Anja, Benjamin und Carsten eine Zeitlang Stars. Nach und nach kehrte wieder die Normalität zurück. Die ausgelobte Belohnung wollte Wernsdorff nicht haben, schließlich landete das Geld auf dem Konto der Deutschen Krebshilfe. Die Hotelruine blieb unverändert stehen, niemand bemerkte die losen Bretter im Zaun. Stefan Wernsdorff begann im Herbst eine Entziehungskur, er hatte sich entschieden, zumindest zu versuchen, dem Alkohol eine lange Nase zu zeigen. Er arbeitete bereits an einem neuen Manuskript und ließ die drei jungen Freunde am Entstehen teilhaben, wenn sie ihn in der Klinik besuchten. Er schrieb über den Keller in der verlassenen Pension am Waldsee, und eine Gänsehaut rieselte über ihre Rücken, wenn er schilderte, welches Grauen dort lau-erte. Etwas hatte dort Unterschlupf gefunden, und Rothberg geriet in seine Hand.

 

 

 

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28. ©The children of Rothberg

 

Stefanie Haberland was the third child who disappeared without a trace this year. She left for her friend Janine at 3 p.m. on April 23, a warm Sunday in early summer, and did not get there. Her absence was only noticed at 5:30 p.m. when Stefanie's parents called the Gebhardt family to remind their daughter to leave, because they wanted to have dinner at 6:00 p.m. The search began at 5:32 p.m., initially only the family, the excited parents and the seriously worried big brother Benjamin were looking. They rang all the neighbors on the Sunday sleepy street. Nobody had seen Stefanie. It had evidently vanished into thin air on the 600-meter stretch between the two houses. Benjamin was eleven and loved his five-year-old sister. He ran to the playground and ran to the promenade and finally to the overgrown park on the Stadtbach. But Stefanie wasn't in any of her favorite places. At 5:53 p.m. the Haberlands informed the police and they were immediately put through to Mr. Schöffler, who was in charge of the investigation into the two children who had previously disappeared. He often sat in his office on Sundays because he was single and found the fulfillment he needed in his work. Naturally, his tasks were usually not pleasant, but he performed them with great care and accuracy. So he reacted thoughtfully and cautiously, immediately sent a policeman to the Haberlands to get an up-to-date photo and precise information. Then Schöffler called Magdeburg. Rothberg only had three police vehicles of its own, it was a small town that was usually not very busy. In special cases, and this was the second since Schöffler had been transferred to Rothberg, the Magdeburg colleagues came to the rescue. He also received immediate support for the assassination attempt on the Hotel Mühle. He didn't like thinking back on it. His staff had observed that her supervisor had looked bitter since the young woman was mistakenly shot in front of the police station. He had not been able to prevent her pointless death, no one had ever assigned him complicity, but the torments of conscience remained. He just didn't expect Marina Rösch to run out before he could tell the snipers that the suspicions against her were unfounded. But he was convinced that a good policeman had to reckon with anything, and that little mistake could not be corrected. She had died before his eyes. In this new case, there was no way he wanted to make another mistake. Mario Wandert disappeared on March 26, Sabine Marx on February 19. The missing were all five years old. The loudspeaker truck drove off at 6.30 p.m. to announce Stefanie's description and to ask the population for help. At 7.47 p.m., the men of the police and the Federal Border Police, supported by numerous volunteers, began to search Rothberg and the surrounding area. They searched thoroughly, took sniffer dogs, interviewed everyone they met, showed the child's photo. It was free. They didn't find Stefanie. The Rothberger Zeitung appeared on Monday with a large photo of Stefanie on the front page, including two smaller pictures of Mario and Sabine. Where are our children asked the headline in bold letters. Police at a loss! was written underneath in red. The article called on the population to report relevant information and observations, a reward of 5,000 euros had been offered. On Tuesday and Wednesday, Schöffler sat with his employees almost without a break in front of a constantly growing mountain of letters and telephone notes. There was nothing in it that promised a chance of success. But there were plenty of crazy people who gave their opinion anonymously or openly for the best. The newspaper also received letters again, as it did immediately after the first two kidnappings, in which self-proclaimed clairvoyants and other weirdos offered their important knowledge. The editors tried to be serious, none of the adventurous theories were published. At least not from Rothberg's daily newspaper. Several cheap papers from the surrounding area, on the other hand, increased their circulation with titles such as Der Sonntags-Würger von Rothberg, the Rothberger Sexmonster brings children or child eater in Rothberg. On Wednesday, the ABC gathered at its secret meeting point. Anja Krüger, twelve years old, Benjamin Haberland, Stefanie's thirteen-year-old brother, and twelve-year-old Carsten Winter found a place last autumn where they could play undisturbed. The hotel ruins on the waterfront were surrounded by a solid construction fence made of thick boards, but there were some loose planks at the back through which they could squeeze. Of course, it was strictly forbidden to enter the area, as it could not be ruled out that the walls damaged by the explosives collapsed. The house was supposed to be torn down, but there were bureaucratic obstacles, insurance issues, the heirs of the owner who died in the flames fought over their claims with former possessions from GDR times, the ruins remained and was the ideal playground for the ABC. It was not entirely clear who had invented the name, at least the three friends Anja, Benjamin and Carsten were meant when the ABC was mentioned in Rothberg. They didn't mind. No sign of Stefanie, said Benjamin in a rather shaky voice. Nothing. Absolutely nothing. We have to do something. The police will never find you. The other two didn't find them either. Anja looked at her friends encouragingly. And what should we do? They sat leaning against the wall in the former parking lot. The sun was already warming pleasantly, and the usual noises could be heard from beyond the fence . A few birds had chosen the hotel as their home and were flying in and out of the building. Weeds conquered the building and the property. We think of something. Today is no time, I have to go home immediately, otherwise there will be big trouble. Carsten was right "All three of them had to move on quickly. Will we meet on Saturday? Okay. Saturday at 2 pm, then the three of us can move out here," Anja suggested. Agreed. Benjamin agreed. They slipped through the narrow gap and hurried after Home. Stefan Wernsdorff was sitting at his computer and staring at the screen. And he had completed the first five chapters for his new novel. This time it would be a bestseller, he was sure of that e crime thriller had been printed in small editions and occasionally appeared on the rummaging tables of department stores. He was by no means a successful writer. So far. Now everything would change. He wrote about Rothberg's missing children. As he lit a cigarette, he scanned the last paragraph he'd typed. The time had come, he had to decide who should be the culprit in his book. But he wouldn't do that anymore today, he had an appointment with his doctor. He switched off the PC and went on his way. The stomach hurt. Schöffler was discouraged, but he did not give up. He never gave up. He sent police officers and spoke to neighbors of the affected families himself, looking for common ground among the victims. There weren't any, save for age and the fact that it was always Sunday afternoons when they were last seen. Mario Wandert had lost sight of his parents while taking a walk by the Waldsee. The parents had looked behind trees and bushes in vain. Divers had searched the lake, the forest had been combed, all to no avail. Everything imaginable had been found in the lake, from the sunk Trabbi to the garden chair from the abandoned Seeblick guesthouse, but no dead children. Sabine Marx had romped with a friend in the playground. The friend had arrived home, Sabine hadn't. In this case, too, there was no evidence, not a single trace. Nobody had seen anything. There were three anonymous ransom notes on Schöffler's desk, each clerk claiming that the children were with him and that they would be exchanged for ransom. The required amount fluctuated between 100,000 euros and a quarter of a million. Schöffler phoned the editorial staff of the daily newspaper and asked them to print the three required classified ads to signal their willingness to pay. But he didn't believe any of the three scribes that they really had the children. However, he did not want to leave any stone unturned. Dr. Berg had had a difficult day. His practice was going very well; all afternoon he had examined, treated, and encouraged patients. He was a physician through and through, and spent most of his free time studying and researching. His last patient that day was Stefan Wernsdorff, who was still sitting in the waiting room. He leafed through the medical file. Wernsdorff was an alcoholic; as long as he didn't keep his hands off the bottle, his stomach and liver wouldn't be any better. So far, however, his medical advice has been fruitless. When Wernsdorff sat across from him and once again described his pain, the doctor tried not to lose patience with his patient. He explained the connections to him again. Mr. Wernsdorff, medication will no longer help you in the long run. On the contrary, the side effects make your health worse. And it's the alcohol that makes you sick. Don't you want to consent to rehab? No, that didn't work. He didn't have time now. The new novel absolutely wanted to be written, it would be a great success, Wernsdorff explained to his doctor. Dr. Berg seemed interested. What are you actually writing about? I can't say that yet, but it's an authentic story, drawn straight from real life, so to speak. This will be the success I've been waiting for so long. And then, when I'm done, I'll think about the cure again. Stefan Wernsdorff looked thoughtfully at his doctor. Then he went on: Something completely different, Doctor. Little Stefanie was your patient too. What do you think might have happened to her? Was he wrong, or was there a suspicious twinkle in the doctor's eyes? Mr. Wernsdorff, I wish I knew where it is. She is such a lively, lovable child, I hope that she will soon be found safe and sound. But where can she be? You've really searched the area, three children can't just disappear without a trace. Dr. Berg sighed. Of course there are sure to be traces of them somewhere, but they have not yet been found. He eyed the person opposite, and now undisguisedly suspicious. It will be soon, don't you think so? replied the writer. I doubt it. I cannot imagine or that something was overlooked in the search. You have to wait to see if the perpetrators will report, because Commissioner Chance does not intervene. The perpetrators reported on Friday. The editors of the Rothberger Zeitung received a video cassette in the mail. Wrapped in neutral brown paper, thrown anonymously in some mailbox without postage. The editor-in-chief Gastel inserted the cassette and after the first few seconds of the recording he called Schöffler and asked him to come to the newspaper immediately. 14 minutes later they were sitting together in front of the screen in the editorial office. Schöffler, two other police officers, Jürgen Gastel and two of his closest employees whom he could absolutely trust. Okay, let's see what you have. Schöffler was excited. He hadn't heard anything on the phone, only that it was urgent and of the greatest importance to his case. The recording initially showed Stefanie Haberland, in front of a screen, playing a computer game. There was no sound, just the picture. Then the camera panned and Mario Wandert came into the picture, sitting next to Sabine Marx on the floor, bent over a picture book. Then he looked up and smiled at the camera, waved, nudged Sabine and pointed to the camera. Sabine also waved, then the scene broke off. There was a short interruption with white flickering, then all three children could be seen eating together. Their faces were smeared red from the tomato sauce. After another brief interruption, the third scene followed, the children asleep in three beds side by side. The camera panned her from left to right, then two more empty beds came into the picture. There was still no sound from the loudspeaker, just a faint rustling. At the end of the recording, a sheet of white paper came into the picture with printed letters: You are fine. Stop looking. I need two more. When they were sure that nothing was coming but blowing snow, Gastel switched off and rewound the tape. It's the missing, isn't it? he asked Schöffler. Yes, without a doubt. It was the three. And they were still alive, at least at the time of recording. They discussed for a long time how to proceed. The editors were determined to bring the sensation in tomorrow's edition, which was under-standable and certainly also intended by the kidnapper, otherwise he would not have sent the tape to the news-paper. The only question was what information could be disclosed. Schöffler insisted on taking the cassette along with the packaging. He promised the newspaper people that they would get a copy of the tape immediately, he was grateful that they had informed him immediately, of course that had not been the case after all. His only concern now was to evaluate the evidence without warning the perpetrator if something was found that could be used. He would use all available specialists, he was pretty sure that they could at least determine some things and what would help him further. They might even be able to reconstruct noises if the soundtrack was deleted afterwards. Time and again, Schöffler's thoughts revolved around the last four words. I need two more. Stefan Wernsdorff had been sitting in front of his screen since morning brooding. He had an idea, but it struck him as so implausible that he could not ask his readers to accept it without further ado. He could hardly understand it himself. But something in him urged him to take that very path. He looked at his watch. It was almost twelve o'clock. He'd already managed a whole bottle of vermouth and a pack of cigarettes that morning. Just haven't added a single line to his text. He turned the machine off and dressed to replenish his supplies of alcohol and cigarettes. The only way to calm the stomach was with increasing amounts of schnapps. Probably Dr. Berg is not wrong with the rehab. But the novel, he had to write it now, absolutely. And dr. Berg hadn't prescribed a stronger pain medication for him; he had said he didn't want to put his patient into the grave. Stefan Wernsdorff was now 43 years old, but when he looked in the mirror, he honestly had to admit that he was looking more into the face of a nearly 60-year-old. The alcohol had also left its mark on the outside. He hardly ate any more, cigarettes, coffee and vermouth were his daily bread. He was rarely so drunk that he lost control of what he was doing, only occasionally there had been blackouts, occasionally he had woken up in his apartment and had not known how the previous day had ended. Most of the time, however, he was in control of his senses as long as a certain alcohol level was maintained. He went to the nearest supermarket, two blocks away. At the checkout, the saleswoman asked him if he had heard that there was a sign of life from the children. I beg your pardon? A sign of life? The newspaper is said to have got a film where the children are in it. At least that's what Ms. Meierkamp says, and she knows about Ms. Haberland's neighbor. The police were there and picked up Ms. Haberland to watch the film. He put his various bottles and two cartons of cigarettes in the cotton bags and dragged the heavy load home. There he sat down in front of his computer and opened the first of the new bottles. Then he started typing as if in a fever. Dr. Berg only had office hours until 4 p.m. today, after which he drove to his villa on the edge of the forest outside the city to devote himself to his studies and research. He was well on the way to a major scientific breakthrough. For several years he has been working on a procedure that should give new hope to tumor patients. When he got home, he first took a shower and then put on sterile clothing, unlocked the metal door that denied unauthorized access to the basement with his laboratory, and went down the stairs. Benjamin called Anja and Carsten to tell them that there was a sign of life from his sister. He had not seen the recording himself, but his mother had told him in detail what she had been watching on the screen in the police station. Steffi played a PC game? Never, I don't think so! Definitely not Steffi. She's never done that before! Frau Haberland repeated: "Stefanie was sitting in front of a screen and was playing a computer game. I saw it myself! Just like you have it with the car. Benjamin shook his head. Stefanie had never been persuaded to do it, once to try one of the games with him, his sister was the only kid he knew who had a total dislike for PC games. And she of all people should have been involved in something like that on the tape? He told everything on the phone first to Anja and then to Carsten. Anja was particularly pleased. Man, Benni, then we finally have a hot lead! Class! We'll get the guys, trust it. Carsten was of his opinion when it came to the game: No, all kinds of children and adults, but not your sister. She screamed like crazy when she was supposed to play with your birthday and then raced into oncoming traffic, remember? Benjamin remembered all too well. They had started a competition to see who could get through the first level the fastest, and Stefanie had probably mistaken the screen for real life. She was appalled by the accident she had caused and refused to try again. If that was what she was doing on the videotape, that meant she wanted to share something. Schöffler was very satisfied with his experts. It was just 5 p.m. and in front of him was a preliminary list of what they had learned from the short recordings. And the recordings were made with artificial light, presumably halogen spotlights from a central point on the ceiling. The room most likely doesn't have a window. Otherwise the recordings were made at night or an existing window is completely darkened. Daylight cannot be determined. The carpeting is of an expensive quality, probably relatively new 1-2 years old. The screen is from DELL, 20 inches TFT. The operating system is Microsoft XP Home, the computer game is called Need for Speed 2. The beds are from Ikea, there are five identical copies. The bed linen is also from Ikea. The dishes are normally only sold through wholesalers for commercial customers. These can be restaurants, but also companies or authorities. In Rothberg it's not in retail. The furniture in the dining area has not yet been finally analyzed, but there is no doubt that it does not come from Ikea. Since the light source is identical in all of the photos, it would have to be a single larger room in which they were created, i.e. the dining area, play area and beds are in a single room. The children do not wear the same clothes they were last seen in. Stefanie Haberland wears a red jogging suit with a Jurassic Park motif, Mario Wandert wears a white T-shirt unknown to his parents and Sabine Marx wears new jeans. The picture book is a Petzi story, which volume is still being clarified. The writing on the white sheets is the Times New Roman, printed with a laser or very good inkjet printer. A sound track cannot be reconstructed, apparently the film was filmed without a microphone connected. Well, he could do something with that. And he could forget about the blackmailers, whose threats and demands were irrelevant. This perpetrator has not asked for anything, at least so far. He only announced that the children were fine and that he wanted to kidnap two more. What for? That could not be clarified for a while. Schöffler was looking for the needle in the haystack, that was clear to him. How many darkened or windowless rooms with expensive carpeting could there be in this city or the surrounding area? How many Rothberger Ikea customers might have bought beds in Magdeburg or elsewhere? Was the hiding place you were looking for in Rothberg at all? Would the staff at the department store or toy store remember customers who had recently bought Need for Speed there? The headline of the newspaper caused an enormous increase in circulation of the weekend edition. Our children are alive! she yelled in red over three screenshots from the video. The report described, as Schöffler was relieved, only the fact that the three abductees were obviously fine, which scenes were on the tape, and how the parents had reacted. No details of the facility, nor any indication of the threat of further kidnappings. This gave the police time without making the perpetrator nervous. The ABC met as agreed at Anja Krüger. Benjamin and Carsten had been accompanied by their fathers, Ms. Krüger made them promise not to part under any circumstances and to be back by 5 p.m. at the latest. You had three hours to yourself. It was a sunny day again, and they unpacked their cokes and sweets, well hidden by the wooden fence, after settling in their favorite spot at the back of the ruin. Benjamin repeated in great detail what his parents had told him about the videotape. He was happy that his sister was apparently still alive. Anja sounded confident. She had an idea where to start. We'd need to find out if anyone recently bought a red jogging suit that would fit your sister. Don't you think the police figured it out too? asked Carsten. Yes, sure, but where else should we start? We could try it. Let's go to the kids clothes store. They started, scared to death, when they heard a man's voice behind them: There was Inspector Schöffler three hours ago. An unshaven, sunken face looked at her from the frameless window of the ruin. Stefan Wernsdorff leaned out further. I'm sorry, I didn't mean to scare you. Who are you? What are you doing here? asked Carsten, who was the first to get over his shock. The same as you. I am looking for a solution. The stranger was scary to them. His tousled hair and glassy gaze made him look a little crazy. He now stepped around the corner of the collapsed wall and they saw that the rest of his appearance did not look well-groomed either. A dingy striped shirt hung halfway out of the baggy black trousers, and in his hand he was carrying a bottle with a brown liquid that was certainly not tea. As a matter of course he sat down with the children and lit a cigarette. Do you want to smoke one too? asked he. No How do you get in here? Benjamin scowled at him. There are two loose boards a few meters from your entrance. You just need to know where. Have you been here before? Anja asked aggressively. The man worried her. Who knows what secrets he might have been spying on. Naturally. I know you three very well. You are Anja, this is Carsten and the young man who stares at me so rudely is Stefanie's brother Benjamin. Correct? And who are you? Benjamin kept staring, rude or not, he didn't care. The guy had broken into their secret hiding place and hid from them to eavesdrop. That was rude too, after all. Stefan Wernsdorff. Have you overheard us? Yes sure. Often. It never occurred to you to see if someone was there. Really careless in times like these. That wasn't entirely true. When they first met, they had explored the ruins very carefully, and had also descended into the eerie cellar vaults. They had found no sign of anyone else coming. Sometimes they had played indoors when the weather was bad, they had always been alone. At least they thought until today. Anja's angry eyes flashed. And what do you want here? Come with me, I want to show you something. It's not far, just a few blocks down the street. The three friends looked at each other. The three of them would easily handle the old man, they were young and strong. Anja was just as strong as the boys and didn't act girlish at all. She showed courage often enough and was usually the leader with the craziest ideas, could climb and wasn't squeamish when she bumped herself or scraped her knees. Even now she seemed to love risk. Does it have something to do with the three missing? she asked the strange guest in the group. He nodded. Yeah I think I know where to look Anja jumped up. Then come on, we don't have that much time. Our parents go crazy when we don't get back on time. They collected their drinks and sweets again and followed Stefan Wernsdorff through his much more convenient gap in the fence. You just had to slide one board to the left and one to the right. The lower nails were missing, presumably he had pulled them out himself. He went ahead and then unlocked the front door of an apartment building. They followed him up the musty-smelling staircase to the second floor and then into his apartment, from which a still stale smell hit them. Stefanie looked up. She was afraid of the man. He was always nice, gave them toys and told stories. He could cook, provided a varied meal, and allowed the television to be left on for as long as they liked. But she wasn't happy here. She was homesick for her parents and her brother, just as her two roommates kept asking about their parents. In the evenings they cried in their beds because they weren't home. The man had told them that their parents were on a trip and that they would have to stay with him that long. They weren't allowed to go outside, he hadn't said why. Stefanie wanted the computer game to feel closer to her brother, so she could at least imagine that he was sitting next to her. The door was always locked. They had a small bathroom with a toilet and the large room with their beds, the play area and the dining table. The man brought the food with him, he couldn't have carried it far, it was still hot. He prepared breakfast for them in the evening, at noon he came briefly and brought a snack, in the evening he had more time and there were also hot meals. Today had to be Saturday because he had come at noon with the steaming meal and a package. He smiled at the three children. I also brought something new with me. Countless Lego bricks came out of the big box. All colors, all shapes. In addition, a book with instructions on how the stones could be turned into animals, houses and vehicles. You can play with it after dinner. But only now comes to the table. It tasted good as always. There was also juice, Stefanie thought that it tasted a bit bitter today. But the well-seasoned lasagna made you thirsty, and she drained her mug. After a few minutes she became very tired. Her eyes kept closing, and finally she fell asleep at the table. The man picked her up and went with her to the door. Now play as long as you want. I'll bring Steffi back later. I just want to see why she is so tired. Then he locked them in and carried Stefanie down a bare hallway into a brightly lit, tiled room with a treatment table in the middle. He carefully placed her on it, took off her jogging suit and disinfected his hands before reaching for his instruments. Anja, Benjamin and Carsten had completely forgotten the time. They sat in front of Stefan Wernsdorff's computer and read the story of the Rothberg children. What he had written in the previous section was so absurd that they thought it was possible again. I don't have any evidence, kids, but I've been gathering clues. I watched him because I wanted to have him appear in my next book, and I've been tracking him for four months. It all fits in with the kidnappings, improbable as it sounds. But why should he have kidnapped the children? What for? Does he want money? Carsten scanned the last paragraph on the screen again. You haven't written anything about that yet, have you? No, I don't know that myself yet. I just figured it all together, it doesn't have to be right. It is a draft novel, not a factual report. He's probably just crazy. Do you have a car? asked Anja. She wanted to leave immediately to see if the story was true. No, just a bike. We have to call the police. If what you wrote is correct, my sister can be home tonight. Benjamin looked at his friends. My dear Benjamin, said Wernsdorff, you don't believe that the police will search the house of a respected citizen on the basis of such an adventurous fantasy? Without evidence just because a constantly drunk writer figured something to-gether in his twisted brain? Anja agreed with the man. You would ask him politely, then he is warned and who knows what harms the little ones, just makes them disappear. We need proof first. But why did you let us read this when you don't want to do anything? asked Carsten. I do not know exactly. I think I just wanted to see if anyone but me could understand this crazy idea. Not an adult, but a sane mind at your age. But I have a suggestion. They looked at him expectantly. I'll go home with the three of you now if you want to be seen with me. It's 7:00 p.m. and your parents will beat you to death if you don't have a reasonable explanation for why you didn't show up on time. The three were frightened. The man was right. Maybe half the city was looking for them. They had to leave immediately. I tell your parents that I stopped you, because I bought you an ice cream or something. But you're bound to get in trouble. Crap. I'm sure my mother is going nuts. said Benjamin. One moment please. Shut up about what you've read here. I'm going to his house tonight and I'm trying to find something specific. If you don't get house arrest, I'll tell you tomorrow afternoon in the ruins if I was successful. I Agree? They nodded. By now they trusted the strange writer. He was a drunkard and their clothes stank of his cigarettes, but they sensed that they had found a loyal friend and ally who took them seriously. They left the apartment and went out into the street to make their way to Anja's house. All hell was going on there. The television was there, two police vehicles blocked the entrance to the street. A policeman came up to them. Anja Kruger? "Yes." she whispered fearfully. Benjamin Haberland and Carsten Winter? The two nodded. The policeman pressed a button on his radio and reported that the three children had arrived on Rosenstrasse. He never let his eyes off Stefan Wernsdorff for a moment. Two more officers stood nearby, ready to jump. And who are you? Stefan Wernsdorff. I invited the three of them to an ice cream and unfortunately they forgot the time. Do you know the man? Yes, it's true, we ate ice cream and talked. He, he's an old friend of ours. Writer. You three are going into the house now, you stay here. Stefan Wernsdorff was taken to the guard and his apartment was thoroughly searched. The police packed up his printer and PC, and a box with CD-ROMs. They found no clues that would have pointed to the missing children, but the computer was of great interest to them. One would search for a certain text on the hard drive and the CDs. I need two more. Carsten and Benjamin were brought home in a patrol car. It was exciting to drive through the city in the police vehicle, but they couldn't really enjoy it because they were probably facing a thunderstorm. It was only a small one, however. Benjamin's parents were happy to see their son safe and sound again. Mr. Haberland looked at his son and said seriously: You are a big boy, at least you could have called. Yeah, I'm really sorry. Benjamin meant it honestly. Schöffler sat with two technicians in front of Wernsdorff's PC and read the document kinder.doc. He was tied up, the story was fantastic, he hadn't thought the drunk man could do something like that. He's really crazy. he muttered when he got to the previous chapter. Exciting, well told, but what he writes is totally wrong. They found no evidence as to whether the short messages at the end of the video had been written with this device. The font in question was installed, but that was the case on just about every PC that had a word processor on its hard drive. They had reconstructed deleted files, but the text they were looking for from the video was not there. It was clear to them from the start that the perpetrator had probably only printed the text and not saved it. He wasn't stupid, otherwise they would have caught him long ago. The inkjet printer produced a clean typeface, but it could not be proven that Wernsdorff had anything to do with the kidnapping. Schöffler had Wernsdorff fetched and questioned him again urgently. He asked him about the unfinished text, the details. I am a writer, Commissioner. Not success-ful, at least so far, but I still believe I have imagination. That's all. The last chapter, how did you come up with something like that? Don't you like the man? Imagination. Then nothing. He was allowed to go home at 10:00 p.m., the device remained with the police for the time being. He was asked not to leave the city and it was indicated that he was under surveillance. Stefan Wernsdorff left his apartment at 11 p.m. and went to the pub on the corner. He nodded to the landlord and immediately disappeared through the back door next to the toilets. The two officers who were supposed to be watching him waited outside the pub. Beads of sweat gathered on his forehead. He had no assistant, no nurse to dab it off. He was also not trained for this special procedure, had gathered his knowledge from specialist books and actually had the confidence to deal with it on his own. His patient was connected to the monitoring devices, and the displays were reassuringly normal. But he couldn't control the bleeding. Something had gone wrong and he couldn't ask anyone for help. He cursed to himself and tried to find the injured blood vessel. Benjamin couldn't sleep. The thought circled in his mind that he knew where his sister was and still wasn't helping her. He stared at the ceiling, which looked gray in the pale moonlight. Steffi, where are you? He whispered. Is the mad writer right? Shouldn't he have told his parents what idea the man had had? It was a chance, only a tiny one, but why not give it a try? He got up and crept to his parents' bedroom, past Stefanie's room. The door was open and he saw the empty, clean bed, the toys, Steffi's teddy bear on the bedspread. He wanted his sister back. His parents slept. No, he wasn't going to wake her, he was old enough to do something himself. Benjamin went back to his room and dressed quickly. It was 11:25 p.m. He tore a sheet of paper out of an exercise book, wrote down in brief words where he was going and laid it on his bed. He hoped he would be back before anyone read it, but if anything should happen to him, help would come. Then he quietly closed the front door behind him and got on his bike. At 11:37 p.m., one of the two observers went to the pub to see what Wernsdorff was doing there. He didn't see him. The tired innkeeper, who had just handed out the last round of beer to his few guests, explained to the officer that Stefan Wernsdorff must have disappeared immediately through the back exit. He went to the bathroom, but he didn't show up again. Schöffler was raging on the phone when the observers reported. He couldn't stand so much stupidity with the best will in the world. His two people had let themselves be left behind by a drunk with the cheapest trick in the world. He ordered them in front of Stefan Wernsdorff's apartment, they should report as soon as he showed up there. The superintendent wiped his forehead with his ironed handkerchief. He was dead tired, on duty since early morning, and the last few nights hadn't brought much sleep either. Logs and files were piled on the desk that he had to sort through. He poured himself another cup of coffee and reached for the nearest folder. The light was on in Anja's room, otherwise the house of the Kruger family was dark. Benjamin tapped the window with his fingertips. Anja pushed the curtain aside and looked out in astonishment. She quietly opened the window sash. What's happening? she whispered. I'm going there now, I can't sleep. Maybe Steffi is there after all. I can't sleep either. Come in briefly, then I'll go with you. He swung himself up and climbed into Anja's room. Psst, quietly! she whispered. He turned ashamed to the wall and studied the US5 poster when Anja took off her pajamas and grabbed her clothes. She giggled softly and said: You don't need to blush, Benni. When she was ready in jeans and a sweater, they climbed out the window and closed the wing from the outside as best they could. There was no one to be seen on the street, and they started cycling. Carsten couldn't pick them up, he lived on the fourth floor of an apartment building, no chance of getting to him. Stefan Wernsdorff crept around the villa. He pulled and pushed gently on the windows and doors, they were all closed. Light shone through the blinds at the front of the house, but there was no sound. Did he dare to pry open the rear patio door? That would make a noise that could be heard from far away in the stillness of the night. He was also pretty sure that the villa was secured with an alarm system that could possibly be armed. The car was in the garage so the man was home. Was he asleep? Was he doing anything? Two garbage cans stood by the garage door. He opened the first one. Frozen food packaging, kitchen waste, nothing unusual. The second garbage can was almost empty. He looked into the dark depth and reached into it. Crumpled sheets of paper with children's drawings, scribbled males, animals. That was what he was looking for. No children lived in this villa. He took a deep breath and smoothed the leaves down. In the weak light he tried to see more clearly what the pictures were showing. One of them showed two large figures and a smaller one, apparently sitting in a vehicle. Outside the vehicle, a fourth, even smaller figure. But could the man really be stupid enough to throw this in his own garbage can? He heard a noise from the street and ducked behind a lilac bush in the front yard. He couldn't believe his eyes, but it was actually Anja and Benjamin who carefully leaned their bicycles against the fence and climbed over the low garden gate. He made a soft shhh. Anja screamed and then put her hand over her mouth. Benjamin winced and wanted to go back over the gate. Stefan Wernsdorff got up and they recognized him. You scared me to death, my heart almost stopped, Anja complained in a whisper. He put his finger to his mouth and motioned for the two of them to follow him. At the garbage cans he silently showed them the drawings. Benjamin's eyes became huge, he was breathing heavily. He pointed to the sheet of paper with the car and whispered: Steffi painted that, she always paints people with seven fingers. At that moment, a spotlight went on above the garage and they were blinded in the bright beam of light. Dr. Berg stood in the partial shade in a bloodstained green smock; he had come around the house without their noticing anything. He held a revolver in his right hand. What are you doing here? They didn't answer. The doctor saw the drawings and pointed silently with his gun at the front door. They went ahead, hesitantly, but there was no other choice. Schöffler tidied up his desk. He would continue in the morning, it was now one o'clock. Stefan Wernsdorff had not reappeared, he was probably sitting somewhere and getting drunk. He switched off the light and closed the door, nodded wearily to the person on duty at the entrance and went to his car. Halfway to his apartment, he decided to make the detour to the villa, exhausted as he was. He wasn't sure what to do there, but he couldn't get the story out of his head. Of course it was utter nonsense, and he didn't assume that Stefan Wernsdorff was crazy enough to be with Dr. To go up the mountain and do something. But it would calm him down when he knew that everything was quiet there. Where is my sister? asked Benjamin. The doctor sounded exhausted and almost sad: Benjamin, you don't understand that. And I don't have time for big explanations either. I want to help children who are dying of cancer and I now know how. He led the three of them into the basement and pointed to an empty room, with no windows, no furniture, a bare lightbulb on the ceiling. In with you, I don't have time, I'm in the middle of work. The door was locked behind them. My God, you were right! Said Anja. Stefan Wernsdorff nodded. Unfortunately. But what do we do now? The door was sturdy and there was no point in breaking it open, even if they had been able to. Dr. Berg was outside somewhere and he had a gun. Will he kill us? Benjamin was trembling. He knew Stefanie and the other two children were here, but he had let himself be caught instead of freeing them. He was just as helpless as her handsome hero whose knees were trembling. He's crazy. He's capable of anything. We have to see that we can help ourselves. Wernsdorff looked at the children. Don't you have anything, a pocket knife, whatever is good as a weapon? They had nothing, Benjamin only carried his key ring with him, Anja's pockets were empty, and two bicycles leaned against the fence. In terms of size, it wasn't adults who had come with it. Schöffler parked a little way away and walked slowly along the doctor's property. The bikes weren't locked. The thoughts raced in Schöffler's head. Three children had been with Stefan Wernsdorff that afternoon, and it only occurred to him now that they might have got to know his absurd story. The children could have believed her. There was no sound to be heard from the house. Lights were on over the garage. He stepped over the low gate and walked around the villa. Nothing, just silence. What if Wernsdorff was right? Then there was no time to waste. Then there were five children trapped in there now. Schöffler returned to his car and dialed the station number. You must contact the Haberlands, Wernsdorffs and Winters immediately. I need to know if their kids are home. Now? Middle of the night? I don't care what time it is. I'll wait here in the car and I'll ask for a message right away. As a precaution, wake up the colleagues who are on call. I may need them. The two young police officers on night duty obeyed the order, shaking their heads. You couldn't wake people up in the middle of the night to ask about their offspring. Probably every mother and father in town was so concerned at the time that a disappearance would have been noticed long ago. Well, it was an official directive, so they would have to face their parents' wrath. He had finally stopped the bleeding. But his little patient was not doing well. She had already lost too much blood and he was running out of canned food. He probably wouldn't be able to help her, the fault was the interruption by the uninvited intruders. At least he had the tissue samples he needed in his refrigerator compartment. He was a doctor through and through, and he would not give up a patient while there was still hope, even if it seemed hopeless. Come on, girl, you can do it, he muttered as he connected his last bag of the correct blood type to the IV. Good Morning. Sorry we had to wake you up, but is your son home? Herr Haberland blinked sleepily. What did the caller want? Benjamin? Of course, he's in his room sleeping. What shoud that? Would you check it out, please? Please, it is urgent. One moment. He shuffled down the hall. Benjamin's bed was empty, there was a note on it. Now he was wide awake. Schöffler asked for a report on what was on the slip of paper. I drive to Dr. Berg, I think Stefanie is there. When Anja is awake, I'll pick her up. Benjamin. He didn't hesitate for a moment. You immediately call reinforcements over the radio and come here immediately. No sirloin. The hospital should send an ambulance, but also quietly, please. I am waiting in front of the house. He couldn't give up his research so close to breakthrough. Actually, he should have brought Stefanie to the hospital immediately, here he had no way of saving her. But if he delivered them there, his work would be ruined and he could no longer help the many thousands of children for whom he had done all this. Should he leave it unnoticed near the hospital and ano-nymously report where it was? No, she knew him, the result would have been the same as if he had taken her to the emergency room himself. He was only allowed to be revealed as a kidnapper once the research was complete. Dr. Berg stood indecisively in front of the small body, the instruments at the head of the couch spoke clearly enough about Stefanie's condition. Sacrificing a child to help many, what was wrong with that? The first patrol car appeared and Schöffler led the way to the front door. The two policemen drew their service weapons, but Mr. Schöffler shook his head vigorously. Nobody's going to shoot here now, is that clear? We're not in the wild west. He remembered Marina Rösch and her death outside his precinct only too well. He pressed the doorbell, a gong echoed melodically through the silence. After ten seconds he rang a second time, waited a moment, and then ordered: Leave. It's too massive. Not without tools. Then get some tools, damn it! Another police vehicle turned into the street and four police officers came running. An ax. "Schöffler called out to them. One of the officers hurried back and came down the garden path with the requested tools when the blue light of the ambulance flickered on at the end of the street. Benjamin, Anja and Stefan Wernsdorff heard the crash. Above the door was broken open and hasty steps became loud. They began to shout. Dr. Berg reached for his weapon. It was over, someone broke into the house, they would come. What had he done wrong? He just wanted to help the sick children of this one Make the world healthy. It was that damned writer to blame. Mario and Sabine woke up and began to cry. A hard knock blew the door of their prison and they looked with wide eyes at the police officers who rushed in with their guns drawn. Their crying grew louder and the men stood helplessly in front of the beds. Dr. Berg had his weapon at the ready when Schöffler stepped through the door. At a glance he grasped the situation and ruled the doctor t on: what about her? She lost a lot of blood. The ambulance over here! shouted Schöffler. He paid no attention to the gun in the doctor's hand but pushed him aside to stand in front of the child. Two paramedics and the ambulance rushed in. Damn it, Mr. Berg, talk! What did you do with the child? What else does the emergency doctor have to do now? It cannot be transported. High blood loss, in the abdominal cavity. And the blood type? asked the ambulance. Berg replied: B positive. Schöffler stared at him. Was the man telling the truth? After all, he was a doctor, they probably had no other option than to believe him if they wanted to save Stefanie Haberland. A helicopter landed in front of the villa, which in the meantime was surrounded by spectators who could only be pushed back with difficulty, despite the hour at night. Another ambulance arrived, Sabine and Mario were driven to the Rothberg hospital to examine them for possible injuries. The pilot kept his turbines running while two paramedics ran into the house with the stretcher. He would fly to the Heubnerweg children's clinic in Berlin, where the specialists were already preparing for the emergency operation on little Stefanie Haberland. Usually there were no night flights to Berlin, but what was normal here? He ruled his military helicopter with the red cross on the sides well enough for any night flight in the world, and he would deliver the little patient safely if she did not die in the flight. If she got into his helicopter alive at all. Schöffler was sitting in the living room of the villa with Anja, Benjamin and Stefan Wernsdorff. What do you think the police are for? The writer had supplied himself with wine from the bar and drank in large gulps. He put the bottle down and answered: What do you mean, what the police would have told us? You wouldn't have believed a word we said, would you? confirmed Anja. He didn't like to admit it, but the man was telling the truth. Well, that's true. Dr. After all, Berg is a respected medic, an honorable citizen, but I would definitely have seen him in the next few days, although I couldn't follow her story. And Steffi would be dead, said Benjamin. He was not ashamed of his tears, even though he was a big boy. That night had been a bit long, even for a big boy. His parents were on their way here, the mother would fly with them to Berlin, the father would take him and Anja with him. In the basement, the two doctors were still fighting for Stefanie's life, the emergency doctor, supported by Dr. Mountain. He had dropped the gun when he saw the chance to save the child after all. He knew what to do. Two policemen stood by and didn't take their eyes off him, but he hardly noticed. Stefanie was now stabilized enough that she could be flown out. And he would do everything in his power to help. He pressed the oxygen mask to his pale face and watched every breath with great relief. Where did you actually get to know the children? Stefan Wernsdorff smiled at the inspector. That remains our secret, Mr. Schöffler. Right, AB? Anja nodded. C will be silent too, that's for sure. The police don't have to know everything. Schöffler was smiling too now. Relief had triumphed, he could finally relax, although the little girl was not yet saved. He secretly admired the courage of the children and the writer with red-rimmed eyes, although he could by no means approve of their unauthorized behavior. After all, they were right, Stefanie would certainly have been dead the next day. Well, let it be a secret then. But for God's sake don't do that kind of nonsense again. If I hadn't driven by here and noticed the bikes, no help would have come. If the dog hadn't shit, it would have gotten the rabbit. returned Wernsdorff. Pardon, you probably don't say such an expression when a young lady is present. Anja laughed. But I know even better expressions than you do! I bowed deeply to Wernsdorff. Oh, she used me for the first time. Thank you, Anja, I'm Stefan. He had made friends, children, but maybe they were better friends than adults anyway. They didn't pretend, they were natural and open. Real friends. Stefanie Haberland survived and returned to her family after two weeks. Mario and Sabine were uninjured, apart from a few harmless punctures, which were obviously from blood samples. Dr. Berg spent the next few years in an institution while experts studied his records and research results. He had written down everything in detail, which series of experiments he had planned with the five healthy children, why they had to be so young, and what knowledge he expected to gain from analyzing the tissue samples. Transplants of healthy tissue into cancerous bodies, of all cancerous organs in healthy children, to challenge the body's defenses, it was unbelievable. Five small children as guinea pigs for a crazy theory. He was clearly not sane and completely wrong with his research. That was not the way to beat cancer. Stefan Wernsdorff completed his manuscript and sold it to a large magazine. After preprinting in several episodes, it appeared as a book and became a bestseller. The ABC was given due recognition in the story, and Anja, Benjamin and Carsten were stars for a while at school. Gradually, normality returned. Wernsdorff did not want the reward, as the money ended up in the account of the German Cancer Aid. The hotel ruins remained unchanged, no one noticed the loose boards in the fence. Stefan Wernsdorff started a rehab in autumn, he had decided to at least try to show the alcohol a long nose. He was already working on a new manuscript and let the three young friends participate in the creation when they visited him at the clinic. He wrote about the cellar in the abandoned boarding house on the Waldsee, and goose bumps trickled down her back when he described the horror that lurked there. Something had found shelter there, and Rothberg fell into his hand.